Eifel-Schnee
bezahlte sehr viel Geld, um etwas über van Straaten zu erfahren. Der Detektiv leistete gute Arbeit, aber er konnte uns nicht helfen. Vielleicht kann er Ihnen helfen?«
»Wo ist er?« fragte Rodenstock schnell.
»Er kommt gleich«, sagte Tinas Mutter. »Wir haben ihm Nachricht gegeben, daß Sie hier sind.«
»Das ist irre«, sagte Dinah.
Eine junge Frau in einem blauen Kittel mit weißem Häubchen erschien, die einen Servierwagen vor sich herschob. Es gab einen typischen holländischen Imbiß, der vom Umfang her eine Kompanie Bundeswehr satt über den Winter gebracht hätte.
»Das wäre doch nun wirklich nicht nötig gewesen«, seufzte Dinah und schlug zu, als sei ihr Konfirmationsessen das letzte gewesen.
»Kriegst du etwa ein Kind?« flüsterte ich.
»Traurige Geschichten machen mich immer hungrig«, murmelte sie. »Sei ruhig und iß!«
Der Detektiv erwies sich als ein junger Mann namens Paul. Er mochte etwa 25 Jahre alt sein und schien ein Nervenbündel zu sein. Um seinen Mund zuckte es dauernd, er konnte seine Hände nicht ruhig halten, sein rechtes Bein zitterte unentwegt. Hinzu kam, daß er langes, schwarzes Haar trug, Sorte nie gekämmt. Sie glänzten, als habe er sie mit Schuhwichse gepflegt. Ungeheuer lässig sagte er: »Also, ich weiß nicht, ob ich Ihnen helfen kann, aber falls ich das kann, sollten Sie in Erwägung ziehen, mich zu bezahlen.« Dabei zuckte sein Mund, und der Rhythmus seines zittrigen Beines veränderte sich leicht.
»Wir bezahlen«, nickte Rodenstock. »Heißt das, Sie sind auf Nachrichten aus Drogenland gestoßen?«
»Das heißt es«, grinste er.
»Dann legen Sie mal los«, forderte Dinah.
»Hm«, begann er. »Das Ehepaar Kerk hat Ihnen erzählt, daß ich in der Sache mit ihrer Tochter wenig tun konnte. Tatsächlich habe ich diesbezüglich gar nichts erreicht. Aber ich wurde dauernd darauf aufmerksam gemacht, daß van Straaten angeblich etwas mit Drogen zu tun hatte. Und dann wurde es interessant. Ein Informant der Polizei steckte mir, daß es ein Sonderkommando gebe, das fast ausschließlich auf van Straaten angesetzt sei. Es war mir klar, daß die Beamten mir keine Auskunft geben würden. Auf der anderen Seite ärgerte mich dieser van Straaten.« Paul wurde zum erstenmal unsicher, um seinen Mund zuckte es nicht mehr, und sein rechtes Bein hörte auf zu zittern. »Ich bin nach s'Hertogenbosch gefahren. Ich wollte seinen Antik-Laden sehen, ich wollte wissen, wie er lebt, was er tagsüber tut und so weiter. Schräg gegenüber in der Verwersstraat ist ein Kiosk, Zeitungen, Zeitschriften, Süßigkeiten. Der Besitzer erlaubte mir, eine Kamera von einem Zimmer im ersten Stock auf den Laden einzustellen. Ich blieb dort fünf Tage und fotografierte von morgens um neun Uhr, wenn van Straaten den Laden öffnete, bis gegen 18 Uhr, wenn er ihn schloß. Ich fotografierte jeden Menschen, der zu ihm ging.«
»Sind es viele Fotos geworden?« fragte Rodenstock.
»Ja«, nickte er. »Insgesamt einhundertundzwölf.«
»Kann man die sehen?« bat Dinah.
Der Detektiv lächelte plötzlich siegesgewiß. »Können wir vereinbaren, daß Sie mir fünfhundert holländische Gulden für alle diese Fotos bezahlen? Sie sollen sie allerdings nur bezahlen, wenn Sie bekannte Gesichter entdecken. Einverstanden?«
Er griff nach einer Ledermappe neben seinem Sessel, nahm eine Klarsichthülle heraus, die mit Schwarzweißfotos gefüllt war, und sagte: »Bitte sehr!«
Die meisten der Besucher des Jörn van Straaten sahen wir natürlich zum erstenmal, und zudem waren die meisten wohl durchaus normale Kunden. Aber drei von ihnen kannten wir bestens. Der eine war Ole, die andere Betty und der dritte der Kriminalbeamte aus Daun, Dieter Kremers.
»Ich möchte bezahlen«, sagte ich.
»Das ist sehr gut«, freute sich Paul. »Mir reicht ein Scheck. Auf der Rückseite der Fotos steht jeweils das Datum und die Uhrzeit. Ich hoffe, Sie sind zufrieden mit mir.«
Wir versicherten ihm, ihn für alle Zeit unseres Lebens von Herzen zu lieben, und verabschiedeten uns postwendend.
»Ich fahre uns nach Hause«, sagte ich draußen.
»Ich wollte doch endlich mal in einen Puff«, klagte Dinah.
»Bleib ein anständiges Kind«, mahnte Rodenstock. »Du lieber Himmel, der Kremers war bei van Straaten. Das muß man sich auf der Zunge zergehen lassen. Halt an der nächsten Telefonzelle, Baumeister. Ich muß Emma anrufen, sie muß uns noch einmal helfen. Und fahr nicht in die Eifel, sondern so schnell wie möglich zurück nach
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