Eifel-Schnee
sie sieht?«
»Das kommt drauf an. Hat er die Zeitung vorher gelesen, wird der Schock nicht allzu groß sein. Auf jeden Fall wird er denken, er leidet unter Halluzinationen. Erst dann wird er überlegen, was er unternehmen kann.«
»Glaubst du, er wird sie töten wollen?« fragte er.
»Ich denke ja«, nickte ich. »Eigentlich muß er es sogar, denn Betty ist lebensgefährlich für ihn. Sie weiß zuviel, sie weiß viel zuviel.«
»Dann schickt er also einen Mann, um das erledigen zu lassen«, murmelte er.
»Das ist reine Spekulation. Vielleicht versucht er es diesmal persönlich.«
Ich wich einem Eichhörnchen aus, das wie ein schmaler Schatten über den festgefahrenen Schnee jagte.
»Ich denke, die schlafen im Winter«, sagte Rodenstock.
»Es ist eben kein Verlaß mehr«, erwiderte ich. »Auf nichts.«
»Was ist, wenn dieser Jimmy Muffensausen bekommt und Kremers anruft?«
»Das Risiko müssen wir eingehen, wir haben gar keine Wahl.«
Wenig später fragte Rodenstock: »Glaubst du, daß van Straaten den Mord richtig geplant hat?«
»Sicher hat er das. Jimmy sagt, er ist von van Straaten eine Woche vor Weihnachten gewissermaßen fest angestellt worden. Wie das, wo Ole und Betty doch noch fest im Sattel saßen und eifrig Geschäfte machten. Es war einer dieser Fehler, den der Beste macht. Van Straaten hat Jimmy in den Markt geschickt, weil er wußte, daß Betty und Ole nicht mehr lange leben würden.«
»Ja, ja«, antwortete er gedehnt. »Glaubst du, du könntest den Trauzeugen machen?« wechselte er dann das Thema.
»Oh ja, mit Vergnügen.«
Von der Rückbank kam Emmas Stimme. »Das ist aber eine erfreuliche Nachricht, Rodenstock. Aber hättest du nicht besser mich gefragt, ob ich dich überhaupt heiraten will?«
»Oh nein!« brüllte Rodenstock. »Das ist ja schlimmer als Ohnsorg-Theater!« Gegen das anschließende Gelächter konnte er sich nicht wehren. Anfangs war er richtig sauer, dann verzog sich sein Mund, wurde breit und breiter. Schließlich gluckste er und hieb sich begeistert auf die Schenkel. »Wir werden es der Welt schon zeigen, Weib!«
»Und wie!« pflichtete sie ihm bei.
»Herzlichen Glückwunsch«, gähnte Monika.
»Sehr schön!« hauchte Dinah innig.
In Höhe Monschau schlief meine gesamte Belegschaft bereits wieder und sortierte erst die Knochen, als ich die letzten Kilometer am Rand von Aachen entlangfuhr, um die Autobahn Richtung Holland zu erwischen. Dinah löste mich ab, ich hockte mich zwischen Emma und Monika und döste sofort ein.
Als ich aufwachte, hatte Dinah die Autobahn verlassen und fuhr sehr schnell auf einer Schnellstraße in die Innenstadt von s'Hertogenbosch. Emma übernahm selbstverständlich das Kommando. »Also: Meine Leute stehen so um die Verwersstraat, so daß van Straaten nicht entkommen kann, falls wir das wollen. Aber das wollen wir ja eigentlich nicht. Wir wollen, daß er dich sieht, Monika. Du kommst also vom Kirchplatz hoch und biegst dann nach rechts in die Straße ein. Du gehst bitte normal, eher langsam als schnell. Du bleibst vor seinem Geschäft stehen. In zwei Häusern gegenüber habe ich ebenfalls Männer und Frauen postiert. Du brauchst also nicht die geringste Furcht zu haben. Wir werden alles filmen und fotografieren. Wir fahren jetzt zuerst ins Präsidium und bringen die Kabel an, die Kamera und all den Schnickschnack ...«
Sie sprach noch gute fünf Minuten weiter, gab sehr ins Detail gehende Verhaltensmaßregeln und schaffte es, daß Monika nicht über Gebühr zittrig war.
Im Präsidium wurde die junge Frau mit all dem Equipment versorgt, das sie brauchte. Dann gingen wir alle auf unsere Posten, das heißt, Rodenstock, Dinah und ich stellten uns in die Einmündung einer Straße etwa hundert Meter vom Antik-Laden entfernt. So hatten wir einen hervorragenden Logenplatz.
»Lieber Gott, hilf ihr«, hauchte Dinah atemlos.
Jetzt kam im dunstigen Licht der schmalen, uralten Straße eine junge Frau in Rollkragenpullover und Jeans, in Westernstiefeln und Parka herangeschlendert, und es war mir bewußt, daß wir nicht annähernd alle Risiken hatten ausschalten können, daß jede Form von Überraschung möglich war bis hin zu einem schnellen Tod. Wer wollte denn behaupten, daß dieser Jörn van Straaten sich so sehr in der Gewalt hatte, daß er nicht hinging und Monika Sekunden nach dem ersten Begreifen erschoß – einfach so, sicher ist sicher.
»Lieber Himmel!« flüsterte Rodenstock.
»Geh nie auf dem Bürgersteig«, hatte Emma ihr
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