Eifelheiler (German Edition)
Onkel, die Nichte.«
»Schon. Aber jetzt seid ihr ja an Maria Bartels dran. Die kann
ebenso eine helfende Hand an ihrer Seite gehabt haben. Für mich hört sich das
jedenfalls viel plausibler an.«
Sie hatten Maria Bartels für acht Uhr morgen früh einbestellt, und
Welscher war gespannt, wie sich das Gespräch entwickeln würde. »Hast du das
Alibi ihres Mannes überprüft?«
»Überprüfen lassen. Bönickhausen hat heute Morgen den Maier von der
Sitte dafür abgestellt.«
»Porno-Maier?«
»Genau den.«
Welscher grinste. Der Kollege Maier wurde so genannt, weil er vor
seiner Beamtenkarriere in zahlreichen Softcore-Streifen mitgespielt hatte. Er
war später quasi vom Saulus zum Paulus mutiert. Aufgefallen war das, als die
Privaten begonnen hatten, im Nachtprogramm Softpornos auszustrahlen. Da blieb
es natürlich nicht aus, dass Maier irgendwann erkannt wurde. Seitdem klebte der
Spitzname an ihm wie Kaugummi im Profil einer Schuhsohle. »Und? Was hat
Porno-Maier rausgefunden?«
»Ralf Klötsch scheint uns die Wahrheit gesagt zu haben. Bisher haben
alle Zeugen in der Gaststätte und am Theater seine Aussage bestätigt, glasklar
und lupenrein.«
»Wenigstens einer, der uns keinen Bockmist erzählt.« Welscher stand
auf und stellte sich ans Fenster. Nachdenklich blickte er über den Parkplatz
zum Amtsgericht hinüber. »Die Fahndung nach Sylvia Neuroth hast du
eingeleitet?«
»Selbstverständlich«, sagte sie beleidigt. »Kannst dich schon auf
mich verlassen.«
Er bemerkte, dass sie jetzt härter auf die Tastatur einhämmerte.
»War doch nicht so gemeint«, entschuldigte er sich halbherzig. »Was ist denn
plötzlich los?«
»Ich reagiere nun mal allergisch darauf, wenn mir jemand meinen Job
erklären will.«
»Wollte ich doch gar nicht.«
»Schon okay«, murmelte sie. Es klang wenig versöhnlich.
Welscher seufzte. Dass man Schwulen nachsagte, sie könnten sich
besser in Frauenseelen einfühlen als Heteros, war etwas, was auf ihn nicht
zuzutreffen schien. Es war ihm vollkommen schleierhaft, warum Bianca Willms
eben so empört reagiert hatte. Ihre Erklärung konnte er auch nicht
nachvollziehen. Vielleicht hatten ihre Eltern sie früher zu sehr kontrolliert.
Oder ein Lehrer hatte ihr mit seiner pedantischen Art das Leben schwer gemacht.
Welscher wunderte sich recht häufig über die Reaktionen des anderen
Geschlechts. Er schloss die Augen. Da war er wieder, der ungewohnte Zweifel an
der eigenen sexuellen Ausrichtung. Er hatte Larissa de Witts Bild vor Augen.
Heute Morgen beim Frühstück, wie sie sich geneckt hatten. Ihr offenes Lächeln
und die warmen Augen. Eine Gänsehaut lief über seine Arme und paarte sich mit
einem angenehmen Kribbeln in der Magengegend.
Verfluchter Mist, schimpfte er in Gedanken. Was war nur mit ihm los?
***
Flüchtig warf Welscher einen Blick auf die Uhr an der Wand über
Fischbachs Kopf. Überrascht stellte er fest, dass es bereits auf zehn zuging.
Während Fischbach unter die Dusche gesprungen war, hatte Sigrid ihm
stolz ihre neuen Strickkreationen gezeigt, die sie für den Sommerbasar
zugunsten hilfsbedürftiger Mütter angefertigt hatte. Er war überrascht gewesen,
wie einfallsreich sie war. Neben Socken und Schals waren Topflappen mit
Krimimotiven und Eierwärmer in Form von Gangstermasken dabei gewesen. Sie waren
darüber ins Plaudern geraten.
Inzwischen saßen sie zu dritt in der Küche. Sigrid schaufelte ihm
gerade eine Portion Sauerbraten auf den Teller.
»Hau rein, du kannst es vertragen«, sagte sie.
Welscher widersprach nicht, denn er verspürte einen Hunger wie schon
lange nicht mehr, und schob sich den ersten Bissen in den Mund. Er zerfiel
weich auf seiner Zunge. »Mhm«, brummte er zufrieden. »Köstlich. Da ist Senf mit
drin, oder?«
Sigrid strahlte. »Altdeutscher, frisch aus der Monschauer Senfmühle.
Kennst du die?«
»Ich habe davon gehört.«
»Da musst du mal hin. Die Variationen sind atemberaubend.«
Wenn Sigrid so davon schwärmt, muss etwas Wahres dran sein, dachte
er und nahm sich vor, bei nächster Gelegenheit einen Abstecher dorthin zu
unternehmen.
Einige Zeit aßen sie schweigend und genossen das Essen.
Fischbach brach als Erster die Stille. Er schilderte Sigrid den Fund
des Zugangs zum Geheimgang in Veronika Kramanns Haus und den Besuch bei Hilde
Bartels.
Welscher genehmigte sich einen Nachschlag, während er zuhörte.
»Vielleicht gibt es ja morgen einen Durchbruch in dem Fall«, sagte
Fischbach schließlich, verschränkte die Arme über
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