Eifel-Wasser
sich neben seine Mutter. Er fragte freundlich, aber unmissverständlich: »Wer sind Sie eigentlich? Ich meine, was haben Sie damit zu tun?«
»Im Grunde gar nichts«, erklärte ich. »Mein Freund Rodenstock kannte Ihren Vater. Er las in der Zeitung von seinem Tod und es hat ihn sehr berührt. Zudem war er Kriminalrat, ist also auch fachlich interessiert. Ich selbst bin Journalist. Wir sind in den Steinbruch gefahren, weil uns interessierte, wie es zu dem Unglück kommen konnte.«
Julia kehrte zurück, goss dem Bruder und sich ein.
»Könnten Sie sich vorstellen, dass Ihr Vater ermordet wurde?«, fiel ich mit der Tür ins Haus.
»Wer sollte so etwas tun?«, fragte Heiner Breidenbach. Er schien unberührt, nicht im Geringsten überrascht.
»Das wissen wir nicht«, entgegnete Rodenstock freundlich. »Deshalb sind wir hier.«
Julia reagierte anders und erstaunte mich. »Ich habe schon darüber nachgedacht.«
»Warst du in dem Steinbruch?«, fragte ich.
»Nein. Mama meinte, das sei ... nein.«
»Ist Ihnen dort etwas aufgefallen?«, fragte Rodenstock Maria Breidenbach.
»Nein, nicht das Geringste. Ihnen denn?« Sie reagierte überraschend schnell.
»Es muss eine zweite Person dort gewesen sein. Diese Person war oben an der Steilwand, also gewissermaßen zwanzig Meter oberhalb Ihres Mannes.« Rodenstock fummelte an seiner Weste herum. »Darf ich rauchen?«
»Selbstverständlich«, sagte Maria Breidenbach, stand auf und holte einen Aschenbecher. »Da oben ist doch eigentlich nie jemand.«
»Richtig.« Ich wandte mich an Heiner: »Was ist mit Ihrem Freund Holger Schwed? Gab es jemanden, der etwas gegen ihn hatte? Und zwar so sehr, dass er ihn töten würde?«
»Das hat mich die Kriminalpolizei auch schon gefragt.
Heute Morgen, als sie hier waren.« Der junge Mann war immer noch gelassen. »Nein, Heiner hatte keine Feinde, das kann ich mir nicht vorstellen. Er war oft in Tinas kleiner Kneipe. Wenn er sich hier in der Gegend aufhielt fast jeden Abend. Er trank ein Bier, auch mal zwei, aber das war es dann auch schon. Nein, er hatte keine Feinde. Das wüsste ich.« Seine Hände machten eine schnelle Bewegung. »Wenn ich das richtig verstehe, dann konstruieren Sie einen Krimi, nicht wahr? Mein Vater ist tot, Holger ist tot ... Und Sie meinen, das hat etwas miteinander zu tun, oder?«
»Fragen wir einmal was anderes«, wich Rodenstock aus. »Hatte denn Ihr Mann Feinde und war irgendwie gefährdet?«
Sie sahen sich an. Der Sohn die Mutter, die Mutter ihre Tochter, die Tochter den Bruder.
»Nicht so richtig«, sagte Maria Breidenbach dann.
Einen Moment sprach keiner.
»Nicht so richtig?«, wiederholte Rodenstock. »Was heißt das?«
»Na ja«, murmelte die Mutter. »Es gab immer mal wieder Zoff. Zum Beispiel wegen der vielen alten Dorfbrunnen, die eigentlich durch Tiefbohrungen ersetzt werden müssten, weil sie nicht mehr allzu sauber sind. Da hat Franz-Josef schon mal Krach bekommen. Mit einem Ortsgemeinderat oder einem Verbandsgemeinderat.«
»Ja, oder mit so Typen wie Albert Schwanitz«, sagte Heiner Breidenbach schnell. »Das ist ein Arschloch!«
»Heiner!«, sagte seine Mutter vorwurfsvoll.
»Ach, Mami, er hat doch Recht!«, rief ihre Tochter wild. »Abi ist ein Arsch. Und ein echtes Messer.«
»Wie bitte?«, fragte ich.
»Ein Messer«, erklärte Heiner Breidenbach kühl. »Das heißt, er ist brutal.«
»Wer ist denn dieser, dieser ...«
»Albert Schwanitz«, gab die Mutter Auskunft. »Der gehört zu diesem Erben, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
»Ich verstehe gar nichts«, sagte ich verwirrt. »Kann mich jemand aufklären?«
Sie sahen sich wieder an, Mutter, Sohn und Tochter. Schließlich murmelte Heiner Breidenbach in Richtung seiner Mutter: »Du weißt am besten Bescheid. Erzähl du.«
Als sei sie verlegen, strich sie sich eine Haarsträhne aus der Stirn. »So viel weiß ich ja auch nicht ... Vater war ja nun nicht gerade gesprächig. Also, es gibt da Richtung Bad Bertrich auf die Mosel zu ein altes Brunnenfeld. Tiefbrunnen. Ganz früher, vor dem Ersten Weltkrieg, wurde dort Sprudel abgefüllt und verkauft. Irgendwann hörte das auf. Und das Land ist kürzlich wieder eine Generation weitergegeben worden. An einen Erben gefallen, der bisher mit der Eifel nichts zu tun hatte. Aus Frankfurt kommt der. Doch in den Schürfrechten steckt viel Geld. Der Erbe hat die Genehmigung bekommen, die Brunnen neu zu bohren. Doch, soweit ich weiß, haben die tiefer gebohrt, als sie durften. Und da hat mein
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