Eifel-Ralley
an. »Wo er recht hat, hat er recht.«
»Wir haben uns gedacht, wir nehmen Emmas Wagen mit dem holländischen Kennzeichen mit«, sagte Rodenstock ungerührt. »Dann können wir uns etwas weniger auffällig bewegen. Hast du gute Kontakte zu dieser Welt auf der Rennstrecke?«
»Nicht die Spur. Ich streite ständig mit mir selbst, wie wichtig die Autos, diese Konservendosen, eigentlich sind. Ich weiß nur, daß die Eifel voll ist von Verrückten, die statt ›ich liebe dich‹ ständig zweihundert PS, zweihundert PS‹ beten. Ich habe null Kontakte. Und wieso jemand jährlich 88 Millionen Mark dafür bekommt, ein paarmal pro Jahr wie eine gesengte Sau um irgendeinen Rundkurs zu fahren, wird mir ewig ein Rätsel bleiben.«
»Das ist die Freiheit«, sagte Rodenstock fein.
»Das ist Werbung für Hansaplast«, sagte ich wütend.
»Das Auto ist reine Emotion«, bemerkte Emma. »Soweit ich über Psychologie informiert bin, ist das Auto unter bestimmten Umständen eine Waffe, unter bestimmten anderen Umständen eine Verlängerung des Penis, und im Zweifelsfall immer beides.«
»Dann müßte unser Mörder einen Zwölf-Zylinder-Jaguar fahren und keinen Pimmel in der Hose haben«, sagte Rodenstock. Er setzte hinzu: »Wenn es denn ein Mord war.«
»Wenn es kein Mord war, bin ich der Blamierte.« Ich stopfte mir die Dunnhill, die ich seit zwanzig Jahren mit mir herumschleppte.
»So würde ich das nicht sehen«, entgegnete Rodenstock. »Ihr jungen Spunde müßt lernen, euch durchzusetzen.«
»Ja, Opa«, murmelte ich.
Mein Handy meldete sich. Es war Dinah. »Kannst du zwei Minuten mit mir sprechen?«
»Geht es dir schlecht?«
»Das ist vorsichtig formuliert. Petra schläft, die Verwandtschaft ist gegangen. Ich kann nicht schlafen, und dieses Haus ist so furchtbar still. Was treibst du gerade?«
»Ich hocke bei Rodenstock und Emma, und gleich fahren wir nach Brück. Sie sind der Meinung, daß Harro möglicherweise mit Zyankali umgebracht wurde.«
»Das ist aber sehr exotisch, oder?«
»Nicht sehr. Es ist eine neu entdeckte Art geworden, bestimmte Zeitgenossen ins Nirwana zu schicken. Neue mafiose Banden im Osten benutzen das. Aber noch ist das alles nur ein Denkmodell. Warte mal, Emma ist wild darauf, mit dir zu sprechen.« Ich reichte das Handy weiter, und Emma sagte: »Grüß dich, Liebes. Ist es nicht furchtbar, Trösterin zu sein? Also, ich habe das als furchtbar in Erinnerung. Übernimm dich nicht...«
Sie sprachen noch eine Zeitlang, leise, eindringlich und einander zugetan. Es ist seltsam für uns Macker, Frauenfreundschaft zu erleben, es ist bedrohlich und eine Art Glück, von dem wir ausgeschlossen sind.
»Laß uns das Gepäck in die Wagen schleppen«, sagte Rodenstock. »Diese Arbeit hier ist nichts für meine alten Knochen. Sie ist einfach stupide. Wir haben uns dabei erwischt, daß wir eine volle Viertelstunde lang über den Grünton gestritten haben, mit denen ich die Türblätter pinseln wollte. Da habe ich gemerkt, wie der Spießer in mir getobt hat, und ich habe Angst bekommen. Und wenn es kein Mord war, gehen wir nach Monreal ins Stellwerk essen oder in die Alte Molkerei nach Manderscheid oder zum Markus nach Niederehe, am besten zu allen. Zwischendurch könnten wir im Rossini in Wittlich diese oder jene kleine Schweinerei zu uns nehmen, und alle Tage rufe ich hier in der Wohnung an und frage, wann sie endlich fertig ist. Was hältst du von dieser Art Ferien?«
»Nicht viel. Dabei werde ich zu fett. Außerdem glaube ich, daß es ein Mord war.«
»Du bist ein Spielverderber«, schimpfte er. »Alle Journalisten leiden unter einer massiven Paranoia. Diese ständigen Verfolgungsphantasien, dieses seelische Durcheinander gegen alle Fakten. Sagt mir doch so ein lokaler Pressefritze in Cochem, er hätte den Verdacht, daß diese ... diese Lady Di nicht so einfach verunglückt, sondern irgendeinem Geheimdienst zum Opfer gefallen sei. So ein Stuß, so ein gottverdammter.«
»Warum schimpfst du denn so?«
Rodenstock grinste. »Wahrscheinlich bin ich nur erleichtert, daß ich diese blöde Pinselei nicht mehr weitermachen muß.«
Wir luden also das Gepäck in die Autos, während Emma immer noch mit Dinah sprach. Ich werde nie verstehen, wieso Frauen über absolut nichts eine Stunde reden können und sich dabei auch noch großartig fühlen. Dabei will ich gar nicht unterschlagen, daß das gelegentlich auch Machos passieren soll.
Irgendwann fuhren wir, Emma mit ihrem Wagen voran. Rodenstock saß neben mir. Es
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