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Eifel-Träume

Eifel-Träume

Titel: Eifel-Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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vor dem Busch. Ein Streifenwagen stand schon oder immer noch dort, der Polizist war ein anderer.
    »Hier gibt es nichts Neues«, sagte er barsch.
    »Ja, ja, guten Morgen. Ich will Doktor Benecke etwas fragen.«
    »Der Mann darf nicht gestört werden.«
    »Ich störe ihn doch gar nicht.«
    »Woher wollen Sie das denn wissen?«, fragte er angriffslustig.
    »Mark!«, schrie ich. »Bekomme ich zehn Minuten?«
    Der Polizist funkelte mich stinksauer an.
    »Klar bekommst du die«, sagte der Wissenschaftler gemütlich und trat unter den Bäumen hervor. »Grüß dich, Siggi.«
    Ich ging zu ihm hin. »Guten Morgen. Ich will wissen, wie weit du gekommen bist.«
    »Du darfst das aber noch nicht verwenden.«
    »Das will ich auch gar nicht. So weit bin ich noch lange nicht. Zu viele lose Enden, kein Täter, hundert Leute, die ich noch befragen muss.«
    Er sah wie immer stark nach Arbeit aus. Sein Blaumann war vollkommen verdreckt, die Gummistiefel waren verschmiert, in seinem Gesicht Schmutzstreifen und seine hellen Gummihandschuhe sahen so aus, als hätte er damit in einer Güllepfütze herumgemanscht.
    »Ich will es nur wissen«, bekräftigte ich. »Sonst stelle ich im Städtchen die falschen Fragen.«
    »Okay«, nickte er sachlich. »Ich kann dir schon verraten, dass sie an der Stelle getötet wurde, wo man sie fand. Und ich kann sagen, dass der Täter höchstwahrscheinlich kniete, als er sie mit dem Stein erschlug.«

DRITTES KAPITEL
    Ich wusste, dass er immer sehr vorsichtig war, was die Aspekte seiner Arbeit betraf. Und ich wusste auch, dass er nie leichtfertig etwas sagte, nichts, was seinen Fall möglicherweise in ein unklares Licht rückte. Wenn er zu dem Schluss gekommen war, dass der Mörder kniete, als er tötete, konnte man davon ausgehen, dass das stimmte.
    »Wieso kniete er? Ich meine, woher weißt du das?«
    »Aus der Anordnung und der Art der Blutspritzer«, antwortete er.
    »Und wahrscheinlich weißt du auch, wie groß der Mörder ist.« Das sollte spöttisch klingen, aber ich wusste in der gleichen Sekunde, dass ich mir die Frage hätte sparen können.
    »Ich vermute, knapp unter eins siebzig.« Ein Grinsen überzog sein vor Erschöpfung bleiches Gesicht. Resolut zerrte er die weißen, dreckbesudelten Gummihandschuhe von seinen Händen und ließ sie achtlos fallen. »Aber im Moment kann ich nur über Spuren sprechen, die in eine bestimmte Richtung deuten. Ob mir später das Gericht folgen wird, ist eine ganz andere Sache.« Sein Tonfall wurde behutsam. »Kanntest du die Tote?«
    »Nein.«
    »Ihre Familie?«
    »Auch nicht.«
    »Ich frage, weil ich hier nur die Wahrheit suche und weil ich mir nicht vorstellen will, wie das Mädchen gelitten hat, wie sie voller Angst war, wie sie möglicherweise gefleht hat. Das alles darf mich nicht interessieren. Ich muss als Wissenschaftler psychisch immun sein. Das ist der Idealfall, den ich ständig zu erreichen versuche. Du weißt, was ich meine. Und meine Frage läuft einfach darauf hinaus, ob auch du diese Wahrheiten ertragen kannst.«
    »Ich denke, ja«, sagte ich forsch.
    Er lächelte leicht skeptisch. »Na ja, dann versuche ich, dir die Sache zu erklären. Aber dazu brauche ich eines der Fotos.« Er verschwand für einige Sekunden unter seinen Zeltplanen und kehrte mit einem der Schwarz-Weiß-Fotos zurück, die Kischkewitz ihm gebracht hatte.
    Es war eine Aufnahme, die Annegret in einer Totalen zeigte, wie sie in der Erdfalte gelegen hatte.
    Benecke fuhr fort: »Lass uns also sachlich bleiben. Du siehst auf diesem Foto unmittelbar rechts neben ihrem Gesicht einen etwa zwanzig Zentimeter langen dürren Ast. Und links neben ihrem Hals einen größeren Erdklumpen von etwa drei Zentimeter Durchmesser, der an der einen Seite spitz zuläuft. Das sind sozusagen meine Landmarken, denn als ich ankam, hatten sie die Tote ja schon weggeschafft. Du weißt, wie dieses Wegschaffen aussah. Die Beerdigungsunternehmer haben sie in den Metallsarg gelegt und einer der beiden ist auf die Idee gekommen, sie auf einem Stahltisch abzuduschen. Zunächst war es also wichtig, vom kriminalbiologischen Standpunkt aus die Leiche zu sichern. Sie befand sich in der Rechtsmedizin in Mainz. Ich habe meine Assistentin dorthin gejagt. Sie sollte verhindern, dass die Rechtsmediziner die Leiche zu sezieren begannen. Nicht weil ich den Leuten misstraue, sondern weil ich weiß, dass sie dabei möglicherweise Spuren zerstören, die ich brauche, weil ich die gleichen Spuren auch hier in dem Wäldchen finden

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