Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eifel-Schnee

Eifel-Schnee

Titel: Eifel-Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
Vom Netzwerk:
er. »Wen sonst?«
    »Ich dachte eher an van Straaten«, erwiderte ich. »Wegen Betty.«
    »Können Sie mich aufklären?« fragte Buch ganz sanft.
    Wir entschuldigten uns, und Rodenstock erzählte ihm, was wir wußten. »Sie sehen, er kann möglicherweise seinen Vater gar nicht gemeint haben.«
    »Das scheint mir jetzt auch so«, sagte der Pfarrer betroffen. »Aber ich weiß wirklich nicht, wie ich Ihnen noch weiterhelfen kann.«
    »Aber daß Betty diejenige war, die mit dem Dealen begonnen hat, steht für Sie außer Zweifel?«
    »Ja«, nickte er. »Er hat es so nebenbei fallenlassen, so wie man über eine ... na ja, eine Selbstverständlichkeit berichtet, verstehen Sie? Und noch etwas, meine Herren: Ole hat mich nie belogen. Ich bin richtig stolz darauf.«
    »Wie hast du noch mal gesagt?« fragte Rodenstock nachdenklich, als wir heimwärts zogen. »Die Eifler kriegen das ,Ich liebe dich' nicht über die Lippen. Ole scheint das ,Ich hasse dich' auch nicht über die Lippen bekommen zu haben.«
    »Ich traue diesem Braten nicht. Paß auf, ich bremse mal.« Ich benutzte den uralten Trick, beim Bremsen auf der eisharten Schneedecke Fuß- und Handbremse gleichzeitig zu benutzen. Der Wagen sprach gut an, rutschte ein paar Meter kontrolliert, stand dann. »Wir haben sehr unterschiedliche Aussagen. Auf der einen Seite war es die große Liebe, auf der anderen Seite hat Ole Betty verraten, an die Staatsanwaltschaft ausliefern wollen. Für die große Liebe sprechen mehr Gründe und vor allem die für mich wichtigeren Zeugen: Schappi, Mario und Gerlinde Prümmer. Wenn da Haß gewesen wäre, dann hätte zumindest Schappi das gemerkt. Er war ganz offensichtlich dauernd mit den beiden zusammen.«
    »Aber kann es nicht Haß und gleichzeitig Liebe gewesen sein?« fragte Rodenstock. »Menschen sind doch nicht nur weiß oder nur schwarz – sie sind alles gleichzeitig.«
    »Der Denker schlägt zu. Wahrscheinlich stimmt, was du sagst. Ich würde so gern noch einmal zur Melanie.«
    »Jetzt? Oh Gott, ich bin müde, ich habe so gut wie gar nicht geschlafen.«
    »Dann fahre ich dich heim und alleine weiter zu Melanie.«
    Eine Weile lang sagte er gar nichts, ehe er dann einen Knurrlaut von sich gab und fragte: »Hast du eigentlich vor, irgendwann einmal erwachsen zu werden?«
    »Ich bin zu aufgedreht, ich kann sowieso nicht schlafen.«
    Der nächste Satz kam etwas sarkastisch: »Der Mörder wird es dir danken.«
    »Wieso denn das?« fragte ich wütend.
    »Weil seine Chancen, heil aus der Sache herauszufinden, mit der abnehmenden geistigen und körperlichen Verfassung seiner Jäger steigen. Ich meine, je überdrehter und aufgeregter du bist, umso schneller wirst du logische Fehler machen, falsche Rückschlüsse ziehen.«
    Zuweilen ist es lästig, einen klugen Freund mit Lebenserfahrung zu haben. Vor allem, wenn er recht hat. »Und was schlägst du statt dessen vor?«
    »Ausruhen, gammeln, in den Schnee gucken, schlafen. Wir beide haben ein Schlafdefizit von etwa zwanzig Stunden, wir gehen beschissen mit uns selbst um. Ich würde vorschlagen, wir machen einen Tag Pause, dann können wir morgen erneut starten.«
    Keine Frage, er hatte recht. Ich versuchte es trotzdem. »Wir müssen so schnell wie möglich zu dem Holländer, zu Melanie, an den Kripobeamten Kremers heran, an den Vater von Jonny in Gerolstein ...«
    »Vergiß es erst einmal«, unterbrach mich Rodenstock. »Vergiß vor allen Dingen die Diskussion mit mir. Es ist heller Morgen, ich gehe schlafen.«
    »Also gut«, sagte ich sehr von oben herab.
    Die Katzen tollten im Schnee, sie balgten sich. Dinah war noch nicht vom Hof der Mehrens zurück, wir gingen in das Haus, und Rodenstock meinte leicht amüsiert: »Ich hoffe, daß du gut versichert bist.« Er stand mitten im Durchgang zwischen der Küche und dem, was vor Jahrhunderten die Erbauer dieses kleinen Hauses die gute Stube genannt hatten.
    »Ich habe das dumpfe Gefühl, daß jede Versicherung sagen wird, daß sie die Spuren von Vandalismus nicht ersetzt.«
    »Moment, das war kein Vandalismus. Das war bewiesene Zerstörungswut im Rahmen der Recherchen zu einem Doppelmord. Das war körperliche Bedrohung, das war Erpressung, das war alles mögliche.«
    Der Küchenschrank, Gelsenkirchener Barock mit Linoleumeinlage, war vollkommen zertrümmert, die Standuhr zerschlagen, eine Stange des uralten Küchenherdes abgebrochen, zwei Buchregale umgekippt und zertreten, beide Deckenlampen zerschmettert, ein Wandregal mit altem Eifler Porzellan von

Weitere Kostenlose Bücher