Eifel-Wasser
Küste entlang und schwiegen uns gründlich aus. Hätte uns in diesem Moment jemand begeistert erzählt, dass Kreta die Insel des unendlichen Vergnügens wäre, wir hätten ihm wahrscheinlich beide eine gelangt.
Die Straße wand sich landeinwärts auf Neapoli zu, und als ich einen Feldweg bemerkte, hinter dem ein dunkelgrünes Gehölz aufragte, beschloss ich zu halten und griechische Erde zu küssen.
»Ich habe die Nase voll«, erklärte ich. »Lass uns eine Weile rasten.«
Wir nahmen auf einem Flecken verdorrtem Gras Platz und überließen uns ganz allmählich und genussvoll unserer Müdigkeit.
Ich wurde wach, weil die Sonne zu intensiv schien. Das Auto war weg, Vera auch. Mein Nasenrücken fühlte sich an wie frisch vom Grill.
Als Vera wieder herantuckerte, hatte sie in einem Korb einen Haufen Schätze: Weißbrot, Käse am Stück, eine Flasche Apfelsaft, eine Flasche Weißwein und ein Plastikschälchen voll Tsatsiki.
»Diese Insel ist toll«, schwärmte sie. »Sieh dich mal um!«
»Hast du einen feurigen Griechen gefunden?«
»Oh, mehrere. Wir sollten nicht allzu heftig nach dem Geld suchen, das lenkt zu sehr von den Schönheiten ab.«
»Das Geld hatte ich bereits wieder vergessen. Kriege ich jetzt ein Frühstück oder was das sein soll?«
Wir aßen etwas, packten den Rest ins Auto und machten uns wieder auf den Weg über die steinige Insel voller Olivenhaine, voller Farben und Hitze.
Ich dachte heiter: Die Götter müssen es gut mit uns meinen. Denn wir sind hier.
Von Agios Nikolaos ging es kurvenreich durch die Hügel bis Ierapetra, dann nach Osten bis Makrigialos. Das von uns gesuchte Dorf musste landeinwärts liegen. Aspros Potamos bedeutet so viel wie ›Weißer Fluss‹. Aber wir fanden keinen weißen Fluss, nur ein tief eingeschnittenes, trockenes enges Flusstal, das sich endlos und steil in die hochragenden Berge hineinzog, besetzt und teilweise zugewuchert von wunderschönen alten Bäumen, Oliven, Pinien, Pflaumen, Pfirsichen und einem großblättrigen Baum, dessen Namen ich nicht wusste. Ein Märchen am Rande des Mittelmeeres. Es kam mir so vor, als hätten wir die Tür zur lauten und übervölkerten Welt hinter uns geschlossen.
Vera murmelte: »Hoffentlich dauert es lange, bis wir das Geld finden.«
Ich starrte auf den weißen Fluss, in dem kein Tropfen Wasser war. »Stell dir vor, Breidenbach hat es irgendwo eingegraben. Dann finden wir es ohnehin nicht. Wir brauchen Hilfe. Wo ist wohl dieses Dorf?«
Glücklicherweise erschienen zwei junge Frauen, die braun gebrannt und schwitzend den asphaltlosen, staubigen Weg entlangspazierten, auf dem wir standen. Sie trugen Rucksäcke, derbes Schuhwerk, bunte Röcke und Blusen. Freundlich grüßten sie.
»Sorry«, sagte ich, »Fm looking for a small village called Aspros Potamos ...«
»Sie können ruhig deutsch sprechen«, sagte die Kleinere freundlich. »Aspros Potamos ist ein Dorf, das es eigentlich gar nicht mehr gibt.«
»Das fängt ja gut an«, murmelte Vera.
»Nicht verzagen«, mahnte die Größere. »Sie stehen direkt davor, man kann es wegen der Bäume nicht sehen. Ich vermute, Sie wollen zu Aleca.«
»Genau!«, sagte ich erfreut, obwohl ich mich nicht erinnerte, diesen Namen jemals gehört zu haben »Der gehört quasi das ganze Dorf«, erklärte die Kleinere. »Das klebt da am Hang. Zwölf viereckige Häuschen, sehen aus wie ockerfarbene Spielzeugklötze. Wenn Sie Gepäck dabeihaben, wird es allerdings ziemlich schwierig, die ganzen Treppen dort drüben hochzusteigen. Fahren Sie besser außen rum. Zurück auf die Hauptstraße, dann kommen Schilder.«
»Ich nehme die Treppen«, entschied Vera und verschwand hinter einem Felsen. Wie ich sie kannte, wähnte sie sich an ihrem Traumplatz, und die Million, die wir jagten, interessierte sie nur noch eingeschränkt.
Ich versuchte also, den Pudding zu umkreisen, verfuhr mich etwa achtmal und landete dann doch mit einem Erleichterungsseufzer auf einem Parkplatz, der so aussah, als könne er Alecas Parkplatz sein. Drei Vehikel parkten zwischen einem Moped und einem Motorrad, zwei kleine, uralte Kombis und ein Wägelchen ähnlich dem, das ich fuhr. Ich machte mich auf die Suche nach Vera und fand sie auf einer Steinmauer sitzend und geistesabwesend ins Tal schauend, an dessen fernem Horizont das Meer unnahbar und silbrig gleißend schimmerte.
»Breidenbach hatte Recht. Wenn man Geld genug hat, sollte man hier leben.«
»Hast du diese Aleca auf getan?«
»Ja. Sie hat eine Tochter namens Myrto,
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