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Eifel-Wasser

Eifel-Wasser

Titel: Eifel-Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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Umgebung?«
    »In der Regel handelt es sich dort um Brunnen, die ans Grundwasser gehen. Sie sind etwa zehn bis fünfzehn Meter tief, je nach Grundwasserstand. Erst ab fünfzig Meter Tiefe wird ein Brunnen Tiefbrunnen genannt. Tiefbrunnen werden zunehmend abgeteuft. Ganz einfach deswegen, um die Risiken, die normale Grundwasserbrunnen bergen, zu umgehen. Niemand redet zwar gern darüber, aber so ist es.«
    »Wenn Sie von Risiken bei Grundwasserbrunnen sprechen, komme ich zu der Vermutung, dass das Trinkwasser in der Eifel durchaus nicht so gut ist, wie es immer beschworen wird. Man sagt doch, wir haben in der Eifel fantastisches Wasser. Ihre Antwort, junger Mann«, forderte Rodenstock.
    »Also, mich hat das immer schon interessiert. Nicht nur, weil mein Vater ein Kontrolleur war ...« Unvermittelt begann Heiner zu schluchzen, sein ganzer Körper bebte. Er quälte sich »Ach, Scheiße!« heraus und zog ein Paket Papiertaschentücher aus seinem karierten Hemd.
    »Lassen Sie sich Zeit«, sagte Vera weich.
    Er murmelte: »Ich trinke sonst gar nicht, aber könnte ich einen Kognak haben oder so was?«
    »Selbstverständlich.« Vera ging, um einen zu holen. Sie kam zurück, goss ein und er trank einen kleinen Schluck davon.
    »Die Trinkwasser in der Eifel sind tatsächlich nicht so gut wie ihr Ruf«, fuhr er schließlich fort. »Der gute Ruf geht auf die Überfülle an hervorragenden Sprudelwassern zurück. Von Brohler an der Rheinfront über Apollinaris, Dreiser, Dauner, Birresborner, Geroisteiner. Doch diese Wasser stammen alle aus extremen Tiefbrunnen und sind zum Teil über eine Million Jahre alt. Das Trinkwasser aus Oberflächenwasser, also Wasser aus Seen, Talsperren, Flussläufen, ist dagegen mit hohen Risiken behaftet. Manchmal ist es so verdammt dreckig, dass es nur durch Zugabe von Chloriden als Trinkwasser deklariert werden kann. Mit derlei Wasser gibt es immer mal Probleme. Eine Geschichte als Beispiel: Die Behörden wollten von einem kleinen Wasserversorger die Messstreifen sehen, auf denen jeden Tag die Qualität des Wassers aufgezeichnet wird. Doch die waren auf einmal weg und die Polizisten, die die Messstreifen auftreiben und sicherstellen sollten, waren plötzlich alle krank. Schließlich fand man die Messstreifen bei einem Angestellten des Wasserwerks in der Garage. Der Vorfall bewies, dass die Leitung des Wasserwerkes einmütig verschweigen wollte, dass das Trinkwasser total versaut war und eigentlich nur im abgekochten Zustand gebraucht werden durfte. Und die Bevölkerung wusste von nichts ...«
    »Eifel-Filz«, nickte Rodenstock. »Wie kommt es dazu, dass die Grundwasserbrunnen so hohe Risiken bergen?« Das Wissen des jungen Mannes hatte uns alle in den Bann gezogen — »Na ja«, überlegte er seine Worte. »Die Landwirtschaft hat seit Jahrzehnten Giftstoffe ausgebracht. Gülle, Pestizide, Fungizide. Und es bleibt eben nicht aus, dass das Zeug langsam, aber sicher auf zwanzig, ja auf dreißig und fünfzig Meter Tiefe absickert. Die Sinkgeschwindigkeiten des Wassers in der Erde sind genau bekannt und es steht mit absoluter Sicherheit fest, dass in den nächsten Jahren, also bis etwa 2010, unheimlich viele Brunnen ausfallen werden, weil deren Wasser verseucht sein wird. Dazu kommt das Problem mit dem Grundwasserspiegel. Wenn zu viel Wasser entnommen wird, zum Beispiel durch die Industrie, sinkt der Grundwasserspiegel. Wenn der sinkt, können noch andere Giftstoffe, an die man gar nicht so denkt, freigesetzt werden und ins Trinkwasser geraten.« Heiner schnaufte und breitete die Arme leicht aus, so engagiert war er. »Zum Beispiel Leichengifte im Bereich von Friedhöfen. Und dann gibt es noch die massiven Unsicherheiten in Bezug auf die Fließrichtungen.«
    »Ich bitte um Unterrichtung«, sagte Emma schnell. »Was sind Fließrichtungen?«
    »Das Wasser unter unseren Füßen befindet sich in verschiedenen Schichten. Die eine Schicht führt sehr viel Wasser, dann folgt eine nahezu wasserdichte Schichtung, dann kommen Kavernen voller Wasser, unterirdische große Pfützen. Und alle diese Wasser fließen, das heißt, sie stehen durch Zufluss und Abfluss niemals ganz still. Bei Stolberg im Aachener Raum sind Versuche mit Lebensmittelfarbe gemacht worden und man hat nachgewiesen, dass im Grunde nichts nachzuweisen ist. Mal floss das Wasser von rechts nach links, dann wieder umgekehrt. Das Wasser kam eine Woche lang von Norden nach Süden, drehte dann auf westliche Richtung, stoppte und floss in Gegenrichtung.

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