Eifel-Wasser
geschäumte Milch.«
»Wie bitte?«
»Geschäumte Milch«, wiederholte Rodenstock.
»Die gibt es aber nur bei Cappuccino.«
»Haben Sie denn Milch?«
»Ja, natürlich.«
»Dann schäumen Sie sie doch einfach auf«, schlug er freundlich vor.
Sie starrte ihn an.
»Dann ohne geschäumte Milch«, seufzte er.
So dauerte alles ein wenig länger, und als wir die ersten Schlucke unserer jeweiligen Kaffeespezialität geschlürft hatten, trat das Mädchen wieder an den Tisch und sagte: »Da wird eine Emma verlangt.«
Emma stand auf und ging mit ihr. Nach ein paar Sekunden kam sie zurück und sagte: »Auf geht's.«
Ich bezahlte und gab dem Mädchen fünf Mark Trinkgeld. Von diesen Gästen würde sie noch ihren Enkeln erzählen.
Langsam spazierten wir die Straße entlang. Mich beschäftigten zwiespältige Gefühle: Die Sonne schien, die freundlichen Häuschen lagen friedlich zwischen Bäumen und Blumen. Neid und Habgier, Schuld und Sühne, Tod und Verderben passten einfach nicht hierher, und ich wusste, dass ein junges Ehepaar nicht nur zwei Kinder verloren hatte, sondern unter Umständen obendrein von Recht und Gesetz zur Verantwortung gezogen werden würde, obwohl sie endlich eine Art wackligen Friedens erreicht hatten.
»Ich denke, wir überlassen erst einmal Emma das Feld«, murmelte Rodenstock. »Sie ist ein guter Eisbrecher.« Er legte ihr den Arm um die Schultern.
Wir wurden von der Frau empfangen, die uns in das Wohnzimmer führte. Sie hatte sich umgezogen, trug nun schwarze Jeans, dazu ein schlichtes schwarzes T-Shirt. Sie hatte sich sogar ein wenig geschminkt.
Johann Glaubrecht saß auf einem ausladenden dunkelblauen Sofa an der äußersten Kante, als misstraue er dem Grund, auf dem er ging. Sein Lächeln wirkte verlegen und zeugte von höchster Unsicherheit. Er war groß und schmal, mit einem harten, kantigen Gesicht unter dunklen, wirren Haaren. Ein wenig wirkte er wie der Junge von nebenan, der niemandem ein Haar krümmen kann. Seine Augen waren dunkel, von undefinierbarer Farbe. Er trug einen Blaumann über einem dünnen schwarzen Pullover, seine Hände waren verdreckt und deuteten auf einen kräftig zupackenden Handwerker hin. Mit Sicherheit war er jemand, auf den Verlass war, dessen Wort man trauen konnte.
Er stand auf und reichte uns nacheinander die Hand. Wir murmelten unsere Namen und setzten uns dann auf die Sessel.
Munter sagte Emma: »Sie werden sich sicher wundern, dass wir gleich zu viert aufkreuzen, aber wir sind wie eine Familie. Mein Mann heißt Rodenstock. Er ist ein Kriminalist im Ruhestand. Mein Name ist Emma, ich bin Holländerin und ebenfalls bei der Polizei gewesen. Die Jüngste und Hübscheste dort ist Vera vom Landeskriminalamt, die hat sich allerdings beurlauben lassen und ist rein privat hier. Und das dort ist Siggi Baumeister, Journalist von Beruf, schreibt aber nichts über Sie ohne Ihr Einverständnis. Sie müssen uns keine Antworten geben, nichts verpflichtet Sie dazu. Sie haben mit Sicherheit von den traurigen Vorfällen in der Eifel gehört. Franz-Josef Breidenbach wurde ermordet, sein Freund Holger Schwed ebenfalls. Der Leiter der Mordkommission Kriminalrat Kischkewitz hat meinen Mann gebeten, einige Erkundigungen einzuziehen, weil die Kommission überlastet ist. Alles, was Sie uns sagen, geben wir also an die Kommission weiter. So, das war aber eine lange Einleitung.«
Gabriele Glaubrecht hatte bisher stramm und steif wie ein Soldat neben dem großen Sofa gestanden. Jetzt setzte sie sich, Kilometer von ihrem Mann entfernt, an das andere Ende des Möbels. Es wirkte beinahe rührend, zeigte aber auch, dass die beiden einander misstrauten und durchaus nicht einer Meinung waren.
Johann Glaubrecht beugte sich weit vor, stützte die Ellenbogen auf die Knie, nahm das Gesicht in die Hände, fragte Richtung Teppich: »Wie wird denn ... unsere Rolle in der Sache gesehen?« Seine Stimme war angenehm dunkel, zitterte aber ein wenig.
»Sie sind gewissermaßen der Anfang«, erklärte Emma. »Sicher ist das damals alles wie Kraut und Rüben durcheinander gegangen. Aber Sie sind eine Familie, die bezahlt wurde, damit sie Ruhe gab und die Eifel verließ.«
»Was für Beweise gibt es dafür?«, fragte die Frau.
»Soweit ich weiß, keine«, sagte die erstaunliche Emma. »Wir sind nicht hier, um Beweise zu finden. Wir sind hier, um diese Stimmung von damals einzufangen. Wir wollen erfahren, was wirklich geschehen ist. Wir sind von den Kindern der Familie Breidenbach über Ihr
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