Eifel-Ralley
drei Flaschen hinter sich. Es war eine ausgesprochen alberne Gesellschaft, bis Emma plötzlich nachdenklich fragte: »Habt ihr schon einmal überlegt, wer als Nächster getötet werden könnte?«
Niemand wußte eine Antwort, die Albernheiten waren vergessen. Frank Sinatra jubelte sein ewiges New York, New York zu Ende, jemand begann den Basin Street Blues zu trompeten.
Anja stand schmal und blond im Eingangsbereich und breitete die Arme aus. Sie bekam diesen unnachahmlichen Gesichtsausdruck und fragte: »Kennt ihr den schon?«
Da wußten wir: Wir waren richtig. Die Albernheiten konnten zurückkehren.
Glücklicherweise blieb das so, bis irgendein Gast Eva, die Bedienung, fragte: »Die Suppe ist aber aus der Dose, eh?« Der Mann sah aus, als habe er zu hohen Blutdruck. Er aß mit Weib und Kind. Das Kind war vielleicht sieben oder acht und litt anscheinend unter der Vorstellung, direkt von Kleopatra abzustammen.
Als Eva empört erwiderte: »Bei uns ist jede Suppe selbstgemacht« und der besorgte Vater darauf bestand, sie möge doch bitte den Koch fragen, ob die Suppe auch wirklich nicht aus der Dose sei, fragte das Kind mit Schmollmund: »Und geht es vielleicht nicht noch ein bißchen pampiger?«
Eva verzog sich beleidigt und sauer, Uli kam aus seinem Reich der Töpfe und Pfannen und warf die entzückende Familie hinaus. Der Mann lief bedenklich violett an und knurrte: »Ich bin Rechtsanwalt, das wird Folgen haben.«
»Ist recht«, nickte Uli. »Und jetzt raus!«
Die Kneipen und Restaurants in der Vulkaneifel werden immer besser. Jetzt werden wir uns um Gäste bemühen.
Es war weit nach Mitternacht, als ich die beschwipste Clique nach Hause fuhr.
Etwa in Anschau murmelte Rodenstock: »Ich muß dauernd an Jessica Born denken.«
»Ich auch«, stimmte ich zu.
»Ich habe das Michael Schumacher Magazin gelesen«, meldete sich Emma von hinten. »Obwohl, man muß nicht lesen können, um das zu verstehen. Ich wollte diese Welt begreifen lernen, aber man wird verarscht.«
»Wieso verarscht?« fragte ihr Lebensgefährte.
»Na ja, es handelt sich um eine Hochglanzzeitschrift, 130 Seiten stark. Dreißig Seiten sind von der sogenannten Redaktion, tatsächlich handelt es sich um nichts als Werbung, Werbung, Werbung. Man hat von eurem ersten Bundeskanzler, dem Konrad Adenauer, behauptet, er käme mit einem Wortschatz von weit unter tausend Worten aus. Das Magazin schafft das Wunder mit der Hälfte. Und der Fan zahlt auch noch sieben Mark fünfzig dafür. Sicherheitshalber ist nicht einmal ein Chefredakteur ausgewiesen, was vermutlich damit zusammenhängt, daß sie keinen geeigneten Prothesenträger gefunden haben. Abendland ade.«
»Wow!« murmelte Dinah.
»Du bist eine neidische Holländerin!« sagte ich lachend.
Wortkarg verdrückten wir uns in die Betten, und um sieben rasselte der Wecker.
Auf dem Faxgerät war eine Botschaft angekommen. Als Vorlage hatte ein privater Briefbogen gedient. Lieber Herr Baumeister,
Jessica Born sagte mir, daß Sie den Vertrag nicht unterschreiben wollen. Wir können uns durchaus über Modalitäten unterhalten. Ich denke, es wäre gut für die Gesellschaft, wenn Sie mit scharfen Augen für uns tätig werden könnten. Überlegen Sie es sich bitte noch einmal. Mit herzlichen Grüßen Andreas von Schöntann »Das würde ich mir rahmen«, kommentierte Rodenstock.
Um acht brachen wir auf, und zum erstenmal in diesem Sommer lag Tau wie Rauhreif über dem Land.
Peter hatte sich feingemacht, trug zwar immer noch die schrecklich verschmierte Hose, aber diesmal einen Pullover aus Acryl, der verdächtig so aussah, als sei er für den weiblichen Teil der Bevölkerung gefertigt worden.
Peter strahlte wieder und verbeugte sich vor den Frauen. »Eis essen.«
»Eis essen«, nickte Emma und wandte sich zu uns. »Der Junge braucht neues Zeug. Diese Schuhe müssen gemacht worden sein, als Julius Cäsar Germanien erobern wollte.«
Dinah zerrte Peter ins Auto und ergänzte: »Er braucht auch mütterliche Zuwendung.«
»Alice nackt«, sagte Peter.
»Was ist denn das?« fragte Dinah.
»Das wissen wir nicht«, antwortete ich und gab Gas.
Peter starrte zwischen Rodenstock und mir voraus auf die Fahrbahn und hatte für diese Welt so etwas wie ein andachtsvolles Schweigen übrig. Er stank durchdringend nach Moschus. Wahrscheinlich hatte ihm eine seiner Betreuerinnen eine Seife verabreicht, die sie selbst nicht mochte. Wahrscheinlich hatte sie auch den Pullover nicht gemocht.
»Irmchen hat also Geld
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