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Eifel-Ralley

Eifel-Ralley

Titel: Eifel-Ralley Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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dann müssen wir erreichen, daß er obduziert wird. Heute nacht noch. Ich werde dir helfen. Du wirst staunen und schnell verstehen.« Er sah Emma an. »Beginnst du? Beginne ich?«
    »Ich beginne«, entschied sie. Sie zündete sich einen ihrer ekelhaft stinkenden Zigarillos aus holländischer Produktion an, legte den Kopf in den Nacken. »Als du hier angerufen hast, daß dein Freund möglicherweise ermordet worden ist, aber keinerlei Verletzungen aufweist, haben wir uns angesehen und wie aus einem Mund gesagt: Stefan Bandera! Rodenstock hat den Fall während seines Studiums lernen müssen, ich habe den Fall als klassischen politischen Mord auf der FBI-Akademie in Quantico serviert bekommen. Tatsächlich war es ein perfekter Mord. Das heißt: Eigentlich geht es um zwei perfekte Morde. Der Täter wäre niemals gefaßt worden, wenn er sich nicht selbst gestellt hätte. Kriminalistisch sind die Fälle wahre Wunder. Daß sie aufgeklärt wurden, verdanken wir einem Mann aus München namens Hermann Schmitt. Der leitete die Mordkommission. Das war im Jahre des Herrn 1959, Handlungsort also München, Thema: Der geplante, absolut perfekte Mord ...«
    »Ich dachte zwei Morde«, unterbrach ich respektlos.
    »Zwei Morde«, nickte sie, ohne mich anzuschauen. »Du wirst staunen, Baumeister, du wirst wirklich staunen. Fangen wir mal mit dem Mörder an. Er hieß Bogdan Staschinsky, und er mordete im Auftrag des russischen Geheimdienstes KGB. Er war ein trainierter Killer, eiskalt. Er war jemand, der niemals einen Auftrag versaubeutelt hatte. Die perfekte Maschine, obwohl die Russen das heute noch nicht gern zugeben. Sie schickten diesen Staschinsky im Oktober des Jahres 1959 nach München mit dem Auftrag, einen bestimmten Mann schnell und unauffällig zu töten und umgehend nach Moskau zurückzukehren. Staschinsky erledigte das sozusagen mit links und kehrte nach Moskau zurück.
    Jetzt kommen wir zu dem Mann, der diesen Mord bewiesen hat, ohne jemals beweisen zu können, wer es getan hatte. Und das macht den Fall pikant und für Fachleute zu einem Muß. Der Münchener Hermann Schmitt bekommt im Oktober 1959 eine Akte auf den Tisch. Genau am 15. Oktober. Auf der Akte stand der Name Popel. Dieser Name sagte dem Mörderjäger Schmitt nichts. Popel war gegen 14 Uhr an diesem Tag tot in ein Münchener Krankenhaus eingeliefert worden. Der Arzt hatte ›einen häuslichen Unfall mit Todesfolge‹ vorgefunden und die Todesursache mit Schädelbruch angegeben. Eigentlich also kein Fall für Mordspezialisten.
    Der Mann sei, so hieß es in dem Bericht, im Treppenhaus des Hauses, in dem er wohnte, zusammengebrochen und schwer gestürzt. Man habe ihn schleunigst in ein Krankenhaus gebracht, aber nicht mehr helfen können. Der Grund, warum diese Akte auf den Tisch der Mordkommission kam, war simpel: Der untersuchende Arzt hatte im Anzug des Mannes eine Pistole gefunden und deshalb vorsichtshalber die Mordkommission verständigt. Es gab im Münchener Polizeipräsidium schon eine Akte namens Popel. Aber der Mann hieß gar nicht Popel, der Mann hieß Stefan Bandera und hatte den Namen Popel von der bayerischen Staatsregierung erhalten. Popel/Bandera war der Führer der Exilkroaten in München, ein Kommunistenhasser ersten Ranges, das Ziel aller Nachrichtendienstler in der bayerischen Hauptstadt, eine wandelnde Informationsquelle für alle möglichen Agenten, ein Kenner des Ostblocks mit unglaublich guten Verbindungen jenseits des Eisernen Vorhanges.« Emma sah Rodenstock an: »Habe ich etwas vergessen?«
    »Natürlich nicht«, sagte er. In seinem Gesicht stand der Stolz auf diese Gefährtin, die überdies eine blendende Kriminalistin war.
    »Als Schmitt begriff, wer Popel wirklich war, wußte er: Das wird Zoff geben! Und es gab zwei Jahre lang Zoff. Du mußt wissen, daß dieser Schmitt zu dieser Sorte Beamte gehört, die niemals aufgeben. Er erreichte, daß einen Tag später die Obduktion des Toten angesetzt wurde. Diese Obduktion sollte zu einem Meilenstein in der Geschichte der Kriminalistik werden. Aber noch ahnte das niemand. Schmitt ging den Fall zuerst einmal wie einen Verdachtsfall auf Mord an. Es stellte sich heraus, daß der Kroatenführer auf dem Münchener Viktualienmarkt gewesen war und einen Korb mit Tomaten gekauft hatte. Das Merkwürdige war: Er kam nach Hause, schloß die Haustür auf, stellte den Korb mit den Tomaten auf dem Treppenabsatz zum ersten Stock sorgfältig ab, keine Tomate fiel heraus. Dann brach er zusammen und stürzte die

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