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Eifel-Ralley

Eifel-Ralley

Titel: Eifel-Ralley Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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gerollt und ausgestiegen war, sah ich, daß Willi einer neuen Lust frönte. Er hockte am Lavendel, um den die Schmetterlinge taumelten, und ab und zu sprang er unvermittelt hoch, um einen zu erwischen. Die Landung gestaltete er auf seine typische kreative Weise. Er ließ sich in den Lavendel fallen, und die Äste dieses Gesträuchs taten genau das, was er wollte: Sie federten wunderbar.
    Paul lag abseits im Schatten und machte den Eindruck, als sei er stolz auf seinen Zögling.
    Ich ließ mir lauwarmes Wasser einlaufen und badete. Anschließend bereitete ich mir das, was ich ein Cowboyfrühstück zu nennen beliebe und was todsicher eine kulinarische Entgleisung ist: Ich mache eine Dose Baked Beans in der Pfanne heiß, koche drei Eier hart wie Stein und esse das Ganze in der Gewißheit, daß es phantastisch schmeckt. Es war ganz gut, daß ich allein war, denn Dinah pflegt beim Anblick dieses Mahls leicht angewidert zur Seite zu blicken. Zugegeben, farblich gesehen ist es ohne jeden Reiz.
    Ich hatte einen Abend ganz für mich allein und wollte ihn genießen. Ich setzte mich unter den Sonnenschirm im Garten und las John le Carres Der Schneider von Panama. Dabei vergaß ich die Zeit.
    Dinah holte mich in die Wirklichkeit zurück. Sie sagte, sie habe keinerlei Grund anzurufen, außer vielleicht meine Stimme zu hören. Und wie es mir gehe und was ich gerade mache und ob ich sie ein wenig vermisse.
    »Wirst du denn schlafen können?« fragte ich.
    »Nein«, antwortete sie. »Ich bin ja hiergeblieben, weil ich weiß, daß Petra nicht schlafen wird. Ich sage dir morgen früh, was ich an Toilettensachen und Kleidern und Schuhen und so brauche. Und es wäre vielleicht gut, wenn du etwas Schwarzes trägst. Diese Konventionen sind scheiße, ich weiß.«
    Ich las le Carre weiter, während der Himmel über mir sich rot färbte. Eifelsommer. Paul kam, sprang auf meinen Schoß, drehte sich viermal, seufzte tief und schlief ein. Willi folgte, legte sich unter meinen Stuhl, ließ sich zur Seite kippen und gähnte. Das war die Sorte Leben, die ich immer schon gewollt habe, wahrscheinlich seit ich denken kann.
    Irgendwann legte ich das Buch auf den Tisch und döste weg. Ich schreckte hoch, als das Handy fiepte.
    »Ich bin es«, sagte Rodenstock. »Ich habe möglicherweise eine Lösung für dich. Kennst du den Fall Bandera?«
    »Nein. Keine Ahnung. Erzähl.«
    »Nicht am Telefon«, erwiderte er. »Kannst du nicht herkommen?«
    »Morgen?«
    »Nein, nicht morgen. Wenn, dann jetzt. Wenn ich nämlich recht habe – und ich hoffe, ich habe nicht recht – dann muß dieser Arzt in Adenau dafür sorgen, daß die Obduktion fortgesetzt wird. Dann muß der Schädel deines Freundes geöffnet werden.«
    Es war jetzt zehn Uhr, die Dunkelheit war schon herangekrochen. »Ich komme«, sagte ich.

Zweites Kapitel
    Ich fuhr von Brück hinauf nach Kelberg, dann nach rechts die B 257, von der bei Ulmen die B 259 abgeht. Für die rund 45 Kilometer hinunter in das schmal eingeschnittene Tal der Mosel brauchte ich nicht mehr als vierzig Minuten. Der Verkehr war wie üblich um diese Zeit gleich null.
    Rodenstock und Emma hockten stolz auf zwei Umzugskisten in den Räumen ihres neuen Domizils, grinsten mich an und hatten beide ein Glas mit wasserheller Flüssigkeit in der Hand. Es sah nach Sprudel aus, aber es war kein Sprudel.
    »Ist das alter Genever?« fragte ich.
    »Das ist alter Genever«, bestätigte Emma »In unserem Alter dient der zur Erheiterung und Mumifizierung. Es ist Kaffee da, willst du einen?«
    »Gerne. Habt ihr auch etwas zu essen?«
    »Wir haben Brötchen mit Mettwurst. Direkt aus Holland. Von der Frau Polizeipräsident mitgebracht.« Rodenstock grinste. »Sie mästet mich, und ich finde es gut. Setz dich.«
    Es gab keine dritte Umzugskiste in dem Raum, also ließ ich mich auf dem Fußboden nieder und lehnte mich an die Wand. Ich bemerkte: »Wenn ich schon eigens anreisen muß, um deiner Weisheit würdig zu werden, möchte ich mindestens ein Stichwort hören.«
    Rodenstock sah erst mich an, dann Emma, und sie sagten beide wie auf Kommando: »Bandera!«
    Ich tat ihnen den Gefallen und fragte: »Was ist Bandera, bitte?«
    »Es muß heißen: Wer war Bandera?« berichtigte mich Emma.
    »Also gut: Wer war Bandera?« seufzte ich.
    »Ein perfekter Mord«, sagte Rodenstock aufgeräumt. »Das Stichwort heißt Zyankali. Und gleich noch etwas: Wenn du hier hinausmarschierst und zu dem Schluß gekommen bist, daß das auf deinen Freund zutreffen könnte,

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