Eifelheiler (German Edition)
Figur.
»Oper?«, fragte Fischbach und gab ihr die Hand.
»Heino.«
»Heino?«, hakte Welscher ungläubig ein. »Hätte ich jetzt nicht
vermutet.«
»Kein Konzert, sondern Heino, das Musical. Im Kulturhaus Theater 1.«
»Ah ja«, sagte Fischbach, »davon habe ich gehört. Die Bad
Münstereifler sind da ja richtig stolz drauf.«
Levknecht sah zur Decke. »Vergib ihnen, oh Herr.«
»So schlimm ist Heino jetzt aber auch wieder nicht, dass man dafür
den lieben Gott um Verzeihung bitten muss«, sagte Doris Schmitz-Ellinger.
»Wie man’s sieht«, murmelte Welscher.
Levknecht schüttelte heftig den Kopf. »Dafür doch nicht«, erwiderte
er entrüstet. »Sie plaudern hier, als ob nichts passiert wäre.«
»Alles nur Selbstschutz«, erklärte Fischbach. »Wir versuchen, die
Dinge nicht zu nahe an uns heranzulassen.« Er stellte Levknecht der
Staatsanwältin vor.
»Ist es nicht ein wenig zu spät für göttlichen Beistand?«, fragte
sie.
»Dafür ist es nie zu spät«, gab Levknecht zurück. »Aber wenn Sie
sich fragen, warum ich hier bin: Ich habe Hotte hergebracht.«
»Und mussten ihn bis zum Tatort begleiten?« Ihre Stimme troff vor
Sarkasmus.
»Ich habe es ihm erlaubt«, sagte Fischbach, was ihm einen strafenden
Blick von Doris Schmitz-Ellinger einbrachte. Die Röte schoss ihm ins Gesicht.
»Sei’s drum«, sagte sie und zupfte übertrieben gelassen an ihrem
Kleid herum. »Wer hat das Opfer gefunden?«
»Es gab einen anonymen Anruf aus einer Telefonzelle in Dahlem«,
erklärte Welscher. »Zwei Grün-Weiße sind zum Haus, und als niemand geöffnet
hat, haben sie den Schlüsseldienst bestellt.«
»In Köln hätten die beiden mit den Schultern gezuckt und wären
wieder gefahren«, sagte Doris Schmitz-Ellinger. Ihre Lippen umspielte ein
zynisches Lächeln.
»Tja, hier in der Einöde sind die Kollegen eher aufdringlich«,
parierte Welscher Doris Schmitz-Ellingers Spitze.
Fischbach sah eine Gelegenheit, sich bei ihr wieder Pluspunkte zu
erarbeiten. Er wies auf das Sofa. »Ist mitunter doch ganz gut so, oder?«
»Wie man’s sieht«, wiederholte Welscher unbestimmt.
»Gefahr im Verzug, so sieht man das«, rief Feuersänger von seinem
Thron herunter. »Manchmal nervt es mich gewaltig, wie du alles, was wir hier …«
»Habt ihr schon was für uns?«, unterbrach Fischbach die Tirade. Er
hatte keine Lust zu streiten, wenn er Feuersänger auch recht geben musste.
Verärgert blickte er zu Welscher. Es hatte sich in den letzten Monaten
herumgesprochen, wie dieser zu seiner alten Heimat Eifel stand. Er machte
keinen Hehl aus seiner Abneigung und frotzelte, wo immer sich eine Gelegenheit
bot. Damit stieß er viele vor den Kopf und zog einiges an Zorn auf sich.
Fischbach hatte erwartet, Welschers Missmut über die Zuweisung von Köln nach
Euskirchen würde sich mit der Zeit legen. Schließlich war er hier aufgewachsen.
Doch bisher gefiel sich Welscher weiterhin darin, den Märtyrer zu mimen.
»Erstochen, kein Zweifel«, schniefte Feuersänger kaum verständlich.
»Auch ohne rechtsmedizinisches Gutachten lehne ich mich nicht allzu weit aus
dem Fenster, wenn ich sage, dass das die Todesursache war.« Seine Stimme schien
jetzt vollends den Geist aufzugeben. Er röchelte und spuckte ins Taschentuch.
»Eitrige Mandeln. Wenn ich ein Skalpell hätte, würde ich mir die Scheißdinger
selbst herausschneiden.«
»Sie können gleich die Rechtsmedizinerin um Hilfe bitten«, sagte
Doris Schmitz-Ellinger. »Sie ist bereits unterwegs.«
»Die kommt hierher? Direkt an meinen Tatort?«
» Ihr Tatort?«
Feuersänger streckte das Kinn vor. »Solange meine Jungs hier
rumwuseln, ist es mein Tatort.«
Doris Schmitz-Ellinger lachte. »Okay, okay. Wenn Sie es so sehen
wollen.«
»Die Rechtsmedizinerin kommt extra aus Bonn hierher?«, fragte
Fischbach. »Kann ich kaum glauben.«
»Tut sie auch nicht«, erklärte Doris Schmitz-Ellinger und löste ihr
Kopftuch. »Eine Familienfeier in Trier. Sie richtet es so ein, dass sie auf dem
Rückweg hier vorbeischauen kann.«
»Vorbeischauen«, hörte Fischbach Levknecht murmeln. »Als wäre es ein
Picknick.« Er holte tief Luft. »Mir ist das zu distanziert, obwohl ich die
Beweggründe wohl verstehe. Ich zitiere hierzu den österreichischen Neurologen
Viktor Frankl: ›Es gibt kaum etwas im menschlichen Dasein, das dem Menschen so
sehr und in einem solchen Ausmaß ermöglicht, Distanz zu gewinnen, wie der
Humor.‹«
»Der gute Pfarrer scheint mir ein wenig empfindlich«,
Weitere Kostenlose Bücher