Eifel-Ralley
erwiderte Rodenstock.
Ich hatte schon ein paarmal erlebt, wie er wirkte, wenn er etwas wissen wollte. Scheinbar gab er alles preis, scheinbar begab er sich in die Fänge des Feindes. Tatsächlich aber provozierte er nur und wartete darauf, daß der andere einen Fehler machte. Mir blieb die Rolle des Beteiligten, der kein Wort sprach, aber von Zeit zu Zeit ergeben gegen die Decke blickte und dabei seufzte, als sei es unfaßbar, wie viele Idioten es auf der Welt gab.
Auch jetzt seufzte ich sicherheitshalber erst einmal und starrte zu dem kleinen Kronleuchter hoch, der über dem Kopf des Monsieur Degrelle hing. Und weil das so etwas wie einen leichten Hauch ausmachte, sagte Rodenstock hastig: »Das ist Monsieur Baumeister, mein Freund und Spezialist für ... sagen wir kriminelle Machenschaften.«
»Um kriminelle Machenschaften geht es doch gar nicht in diesem Fall«, entgegnete der Anwalt und sah uns dabei mit der intensiven Freundlichkeit an, die man nur von einer kampfbereiten Kobra gewohnt ist.
»Um Gottes willen«, sagte Rodenstock abwehrend, fummelte in der Brusttasche seines Jacketts herum und brachte eine Visitenkarte zum Vorschein, die er Degrelle anbot. Ich wußte, daß darauf Kriminalrat a. D. zu lesen war, was immer gewaltigen Eindruck machte, da das Gegenüber niemals wußte, wieviel Power tatsächlich dahintersteckte.
»Wie Sie sehen, ist unser Interesse durchaus privat. Aber, wissen Sie, so mir nichts, dir nichts vier Tote zu verarbeiten, fällt uns enorm schwer. Wir müssen jeder Fährte nachspüren. Sicherheitshalber, was Sie sicherlich begreifen werden.«
»Sicher«, nickte er. »Was müssen Sie wissen?«
»Wir haben Kenntnis davon, daß bisher etwa zwei Millionen eingegangen sind«, bluffte Rodenstock, »Und ...«
»Es sind drei Komma vier Millionen«, korrigierte Degrelle. »Und nichts, wirklich nichts daran, ist irgendwie illegal.«
Rodenstock lachte leise und bereitete den Hattrick vor. »Wissen Sie, es erheitert mich, daß alle Welt uns entgegenhält, es sei nichts Kriminelles dabei. Wobei? frage ich zurück. Und noch etwas, Maitre: Wir haben doch Ihnen überhaupt nichts Kriminelles vorgeworfen, oder? Also, wenn 3,4 Millionen eingegangen sind, wieviel davon transportierte unser geliebtes Irmchen?«
Er musterte uns. »Alles«, sagte er fein. »Alles.«
»Haben Sie auch eine Ahnung, wieviel Prozent sie für die Transporte bekam?« fragte Rodenstock.
»Aber ja«, nickte er und griff zu einem Aktenstapel, den er rechts von sich auf einer Art Teewagen aufgebaut hatte. »Sie bekam fünf Mark pro hundert Mark. Es ging ja auch darum, daß Andreas von Schöntann wollte, daß wir ihr helfen. Also zahlten wir sie nach jeder Tour hier aus. In bar, versteht sich. Denn das, was sie brachte, war ja ebenfalls Bares.«
»Sie hat also, wenn ich richtig rechne, 170.000 Mark kassiert. Und warum lief das Geld nicht einfach über Bankkonten im internationalen Geldverkehr?«
»Ganz einfach. Wir wollten sparen. Irmchen bringt das Geld hierher, ich gehe auf eine Bank und zahle es auf das Firmenkonto ein. Wir sparen ungefähr drei bis vier Tage. Bei diesen Summen ist das sehr viel Geld.«
»Woher stammen diese Gelder?«
»Nun, die Anleger haben gezeichnet, jeder soundsoviel Mark. Sie ziehen diese Gelder aus ihren Firmen ordnungsgemäß ab und beteiligen sich bei uns. Wie Sie wissen, geht es jetzt nicht mehr um den Großen Preis des Nürburgring, sondern die Veranstaltung heißt Großer Preis von Luxemburg und findet auf dem Nürburgring statt. Und genau das macht im europäischen Sinne ja auch die Idee aus. Wenn Sie so wollen, arbeiten wir ja europäisch. Nun eine Frage meinerseits, meine Herren: Wen vertreten Sie denn?«
Rodenstock sah ihn lange an und antwortete dann: »Die schweigende Mehrheit, Sir, die schweigende Mehrheit.« Er stand auf, nickte mit dem Kopf und ging zur Tür.
Der Maitre rief leicht gestreßt: »Moment mal ...«, aber Rodenstock war schon durch die Tür, und ich sagte sanft: »Sorry, Sir« und folgte ihm.
Auf der Straße fragte ich: »Er hat Andreas von Schöntann erwähnt. Wieso hast du nicht weiter gefragt? Wieso hast du so schnell das Handtuch geworfen?«
Rodenstock wurde rot vor Wut. »Du solltest so etwas nicht sagen. Wenn Degrelle so offen von Schöntann spricht, dann heißt das, daß die Gelder aus Deutschland stammen, zumindest zum Teil. Das sagt er ja auch. Und daß in den Augen der Luxemburger todsicher alles seine Richtigkeit hat. Er darf auch gar nichts anderes sagen,
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