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Eifel-Schnee

Eifel-Schnee

Titel: Eifel-Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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wenn du nach Gerolstein kommst? Erst wollte ich nicht, aber jetzt ... na ja, ich bin hier. Jetzt weißt du aber so ziemlich alles. Und warum soll ich dich übers Ohr hauen?«
    »Moment«, wandte ich ein, »ich mache dir nicht zum Vorwurf, daß du uns beschissen hast. Du machst so etwas ja, um zu überleben. Dann ist es eine echte Leistung. Auch ohne Herbie ist dein Leben ziemlich rund gelaufen, oder? Dann ist Jonny gekommen, der Bubi aus Gerolstein. Du hast die Chance gesehen und sie an dich gerissen, wahrscheinlich warst du sogar verliebt, oder?«
    »Und wie! Bin ich manchmal immer noch. Er ist ein richtig süßer Schnuddelfuzz.«
    »Ach, du lieber Gott. Du wußtest aber von Anfang an, daß Jonny nicht der Typ harter Mann ist und daß er auf verschiedenen Stoffen steht. Du bist ja nicht blöde. Trotzdem bist du hierher gekommen. Der Grund ist wahrscheinlich die Abmachung mit Jonny, daß du eine kostenlose Wohnung bekommst und eine Abfindung pro Monat, sozusagen Taschengeld. Zusätzlich hast du dich arbeitslos gemeldet. Alles in allem verdienst du gutes Geld, nicht wahr? Wieviel ist es rund im Monat?«
    »Also ohne das Auto ungefähr fünf.«
    »Und wieviel davon kannst du sparen?«
    »Gut und gerne drei, meistens dreieinhalb. Aber was hat das alles damit zu tun, daß ...«
    »Augenblick Geduld«, sagte ich. »Jetzt kommt dieser Jonny plötzlich auf die Idee, clean zu werden. Er hat die Schnauze voll von den Drogen. Du weißt genau, daß es beim ersten Versuch nicht klappen wird, aber du weißt auch, daß Jonny das schaffen kann, wenn er es wirklich will. Und eigentlich möchtest du ja auch, daß er es schafft. Aber du bist dir auch darüber bewußt, wenn er es schafft, kannst du aus Gerolstein verschwinden. Er tritt dann nämlich das Erbe an, übernimmt die Firma und wird heiraten. Er wird niemals dich heiraten, das Kaliber hat er nicht. Mit anderen Worten: du hast verstanden, daß du bald überflüssig sein wirst. Das tut weh, ich weiß, aber ich muß es so ausdrücken. Da fragt sich der Baumeister, was du anstellen wirst, um dich abzusichern. Deswegen, glaube ich, hast du uns nicht einmal die Hälfte erzählt. Also, was ist wirklich passiert?«
    Sie hatte eine heisere Stimme. »Was ist, wenn ich dir nichts weiter sage?«
    »Ich werde es wahrscheinlich über kurz oder lang sowieso herausfinden«, meinte ich, und ich hoffte, daß es annähernd überzeugend klang.
    »Aber versprochen, ich darf vorher lesen?«
    »Du darfst vorher lesen.«
    »Na gut. Stimmt genau, was du sagst. Meine Zeit hier läuft ab. Selbst wenn Jonny Rückfälle hat, er wird eines Tages vernünftig werden, heiraten und Kinder machen und ein angesehener Bürger sein und so weiter. Als er nach Gerolstein ins Krankenhaus ging, um sich körperlich zu entgiften, kam schon am ersten Abend Dieter Kremers hierher. Er sagte, er würde Jonny nur wirklich helfen können, wenn ich mitziehe und den Kremers dabei unterstützte.«
    »Wie sollte diese Hilfe aussehen?«
    »Ich sollte auf Jonny einwirken, daß er wirklich den Kronzeugen macht und so. Dann sollte ich alles aufschreiben, was ich über Drogen hier im Landkreis jemals erfahren habe und weiß. Jonny war ja dauernd mit Leuten zusammen, die auch auf Drogen sind. Da gibt es eine Menge aufzuschreiben. Welche Stoffe, woher sie kommen, Namen der Leute mit Adressen, das Datum der Treffs und so weiter. Ich schrieb und schrieb. Und Dieter Kremers kam jeden Abend.« Sie lächelte mir etwas hilflos zu.
    »Was hat er denn dafür versprochen?«
    »Er hat versprochen, daß er mir einen guten Abflug verschafft, egal, wohin ich will. Natürlich sollte ich zuerst den Zeugen machen, den Kronzeugen. Dann wollte er für mich sorgen. Er sagte, er könne vielleicht eine Kneipe zu günstigen Konditionen pachten oder kaufen. Ehrlich, das wäre mein Traum.«
    »Er kam also jeden Abend?«
    Sie nickte.
    »Und wann hast du das erste Mal mit ihm geschlafen?«
    »Am dritten Abend.«
    »Hat er dich dafür bezahlt?«
    »Nein. Er lachte und sagte, er hätte kein Geld übrig, um dafür zu bumsen.«
    »Wie oft seitdem?«
    »Fast jede Nacht. Oh, Baumeister, was ist? Ist er ein Arsch?«
    »Ich weiß es nicht genau. Sag mal, wenn er hier war, hat er dann hier geschlafen? Ist morgens hier aufgestanden, hat sich rasiert und ist dann zur Arbeit nach Daun?«
    »Korrekt.«
    »Wo ist dein Badezimmer?«
    »Da hinten die zweite Tür rechts.«
    »Moment bitte.« Ich ging in das Bad. Es war groß und geräumig, ganz in Weiß gefliest, hatte eine

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