Eifel-Schnee
Jedenfalls haben wir Akteneinsicht.«
»Ist das nicht phantastisch?« fragte Dinah.
»Das finde ich nicht«, murmelte ich. »Wenn van Straaten wirklich so ein Großer der Branche ist, dann kann er uns alle Killer der Welt auf den Hals hetzen, oder? Und dann wird er das auch tun, darauf könnt ihr euch verlassen. Dann werden nicht mehr nur kleine Jungen aus Köln vorbeikommen, um meine Wohnungseinrichtung zu zertrümmern, dann wird es ernst.«
»Das könnte geschehen«, nickte Rodenstock.
»Seit wann beobachtet ihn die Polizei denn?«
»Seit vier Jahren«, antwortete Dinah. »Ich wette, Emma ist in Rodenstock verliebt.«
Rodenstock wurde verlegen. »Laß das doch«, sagte er.
»Mal abgesehen von deinen Qualitäten als Herzensbrecher«, bemerkte ich, »hat deine Polizeipräsidentin etwas von van Straatens Sexualleben berichtet?«
»Oh ja«, nickte er. »Das ist seine schwache Stelle. Er soll einen enormen Verbrauch an jungen Frauen haben. Er sucht besonders nach Frauen mit reichhaltigen Erfahrungen.«
»Und Betty war ja ein Profi«, flüsterte Dinah.
»Hat man nie einen Lockvogel an ihn herangespielt?« fragte ich.
»Doch«, berichtete er weiter. »Der erste Versuch ist zwei Jahre alt. Es handelte sich um einen jungen Mann, ein Experte für asiatische Kunst. Der Mann sollte van Straaten vertreten. Hier im Laden, wenn der Chef auf Reisen war. Man weiß bei der Polizei nicht, was passiert ist. Der junge Mann war etwa sechs Wochen in Amt und Würden, als er hier am Rande von s' Hertogenbosch erschossen aufgefunden wurde. Seine Legende muß also geplatzt sein. Van Straaten hatte ein wasserdichtes Alibi, und er besaß auch noch die Frechheit, die Beerdigung des V-Mannes zu bezahlen. Sie versuchten es dann mit einer jungen Frau. Sie spielten sie in Antwerpen an ihn heran, als er mal wieder geil zu sein schien. Anfangs hatten meine holländischen Kollegen den Eindruck, daß es funktionieren würde. Aber dann lag die Gute eines Morgens ebenfalls tot in ihrem Bettchen. Van Straatens Alibi war wiederum astrein, allerdings hat er diese Beerdigung nicht bezahlt.«
»Wieso glaubt die Polizei, daß die Scheidung von der Frau ein Scheingefecht war?« fragte ich.
»Ganz einfach. Das Ehepaar besitzt zusammen fünf Läden. Offiziell gehört van Straaten nur noch dieser eine hier. Aber er rechnet Schecks und Bares immer noch über gemeinsame Konten ab. Die Konten liegen in den Niederländischen Antillen. Von dort laufen die meisten Gelder an Banken auf den Bahamas. Dann trennen sie sich erneut und landen entweder in Liechtenstein, der Schweiz oder in Luxemburg. Das alles riecht nach Beschiß, aber diesen Beschiß konnte ihnen bisher niemand beweisen.«
»Und was ist mit den Drogengeldern? Wo werden die gebunkert?«
»Zum durchaus größten Teil in Deutschland. Er ordert sehr viele deutsche Aktien und öffentliche Anleihen. Aber es ist nicht beweisbar, daß er der Besitzer ist, weil dazwischen mindestens zwei Anwaltskanzleien geschaltet sind. Die geben keine Auskunft, die brauchen auch keine Auskunft zu geben.«
»Welche Größenordnung, meint die Polizei, hat sein Drogengeschäft? «
»Riesig«, sagte Dinah. »Sie gehen aus von bis zu achthundert Millionen Dollar pro Jahr.«
»Außerdem besteht der Verdacht, daß van Straaten Politiker besticht«, murmelte Rodenstock.
»An der Stelle hat Emma gezögert«, warf Dinah ein. »Ich habe nachgefragt, und sie gab zu, daß sie vermutet, daß auch mindestens zwei hohe Polizeioffiziere regelmäßig geschmiert werden. Ist natürlich nicht beweisbar.«
»Wo sitzen diese Offiziere?« fragte ich.
»In Amsterdam«, sagte Rodenstock.
»Sieht van Straaten seine Kinder häufig?«
»Ja«, nickte Dinah. »Aber niemals hier in s'Hertogenbosch, immer nur in Amsterdam oder in einer Raststätte an der Autobahn dorthin. Mindestens einmal im Monat.«
»Und seine Frau?«
»Offiziell treffen sich die beiden nie. Aber heimlich: in Paris, in Madrid, in London. Das ist allerdings kein Grund, ihn festzunehmen, das ist seine Privatsache.« Rodenstock schnaufte. »Der Mann ist wirklich eine schwer zu knackende Nuß.«
»Verfügt er über so etwas wie Bodyguards oder Ähnliches?«
Rodenstock schüttelte den Kopf. »Das ist ein entscheidender Punkt. Viele Fehler großer Dealer und Drogenfinanziers hat van Straaten erst gar nicht wiederholt. Er hatte nie einen festen Stamm von Leuten um sich herum, nie Bodyguards, er ist nie im Rotlichtbezirk aufgetaucht, hat sich nie in Nachtbars herumgetrieben,
Weitere Kostenlose Bücher