Eifelheiler (German Edition)
doch nur sagen«, erwiderte
Welscher und gab sich beleidigt. Es war zwar nicht ganz fair, Fischbach mit den
Verschrobenheiten seiner geliebten Heimat aufzuziehen. Aber Spaß machte es ihm
trotzdem. Es war darüber hinaus eine Möglichkeit, sich seinen Frust ein wenig
von der Seele zu reden. Nicht gerade niveauvoll, aber zumindest hilfreich. Der
Dicke sprang immer mal wieder darauf an, heute jedoch schien er ein dickes Fell
zu haben.
»Ja, ja«, brummte Fischbach nur und schlürfte seinen Kaffee. Mit der
Hand rührte er in der Luft herum, als Zeichen, dass Welscher endlich weitermachen
sollte.
»Gut. Es gibt eine Tochter, Barbara Wolf. Die hast du schon
kennengelernt. Außerdem einen Schwiegersohn und einen Enkel.« Welscher brach
abrupt ab. Wieder stolperten seine Gedanken an dieser Stelle. Er grübelte,
versuchte, die Unstimmigkeit zu fassen.
»Was ist?«, fragte Bianca Willms. Sie blickte ihn besorgt an, ihre
Hand wanderte zum Telefon.
Er schüttelte den Kopf. »Mir geht es gut. Aber irgendetwas rumort
bei mir im Hinterstübchen. Ich komme nur im Moment leider nicht drauf.« Er
lachte unsicher. »Das Kantholz hat wohl meine Gehirnzellen
durcheinandergewirbelt.«
Prüfend sah Fischbach ihn an.
»Schau nicht so. Der Doktor sagte, ich habe keine
Gehirnerschütterung.«
»Schwer zu glauben, bei dem Schlag.«
»Oh, Hotte, halt den Ball flach. Lass uns weitermachen, es wird mir
zu gegebener Zeit schon wieder einfallen.«
Bianca Willms tätschelte zuversichtlich seinen Unterarm. »Da bin ich
sicher.«
»Bestimmt«, bestätigte er. Er hoffte es zumindest inständig. »Weiter
im Text. Veronika Kramanns Mutter lebt noch. Dort war auch noch niemand.«
»Der statten wir auf jeden Fall auch einen Besuch ab«, bestimmte
Fischbach. »Die Adresse haben wir?«
»Ja.« Bianca Willms nickte. »Suche ich dir gleich raus.«
»Das war es an Familie«, fasste Welscher zusammen. »Bekannte und
Freunde haben wir ebenfalls aufgeführt.« Er tippte auf einen weiteren Zweig auf
dem Papier. »Was Auffälliges ist bis jetzt nicht dabei, ebenso wenig bei den
Nachbarn, sieht man von Hartmann ab.«
»Hm, ich denke, ich werde zwei Leute einweisen und erneut auf die
Nachbarschaft ansetzen«, sagte Fischbach. »Sie sollen weiterbohren, nach
Motiven suchen und Alibis kontrollieren, das übliche Programm also. Vielleicht
kommt doch noch was ans Tageslicht. Einen Versuch ist es wert.« Er hielt inne
und sah zu Bianca Willms. »Oder willst du mal raus?«
Über ihr Gesicht huschte ein freudiges Lächeln, das aber rasch
wieder verschwand. »Würde ich gerne. Doch leider muss ich jetzt los. Ich habe
ein Bewerbungsgespräch für einen Betreuungsplatz. Das ist wichtig. Wenn ich
keinen Platz finde, wird es im September schwierig.«
»Die Ausbildung, verstehe. Klar, kein Problem, kümmere dich darum.«
Sie sah auf die Uhr. »Ein paar Minuten habe ich noch.«
»Die Freundin im Allgäu«, sagte Fischbach nach einem erneuten Blick
auf die Grafik. »Hat die schon jemand angerufen und gefragt, warum Veronika
Kramann den Besuch abgesagt hat?«
Bianca Willms notierte sich etwas in ihrem Notebook. »Ich suche die
Telefonnummer raus.«
»Mach das«, stimmte Fischbach zu. »Habt ihr etwas über die weiße
Hexe herausgefunden?«
»Ah, stimmt ja«, sagte Welscher und schlug sich die Hand vor die
Stirn. Ein scharfer Schmerz schoss ihm durchs Gehirn. »Mist«, zischte er und
stöhnte. »Ich vergesse immer wieder …« Er brach ab und sammelte sich. »Also,
die Hexe, diese Sylvia Neuroth, die ist kein unbeschriebenes Blatt«, berichtete
er und trank einen Schluck Wasser. »Sie ist gerade dreißig geworden und wegen
gefährlicher Körperverletzung vorbestraft. Vor drei Jahren hat sie einen
Siebzigjährigen, der ihr die Vorfahrt genommen hat, aus dem Auto gezerrt und
verprügelt. Der Mann lag mehrere Wochen im Krankenhaus. Zuvor war sie schon
durch diverse kleinere Dinge aufgefallen, Ladendiebstahl, häufiges
Falschparken, Beleidigung und so weiter.«
Fischbach pfiff leise. »Scheint eine Kandidatin für uns zu sein. Auf
die bin ich richtig gespannt.«
»Habe uns schon für heute Nachmittag bei ihr angekündigt.«
»Gut. Was ist mit dem Untermieter?«
»Ist noch nicht aufgetaucht, sonst hätte ich dir davon erzählt.«
»Ein weiterer Kandidat. Behalten wir im Auge.« Fischbach streckte
sich.
Bianca Willms klappte das Notebook zu und nahm ihre Handtasche von
der Stuhllehne. »Ich bin dann jetzt kurz weg.« Sie stand auf und stürmte zur
Tür
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