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Eifel-Schnee

Eifel-Schnee

Titel: Eifel-Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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Toilette, ein Bidet, eine Dusche, eine Wanne, ein Handwaschbecken und ein hübsches schneeweißes Regal mit all dem Schnickschnack, den eine gepflegte junge Frau braucht. Ein Korb für gebrauchte Wäsche enthielt nichts anderes als gebrauchte Wäsche. Da gab es ein kleines Regal mit Handtüchern. Zwischen den Handtüchern war nichts. Der Wasserkasten der Toilette ließ sich sehr leicht öffnen. Nichts. Mein Blick fiel auf die Fliesen, die die Badewanne verkleideten. Dort war ein Viereck eingelassen, damit man an die Zuleitungen kommen konnte. Ich nahm das Schweizer Messer und drehte die Schraube ab.
    »Was machst du da drin?« rief Melanie.
    »Ich hocke auf dem Pott«, schrie ich zurück.
    »Ach so«, sagte sie erleichtert.
    Kremers hatte die vier Beutel mit breiten Streifen Tesafilm an die Außenwand der Badewanne geheftet. Absolut sicher und gleichzeitig absolut dumm. Die Dummheit zählte in diesem Fall allerdings nicht, denn es würde lediglich darauf ankommen, zu beweisen, daß Melanie im Besitz von sehr viel Kokain war. Ich schätzte, daß jeder Beutel rund ein Viertelpfund enthielt. Nach Adam Riese hatte der Stoff im Straßenverkehr einen Wert von runden 75.000 Mark, wenn man einkalkulierte, daß er allererste Sahne war. Ich nahm die Beutel, kehrte zu Melanie ins Wohnzimmer zurück und legte die Tüten auf den Tisch.
    »Was ist das?« fragte sie verunsichert.
    »Kokain«, erklärte ich. »Es klebte an deiner Badewanne.«
    »Noch von Jonny?« fragte sie voller Angst. »Unmöglich. Das ist ganz unmöglich, das hätte er mir gesagt.«
    »Nicht doch Jonny«, sagte ich. »Warte mal.« Ich riß einen der Beutel auf, nahm ein wenig von dem Zeug an den angefeuchteten kleinen Finger und rieb mir den Stoff auf das Zahnfleisch. Es reagierte sofort, wurde kühl, fühlte sich eisig an und gefühllos. »Das Zeug ist phantastisch gut«, teilte ich Melanie mit.
    »Darf ich mal?« fragte sie.
    »Aber ja.«
    Sie machte ebenfalls die Probe und murmelte dann fachmännisch: »Wenn du dieses Zeugs dreimal streckst, hast du immer noch besseren Stoff als den, der sonst auf dem Markt ist. Ehrlich, kann Jonny so blöde gewesen sein?«
    »Kommst du nicht drauf? Es war dein Kremers, und du bist nicht die einzige, die er aufs Kreuz legen wollte. Bei Ole hatte er denselben Trick drauf. Er hätte im entscheidenden Moment seine Kollegen zu einer Razzia geschickt. Sie hätten das Zeug gefunden, und du wärst drangewesen, Mädchen. Niemand hätte dir geglaubt, wirklich niemand. Kremers wäre dich billig los gewesen. Du wärst in den Knast gewandert, verstehst du? Hast du ein Döschen oder sowas? Ich nehme eine Probe mit, dann hängen wir die Beutel wieder auf, und du weißt von nichts.«
    »Wie soll ich mich denn verhalten? Oh, verfluchte Kacke, das darf nicht wahr sein!« Sie begann zu weinen, hörte überhaupt nicht auf damit, und dauernd fluchte sie rüde. Einmal brüllte sie: »Ihr Scheißmänner!«, ein anderes Mal: »Ich schneide ihm die Eier ab, ich mache ihn zum Eunuchen.«
    »Glaubst du denn, daß du ein bißchen Schauspielkunst aufbringen und so tun kannst, als sei nichts?« fragte ich.
    »Ich bin so wütend, ich könnte eine Folge von Derrick allein spielen.«
    Ich gab ihr alle unsere Telefonnummern für den Fall, daß sie eine Frage hatte und für den Fall, daß sie Gefahr für sich sah. Dann nahm ich sie in die Arme und ging schließlich.
    Rodenstock hatte von einem durchziehenden Bäckerwagen einen halben Bienenstich gekauft, Kaffee gekocht und brüllte herum: »Zur Fütterung der Raubtiere antreten.«
    »Ich schlage ihn tot«, murmelte Dinah.
    Wir waren nicht mehr fähig, über diesen Fall zu sprechen, wir hatten zu viele Fakten, die wir nicht richtig einordnen konnten. Wir strichen umeinander herum, redeten über Belangloses, und einer fiel dem anderen auf die Nerven. Ich zog mich in das Schlafzimmer zurück und las Josef Haslingers Opernball, die maßlos eindringliche Geschichte eines möglichen Massenmordes in Wien. Ich blieb ungestört, bis Rodenstock in der Tür stand und beinahe angriffslustig verkündete: »Dinah und ich haben beschlossen, nach Adenau in die Periferia zu fahren und zu essen.«
    »Und morgen nach Holland?
    »Und morgen nach Holland«, nickte er.
    Bald darauf fegten wir über Kerpen, Niederehe, Heyroth und Brück Richtung Kelberg und wendeten uns dann nach links auf die Schnellstraße nach Adenau. Wir waren nicht länger als vierzig Minuten unterwegs und fielen in die wunderbare Kneipe ein, als hätten wir

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