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Eifel-Wasser

Eifel-Wasser

Titel: Eifel-Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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Und sie sprachen wenig miteinander. Ich weiß, dass das Vater Breidenbach großen Kummer machte. Er unterhielt sich mal mit mir darüber.« Sie zuckte die Achseln. »Sehr viele meiner Gäste reden mit mir über ihre Probleme. Das hat hier beste Tradition. Breidenbach erzählte mir traurig, dass er eigentlich seinen Sohn mit hierher genommen habe, um mit ihm über seine, na ja, seine sexuellen Befreiungen zu sprechen. Aber der Sohn wollte nichts davon hören, der Sohn hielt sich abseits. Ein paarmal brachte er ein holländisches Mädchen hierher und verbrachte die Nacht mit ihm. Eines Morgens schimpfte der Vater, das gehe zu weit. Zufällig bekam ich das mit. Heiner antwortete: Halt die Schnauze! Gerade du solltest die Schnauze halten! Das ist doch sehr deutlich, oder?«
    »Und wie verhielt sich Holger Schwed?«
    »Holger? Oh, ein netter Junge. Nun, Holger wollte mit Vater Breidenbach hier leben. Da oben in dem neuen Haus. Holger sagte, Heiner müsse selbst entscheiden, ob er sein Freund bleiben könnte.«
    »Ich habe noch eine Frage«, sagte ich, »und dann gehen wir erst einmal. Wahrscheinlich hat Breidenbach eine große Geldsumme bei sich gehabt. Haben Sie eine Idee, wo er das Geld versteckt haben könnte?«
    »Oh!«, machte sie mit spitzen Mund, zündete sich erneut eine Zigarette an, trank von ihrem Wein. »Breidenbach hatte hier einen Spitznamen. Wir nannten ihn Brother Cash.« Sie lachte in tiefen kehligen Lauten. »Er bezahlte alles bar, jeden Handwerker, und ging dauernd Geld wechseln, unten an der Hauptstraße. Aber wo er Geld versteckt haben könnte, weiß ich nicht. Wollen Sie nicht zum Abendessen kommen? So gegen neun?« Sie kicherte und murmelte: »Geld verstecken! Geld verstecken!«
    Wir nahmen ihre Einladung dankend an und gingen zu unserer Herberge. Dort packten wir die Reisetaschen aus und stiegen heroisch unter die kalte Dusche, die allerdings äußerst erfrischend war.
    »Willst du den Ort besichtigen?«, fragte ich.
    »Nein. Ich will diesen einfachen Raum genießen, auf dem Bett liegen und davon träumen, den ganzen Sommer hier zu verbringen.«
    »Das ist bescheiden«, sagte ich. »Darf ich dabei neben dir liegen?«
    »Ja. Aber nur, wenn keine Übergriffe erfolgen.«
    »Keine Übergriffe«, versprach ich.
    Nach derartig dämlichen Versprechungen fragt man sich immer, weshalb man dafür Atem verschwendet hat.
    Vera lag rauchend neben mir und starrte gegen die Decke, nur bekleidet mit ihrer Haut. »Was glaubst du, Baumeister?«
    »Was meinst du?«
    »Na ja, was denkst du über den Sohn?«
    »Er muss gänzlich hilflos gewesen sein.«
    »Viel schlimmer«, ergänzte sie. »Er muss gewusst haben, dass die Welt der Familie Breidenbach wie eine Bombe explodiert. Ich frage mich, wieso er sich zu dieser Reise überreden ließ. Dieser Trip muss für ihn nichts als eine über Wochen dauernde Erniedrigung gewesen sein.«
    »Vielleicht glaubte er, noch etwas retten zu können. Vielleicht hoffte er, sein Vater und Schwed würden sich verkrachen und sich dann trennen. Ich weiß nicht. Vielleicht hat er sogar mit dem wahnwitzigen Gedanken gespielt, seinen besten Freund Holger Schwed von einem Felsen zu stürzen oder im Meer zu ersäufen. Oder gar beide zu töten.«
    Sie wälzte sich sehr schnell zu mir herum. »Glaubst du, dass du immer mit mir leben kannst? Auch wenn ich manchmal ein Biest bin?«
    »Ich bin der Meinung, wir sollten es versuchen«, antwortete ich.
    Das war das Aus sämtlicher dämlicher Versprechungen. Und es war die einzige Möglichkeit, uns vor dem zu schützen, was wir entfernt aufschimmern sahen, ohne ein Wort darüber zu verlieren.
    Um sieben Uhr kleideten wir uns an, setzten uns in unsere gemietete Nuckelpinne und rauschten zu Tal nach Makrigialos, um das Meer aus der Nähe zu sehen.
    Der Ort zog sich mehr als drei Kilometer in die Länge und bestand im Wesentlichen aus einer wilden Aneinanderreihung höchst verschiedener Häuser, von denen eine Menge im Rohbau stecken geblieben waren und möglicherweise erst von den Enkeln zu Ende gebaut werden würden – oder nie. Der Hafen, klein, unbedeutend und sehr malerisch, war genauso Badeplatz wie der kiesige Strand von Ost bis West.
    Es gab ein gewaltiges Hotel mit den Ankündigungen sämtlicher Spaßmöglichkeiten, die Menschen heute geboten werden müssen. Es war voll mit Holländern, Schweden und Engländern, die allesamt einen etwas verbiesterten Eindruck machten, als sei Urlaub ein Problem, das man schnell hinter sich bringen muss – mit

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