Eifel-Ralley
aussah wie ein verunglücktes Brautkleid.
Rodenstock saß im Wohnzimmer und schaute sich im Fernsehen ntc-Nachrichten an. Er paffte einen Stumpen, der grauenhaft stank und wahrscheinlich die ultimative Waffe gegen Mücken war.
Erneut sah ich Emma durch das Treppenhaus schweben, das Handy am Ohr, selbstverständlich telefonierte sie schon wieder mit Dinah, denn sie sagte gerade: »Nein, dein Mann ist zwar etwas resigniert, aber durchaus lebensfähig.« Für solche Bemerkungen liebte ich sie.
Dann fiepte mein Handy, und die Stimme des Arztes Salchow klang höchst befriedigt. »Ich habe Ihrem Freund Rodenkirchen, oder so ...«
»Rodenstock.«
»Na gut, Rodenstock. Also, ich habe ihm versprochen, eine Regelung zu finden. Wir fangen mit der erneuten Autopsie um sieben Uhr an, und er kann teilnehmen. Ich bin ganz verrückt darauf zu erfahren, wie Harro zu Tode gekommen ist.«
»Ist gut, ich bringe meinen Freund nach Adenau. Und vielen Dank für die Hilfe.«
Ich benachrichtigte Rodenstock und ging dann in den Garten. Willi strich um mich herum und maunzte, weil er wahrscheinlich irgend etwas erzählen wollte, aber nicht genau wußte, wie man das als Katze so sagt. Paul gesellte sich hinzu, und wir standen zu dritt am Loch, das Werner gebuddelt hatte. Es war sehr eindrucksvoll, etwa 100 Quadratmeter groß und mit Sicherheit der schönste Freiluftlokus für Katzen weit und breit.
Rodenstock folgte ebenfalls nach draußen, immer noch damit beschäftigt, diesen elenden Stumpen abzubrennen. »Ich gehöre noch nicht ins Bett«, sagte er. Ächzend ließ er sich in einen Gartensessel sinken. »Es sind locker noch 23 Grad. Bei diesen Temperaturen kann ich nicht schlafen.«
»Mußt du auch nicht, du kannst ja hier sitzenbleiben. Um halb sieben müssen wir los.«
»Sag mal, wie stellst du dir eigentlich dein künftiges Leben vor?«
»Wie bitte?« Ich war verblüfft.
»Du hast ganz richtig verstanden. Wir haben neulich einen Spaziergang an der Mosel gemacht, und da stellte Emma fest, daß du über jeden von uns genau Bescheid weißt. Woher wir kommen, was wir getrieben haben und treiben und was wir wollen. Aber von dir weiß ich eigentlich nichts. Na gut, du bist Journalist, geboren im Ruhrpott, wohnhaft in der Eifel. Aber ich weiß nicht einmal, ob du einen Vater hattest.« Er grinste. »Nach all den Jahren habe ich Informationsbedarf.«
»Was willst du wissen?«
»Alles.«
»Was ist alles?«
»Alles ist alles. Kinder, warum und wie viele, Vater, Mutter, Tante, Onkel, Oma, Opa, solche Kleinigkeiten eben. Wieso du ausgerechnet in die Eifel gekommen bist. Was du hier gesucht hast. Und was hast du gefunden? Emma hat recht: Du bist sehr geschickt darin, alles zu erfahren und gleichzeitig nichts über dich preiszugeben.«
»Das ist unfair«, murrte ich.
»Durchaus nicht«, widersprach Rodenstock. »Ich werde dich von Zeit zu Zeit fragen und dann das Puzzle zusammensetzen.«
»Na gut«, nickte ich. »Erst mal gehe ich ins Bett. Ich gehöre nämlich zu den Menschen, die von Zeit zu Zeit schlafen müssen.«
»Das ist doch ein Anfang«, sagte er mit leichtem Spott.
Nachdem ich in unserem Schlafzimmer das Licht gelöscht hatte, ging ich noch einmal ans Fenster. Rodenstock hockte immer noch in dem Sessel und hatte sich den nächsten Stumpen vorgenommen. Wahrscheinlich wollte er die deutsche Tabakindustrie stützen. Was meinte er damit, daß ich nichts von mir preisgab? Was wollte er denn wissen?
Um sechs Uhr gab der Wecker zuerst eine Reihe leiser melodischer Töne von sich, um dann plötzlich zu schnarren wie eine heisere Klapperschlange. Ich schlug nach der Schlange, aber ich traf sie nicht. Und als ich sie treffen konnte, war ich wach.
Mein erster Gedanke war Harro und die Tatsache, daß man ihn gleich sezieren würde. Die Vorstellung trieb mich aus dem Bett.
Emma und Rodenstock saßen fix und fertig für den Tag montiert am Küchentisch. Ich beeilte mich und schüttete so lange Kaffee in mich hinein, bis ich anfing, klarzusehen.
»Ich nehme meinen Wagen und fahre mit«, bestimmte Emma. »Vielleicht kann ich den Frauen behilflich sein.«
So fuhren wir mit zwei Autos nach Adenau, und die Täler unter einer wabernden leichten Decke aus Nebel waren ein tröstlicher Anblick.
»Du willst wohl nicht teilnehmen?« fragte Rodenstock vorsichtig.
»Nein«, sagte ich erschrocken. »Das bringe ich nicht.«
»Schon gut, schon gut«, beschwichtigte er.
Ich setzte ihn ab und geleitete Emma zu Harros Haus.
Es war seltsam. Es
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