Eifel-Träume
Küche einen eingießen.«
Sie verschwand, und als sie wieder auftauchte, fragte sie:
»Was ist mit dem Mädchen passiert?«
»Das weiß noch niemand genau. Sie wurde mit einem Stein erschlagen und möglicherweise missbraucht.«
»Und für wen recherchierst du das?«
»Für die Hamburger. Setz dich doch.«
»Ich hätte niemals gedacht, dass so etwas auch am Arsch der Welt passiert.«
»Hier passiert alles. Hast du gut geschlafen?«
»Ich habe blödes Zeug geträumt und bin dauernd wach geworden. Und jedes Mal lief der Film weiter. Da, auf der Terrasse, ist das deine Katze?«
»Ja. Ein kastrierter Kater namens Satchmo. Ein netter Kerl. Dann gibt es noch einen Hund, der Cisco heißt und im Moment im Nachbardorf ist. Bei Freunden.«
»Hast du viele Freunde?«
»Was heißt viele? Zehn vielleicht, vielleicht zwölf. Ich bin hier zu Hause. Weißt du noch, was du geträumt hast?«
»Irgendetwas Wirres.« Sie schwieg eine Weile und setzte dann hinzu: »Sag mal, hast du Mami eigentlich betrogen?«
In reiner Verlegenheit wurde sie hektisch. »Das geht mich natürlich eigentlich nichts an, aber ich möchte es gern wissen, weil …«
»Ja«, sagte ich. »Habe ich.«
Sie war verwirrt und wusste nichts zu erwidern. Sie hielt die Kaffeetasse lange an ihre Lippen, ohne zu trinken.
»Wusste Mami davon?«
»Keine Ahnung. Aber unsere Beziehung war längst kaputt. Meist hat sie Migräne gekriegt und geschwiegen. Sie war damals eine perfekte Verdrängerin.«
Clarissa atmete etwas schneller. »Waren das … also hattest du eine richtige … Liebesgeschichte mit einer anderen Frau?«
»Nein. Ich nehme an, ich war einsam … beziehungsweise habe mich einsam gefühlt. Und ich war jemand, der sich bei einer Frau verkroch. Niemand nennt so etwas Liebe.«
»Aber, ich meine … Also, ich meine, Mami muss doch gemerkt haben, dass da was lief.«
»Das ist durchaus möglich, dass sie etwas gemerkt hat. Auf jeden Fall hat sie mit mir nicht darüber geredet.«
»Das ist komisch …«
»Komisch nicht. Tragisch ist das.« Ich dachte: Wir lernen, miteinander zu reden. Das ist ein guter Anfang.
Sie lief mit ihrem Kaffee hinaus auf die Terrasse, stellte die Tasse ab und beugte sich zu Satchmo hinunter, um ihn zu streicheln.
»Wäre es nicht besser gewesen, ihr hättet miteinander gesprochen?«
»Sicher. Aber das passierte eben nicht. Sie suchte eine Wohnung für euch zwei und schrieb mir einen Brief. Einen Satz: Ich nehme mir mit Clarissa eine kleine Wohnung. Kein Wort von Scheidung. Aber sie ließ sich scheiden und sie sprach vorher kein Wort mit mir und nachher auch nicht.«
»Das kann doch wohl nicht sein!«, sagte Clarissa heftig und mit sehr viel Wut in der Stimme.
Sie richtete sich auf und lehnte sich an den Türrahmen.
»Wenn man euch beiden so zuhört, ist man schnell der Meinung, ihr redet von Menschen, die ich nicht kenne.«
»Ja, das wird es sein. Ich kann verstehen, dass du so denkst. Aber wir sollten an dieser Stelle aufhören, wenn du einverstanden bist.«
»Ja, klar«, nickte sie schnell. »Du musst ja wohl auch arbeiten.«
»Nein, das ist es nicht. Ich will nur vermeiden, dass wir uns anbrüllen.«
»Ja«, sagte sie wieder. Dann marschierte sie mit der Tasse in den Garten und starrte in den Teich.
Ich ging hinauf ins Badezimmer und schaufelte mir kaltes Wasser ins Gesicht. Das tat gut. Ich dachte: Sie wird noch viel schlucken müssen und ich muss versuchen, es zu dosieren. Und: Ich mag sie sehr.
Als ich wieder herunterkam, sprang mir Cisco entgegen und benahm sich, als sei er monatelang weg gewesen. Ich gab ihm etwas zu fressen, obwohl ich mir sicher war, dass er schon von Emma etwas bekommen hatte. Aber was tut man nicht alles für die Familie.
Clarissa konnte ich nicht mehr entdecken, daher schrieb ich auf einen Zettel: Bin weg. Im Eisschrank ist alles, was du brauchst.
Ich musste zwei Dinge erledigen. Ich wollte wissen, ob Benecke am Tatort schon etwas entdeckt hatte. Und ich musste Tante Anni im Dauner Krankenhaus besuchen, damit sie nicht auf die Idee kam, sie sei allein.
Ich entschied mich zunächst für den Kriminalbiologen.
Für den Weg ließ ich mir Zeit und fuhr gemächlich. In Heyroth flog ein Milanpärchen in der Luft und im Tal des Ahrbachs auf Niederehe zu hing ein Turmfalke rüttelnd in der Sonne. Ein Graureiher stand im Flachwasser des Baches, ein zweiter kam angesegelt. Die Welt war sehr gelassen und achtete nicht auf die Aufgeregtheit der Menschen.
Ich parkte wieder auf der Wiese
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