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Eifel-Wasser

Eifel-Wasser

Titel: Eifel-Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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und Holger Schwed sind tot. Ein wirklich schlimmes Fiasko. Ich habe mich dabei erwischt, dass ich es nicht glauben will. Vermutlich sind Sie daran interessiert zu erfahren, wie die Stimmung hier war.« Sie schaute uns nicht an, sie erwartete keine Zustimmung. »Aber, bitte, nehmen Sie doch.«
    Sie selbst nahm nichts, hatte nicht einmal einen Teller vor sich stehen, rauchte nur unentwegt Zigaretten der Marke Silk.
    »Ich habe dieses Dorf vor vielen, vielen Jahren gekauft und wieder aufgebaut. Auch heute noch ist es ein kraftvoller Ort, ein seltener Ort. Hier sind die zu Hause, die sich nicht jeder Regel beugen, die noch nachdenken. Sie nennen sie im Deutschen Aussteiger oder Unangepasste. Ich bin selbst so. Wir Griechen haben unliebsame Erfahrungen mit Touristen gemacht. Einige Inseln bei uns genossen und genießen den Ruf, reine Herbergen für Homosexuelle oder Lesben zu sein. Natürlich ist das Quatsch, denn die Zahl der so genannten Normalen überwiegt. Jedenfalls habe ich Erfahrung mit Männern wie Breidenbach und Schwed. Breidenbach selbst kam seit sechs Jahren jedes Jahr. Manchmal sogar zwei- oder gar dreimal. Er war hier zu Hause. Schon sehr früh, so vor vier Jahren, sagte er zu mir: Aleca, hier könnte ich mein Leben leben und beschließen. Das höre ich von vielen, aber bei ihm war es angestrebte Realität. Er mietete immer dasselbe Haus, und in diesem Jahr hat er das Haus gleich für das ganze Jahr gemietet, weil er nicht wusste, wann er zurückkehren würde. Er war absolut kein Typ, der Frauen oder Männer anbaggerte, wie Sie das so nennen. Als er mit Schwed hier auftauchte, dachte ich gleich: Das gibt Ärger! Ich meine nicht Ärger für mich, sondern Ärger für seine Familie. Unzweideutig liebten sich die beiden. Im Prinzip halte ich das immer für erfreulich, ganz gleich, wer von der Liebe erwischt wird. Aber Breidenbach war sehr konservativ, ein deutscher Beamter. Und von seiner Familie, seiner Frau und den Kindern, hatte er mir oft erzählt. Meistens übrigens positiv. Jetzt war da ein Geliebter und es war der Sohn dabei. Ich wusste instinktiv, dass es in einer Tragödie enden musste ...«
    »Warum Tragödie?«, unterbrach Vera.
    Sie lächelte. »Nun ja, es gibt Schwule, die immer schon schwul waren. Das ist normal und ihr Leben verläuft im Grunde auch schrecklich normal. Dann aber gibt es Typen wie Breidenbach, die ihre Homosexualität sehr spät entdecken und die damit natürlich ihre Familie zerstören. Zur Tragödie kommt es aber vor allem dadurch, dass diese gealterten Homosexuellen sich oft junge Geliebte suchen. Und diese jungen Geliebten gehen eines Tages, sie gehen einfach fort. Und ich denke, Holger Schwed war so ein Typ. Er wäre eines Tages weggegangen und hätte Breidenbach in großer Einsamkeit zurückgelassen. Das war das, was ich sah.«
    »Wie verbrachten sie nun ihre Tage?«, fragte ich.
    Sie überlegte. »Wenig abwechslungsreich«, antwortete sie dann. »Der Sohn lebte sein eigenes Leben. Er hatte ein eigenes Haus, war nie mit seinem Vater zusammen, der mit Schwed in einem anderen Haus wohnte. Da waren gewaltige Spannungen. Der Sohn fuhr morgens hinunter zum Strand und kam selten vor dem späten Abend zurück. Der Vater und Schwed frühstückten auf der Terrasse und machten sich dann zu Fuß auf den Weg den Fluss hinauf, der jetzt um diese Jahreszeit trockengefallen ist. Die beiden marschierten meistens hinauf nach Pefki. Wenn Sie den Fluss hinaufschauen, sehen Sie dort oben, viele Kilometer entfernt, eine schneeweiße Kirche auf einer Bergspitze. Das ist die Kirche von Pefki. Jeden Tag gingen Breidenbach und Schwed das Flusstal hinauf und wanderten dann nach links oder rechts in die Berge. Abends kamen sie wieder, hockten auf ihrer Terrasse, tranken Wein. Und fünfzig Meter weiter hockte der Sohn und tat das Gleiche.«
    »Das ist ja furchtbar«, murmelte Vera.
    Aleca schien das deutsche Wort zu kennen und nickte lebhaft. »Furchtbar«, wiederholte sie.
    »Hat es irgendein Ereignis gegeben, das Sie besonders im Gedächtnis behalten haben?«, fragte ich weiter.
    »Nein«, sagte sie. »Nein, so etwas gab es nicht. Außer natürlich mit diesem Mann hier.« Sie griff in unser reichhaltiges Fotoarchiv und zog ein Bild von Abi Schwanitz heraus. »Der Mann kam hier an, wohnte aber nicht hier. Er hatte ein Zimmer unten in Makrigialos. Er kam hier herauf, trödelte herum und versuchte ganz offen mit jedem von den dreien in Kontakt zu kommen. Ich habe von den Gesprächen nichts verstanden,

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