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Eifel-Schnee

Eifel-Schnee

Titel: Eifel-Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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hat auch nie im Milieu eine müde Mark investiert. Er ist nichts anderes als der Boß eines grundsoliden Familienunternehmens.«
    »Aber er muß doch Verbindungen zu anderen Gangs haben oder zu anderen Profis aus dem Gewerbe?«
    »Hat er, hat er sicher. Aber diese Verbindungen sind nicht aufzuspüren, weil van Straaten vollkommen unberechenbar ist. Man hat ihm Schatten mit auf den Weg gegeben, sie haben ihn Tag und Nacht nicht aus den Augen gelassen. Dann ließ er sich ohne ein einziges Gepäckstück zum Düsseldorfer Flughafen chauffieren, bestieg eine Direktmaschine nach Rio und war schlicht verschwunden. Nach Tagen tauchte er dann in Acapulco auf. Das Ticket erster Klasse hatte er per Telefon gebucht. Und zwar aus einer Telefonzelle. So Dinger zieht er dauernd ab, er entzieht sich jeder Kontrolle. Er hat es in Neapel fertiggebracht, ein Wasserflugzeug zu besteigen und sich direkt nach Gibraltar fliegen zu lassen. Die Beschatter haben nicht herausfinden können, wie er an diese Chartermaschine gekommen ist.«
    »Hat er denn keine Feinde?« fragte ich.
    »Doch, hat er«, bestätigte Dinah. »Hat er. Aber das sind gute Bürger, niemand aus dem Milieu. Zum Beispiel gibt es eine Arztfamilie aus Amsterdam, deren achtzehnjährige Tochter er verführte und auf den Strich trieb. Zumindest behauptet das die Familie.«
    »Ich habe die Adresse«, ergänzte Rodenstock. »Und wenn du mich fragst, sollten wir sofort dort anrufen, hier bezahlen und uns auf den Weg machen. Amsterdam ist eine schöne Stadt, eine der schönsten in Europa.«
    »Und es gibt dort jede Menge Sünde!« murmelte Dinah.

SIEBTES KAPITEL
    Es wurde schon wieder dunkel, als wir am Flughafen Schiphol vorbeizogen und auf dem Zubringer aus Den Haag in die Stadt fuhren. Wir querten die Singelgracht, rollten an der Leidsegracht entlang ins Zentrum. Die Arztfamilie wohnte hochfeudal an der Kalverstraat, der großen Fußgängerzone im Zentrum, einen Steinwurf nur vom königlichen Palast entfernt.
    »Ich möchte aber vorher schlafen«, sagte Rodenstock.
    »Kein Problem«, sicherte ich ihm zu.
    Das Hotel hieß The Tulip; es war untergebracht in einem alten Kontorhaus. Wir bekamen anstandslos Zimmer, und während Dinah unter der Dusche stand und laut singend ihre Ankunft in Amsterdam zelebrierte, rief ich den Arzt an, sagte, wir seien vorhanden und ob die Möglichkeit bestehe, ihn am nächsten Morgen um neun Uhr zu treffen.
    »Kommen Sie, ich freue mich«, meinte er nur.
    »Gehen wir denn heute abend ins Rotlichtviertel?« fragte Dinah unternehmungslustig.
    »Wir könnten das in Erwägung ziehen, falls du damit einverstanden bist, wenigstens ein Kleidungsstück an deinem Körper unterzubringen.«
    »Das schaffe ich schon irgendwie«, grinste sie.
    Der Abend wurde ein etwas langgezogener Reinfall, weil Amsterdam zwar durchaus auf der Höhe modernster Laster ist, in der sehr intimen, dichtbesetzten Schwulenbar, die uns der Hotelportier dringend empfohlen hatte, Rodenstock jedoch das große Gähnen überkam. Zehn Minuten später gähnte ich zum ersten Mal, weitere vier Minuten später Dinah. Wir kamen überein, daß die Sünden Amsterdams auch nicht das Gelbe vom Ei seien, und ließen uns von einem Taxi ins Hotel verfrachten.
    Mit den Worten »es waren wirklich ganz reizende Tunten« rannte Rodenstock an dem Portier vorbei und verschwand.
    »Wir sind ja hoffnungslos spießig«, knurrte Dinah und gähnte wieder.
    Wenn ich mich recht erinnere, schlief ich zehn Minuten später schon. Ich wurde nur einmal in der Nacht vom Rauschen des Fernsehers wach. Dinah hatte sich auf das Sofa gelegt und dort ihrem Gähnen nachgegeben.
    Nach dem Frühstück gingen wir dann in die Fußgängerzone. Der Weg führte uns durch eine kleine exklusive Ladenpassage in einen Innenhof, dann ging es mit einem Lift in das vierte Geschoß.
    Ein kleiner, sehr kugeliger Mann öffnete uns und sagte erfreut: »Aha, die Delegation aus Deutschland. Mein Name ist Kerk.«
    Komisch, dachte ich, es gibt Zehntausende von Niederländern, die ein passables Deutsch reden, aber ich kenne kaum Deutsche, die das Niederländische beherrschen. Wir stellten uns vor, und der Arzt bat uns in einen großen Wohnraum, in dem eine silberhaarige, füllige Frau vor einem Kaminfeuer hockte und uns entgegenlächelte. »Meine Frau«, sagte er überflüssigerweise.
    Dann gab es einige Verlegenheitsmomente, weil wir nicht recht wußten, wie wir das heikle Thema angehen sollten. Schließlich begann ich: »Wir sind wegen Jörn van

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