Eifel-Wasser
Recherche?«
»Es war so, dass sich zunächst ja nur die Teenies darum gekümmert haben, also meine Schwester Jule und ihre Clique. Irgendwann kamen die nicht weiter und haben uns angespitzt. Erst wollten wir nicht, dann schien uns der Fall plötzlich irre spannend. Bis sie Holger in die Mangel genommen haben. Bloß weil er im Westerwald mit der verschwundenen Familie zu sprechen versuchte.«
»Was hatten Sie für ein Verhältnis zu Ihrem Vater?«, fragte Emma.
Nach kurzem Nachdenken erklärte er: »Eigentlich ein gutes. Oder ein normales. In den letzten zwei, drei Jahren nicht mehr sehr intensiv. Schließlich wird man erwachsen.«
»Aber Sie waren doch noch zusammen mit ihm und Holger im Urlaub auf Kreta«, fragte sie weiter. »Was haben Sie da gemacht? Wie sah dort Ihr Alltag aus?«
»Was man als Urlauber halt so macht. Mein Vater und Holger waren Langstreckenläufer, ich bin mehr für Sprints. Die beiden zogen oft früh am Morgen los in die Berge. Sie machten anfangs zehn, dann zwanzig Kilometer am Tag. Ich ging an den Strand oder ich blieb auf der Terrasse und las. Ich lese gern.«
Rodenstock beugte sich vor. »Wie war die Ehe Ihrer Eltern?«
Heiner senkte den Kopf, verharrte in schweigendem Nachdenken.
Emma ergänzte sanft: »Wir meinen Folgendes: Liebten sie sich? Schliefen sie miteinander? Hielten sie sich zuweilen an den Händen? Neckten sie sich?«
Nun zeigte er sich erstaunt. »Ich weiß nicht. Ich habe mich, glaube ich, nie drum gekümmert. Eltern, na ja ... Sie sorgen für mich, sie verdienen das Geld.«
»Aber, verdammt noch mal, wie gingen sie miteinander um?«, polterte Rodenstock. »Mochten sie sich? Oder waren sie einander gleichgültig?«
»Wenn Sie mich so fragen, dann war die Ehe gut. Ja, sie mochten sich. Das kam manchmal durch.« Er erschrak über seine eigenen Worte. »Sie waren ja schon so lange verheiratet. Fast fünfundzwanzig Jahre.«
Da schien es kein Weiterkommen zu geben. Ich schaltete mich ein. »Was wissen Sie über Abi Schwanitz? Was hat so einer hier in der Gegend zu suchen?«
»Er gehört zu den Bodyguards von Rainer Still. Still hat sie angeblich angeheuert, weil die Versicherungen darauf bestanden haben. Die Typen sind ganz schräge Vögel, die ganze Truppe. Mag ja sein, dass Still als Multimillionär in Frankfurt so was braucht, aber in der Eifel? Schwanitz ist einer, der gern prügelt. Und er gibt damit an.«
»Zu der Truppe gehört ein Uwe Steirich«, sagte Vera. »Den haben wir gestern im Steinbruch getroffen. Wissen Sie etwas über den? Er ist vierundzwanzig Jahre alt, blond mit einem Zopf. Er sieht so aus, als verbringe er den größten Teil des Tages in einem Grill.«
»Ja, ja, den Typen kenne ich. Wir nennen ihn Schneemann, weil er manchmal kokst. Ganz offen in der Kneipe. Wenn er high ist, umarmt er jeden und knutscht ihn ab. Wenn er nichts drauf hat, verprügelt er Leute. Weil sie ihm nicht gefallen oder so.«
»Wie viele dieser verdienstvollen Menschen hat Still denn um sich geschart?«, fragte ich.
»Vier«, wusste Heiner. »Und Abi Schwanitz ist ihr Boss.«
Einen Moment hing ein jeder seinen Gedanken nach.
»Wir haben einen komplizierten Fall mit einem komplizierten Tatort. Es sieht so aus, als hätten mehrere Leute ein Motiv gehabt, Ihren Vater zu töten.« Rodenstock verschränkte seine Hände ineinander. »Lamm, der Fensterhersteller, und der Sprudelfabrikant Rainer Still. Dann gibt es die Spur auf eine Geliebte. Dazu unsere Überzeugung, dass Ihr Vater im Steinbruch jemanden treffen wollte. Vielleicht Lamm, vielleicht Still ...«
»Still bestimmt nicht«, wandte Heiner ein. »Der tritt selbst nicht in Erscheinung, lässt andere für sich arbeiten. Eher sein Geschäftsführer Doktor Manfred Seidler. Der könnte meinen Vater getroffen haben, der schon.«
»Gut, halten wir das als Verdacht fest.« Rodenstock trank von seinem Kaffee und wollte weiterreden.
Doch Emma nahm ihm das Wort: »Nun muss aber langsam gut sein. Lass den Jungen doch mal zur Ruhe kommen.«
Rodenstock brummte: »Hast ja Recht.« Er wandte sich an mich: »Wollen wir denn gleich zu den Eltern von Schwed?«
»Unbedingt«, nickte ich.
»Vera, Liebes«, säuselte Emma. »Fährst du noch einmal mit mir zum Haus?«
»Selbstverständlich«, sagte Vera brav. »Schließlich muss ich wissen, wo ich schlafe, wenn hier der Frieden gestört ist.«
Wir lachten alle pflichtschuldig und machten uns wenig später auf den Weg. Heiner kletterte mit grauem Gesicht in seinen Wagen und
Weitere Kostenlose Bücher