Eifelteufel - Kriminalroman
Schatten eines Kirschbaums am Ende des Grundstücks. Ein Maschendrahtzaun markierte die Grenze zum Nachbarn. Auf der Terrasse stand ein Plastiktisch, daneben zwei Stühle. Welscher wandte sich ab und ging zum Wohnzimmerschrank. Sicherheitshalber zog er Einweghandschuhe über. Feuersänger sollte keinen Grund finden, herumzupoltern. Nacheinander öffnete er Schubladen und Türen, wühlte sich durch Streichhölzer, Kerzen, alte Rechnungen, Werbeprospekte, gelesene Zeitungen, Weinflaschen, Gläser und anderen Krimskrams. Doch nur eine Mappe fand Welschers Interesse. Sie enthielt Unterlagen zur beruflichen Laufbahn von Paul Lange: Ausbildungszeugnis und Meisterbrief im Lehrberuf SchweiÃer, Technikerzeugnis in Mess- und-Regel-Technik, Ingenieurdiplom für Maschinenbau. Eine Gewerbeanmeldung und auch eine -abmeldung, Letztere zehn Jahre alt. »So klärt sich die Frage, woher dein Geschick in der Konstruktion von Unterseebooten kommt«, murmelte Welscher. Die Mappe steckte er hinten in den Bund seiner Hose.
Die Küchenschränke bargen keinerlei Geheimnisse, und so beschloss er, im Obergeschoss weiterzuforschen. Auf der Treppe klingelte sein Handy. »Welscher«, meldete er sich, ohne auf das Display zu schauen.
»Hotte hier. Halt dich fest, du wirst es nicht glauben.«
*Â *Â *
Endlich Ferien.
Am liebsten wäre Sabine den ganzen Heimweg gehüpft, nur ziemte sich das nicht für einen Teenager, fand sie. Die Blumen am Wegesrand schienen ihr heute bunter, der Himmel blauer, das Summen der Insekten intensiver zu sein. Ein Traktor tuckerte gemächlich über die Wiese. Der würzige Duft nach Heu stieg ihr in die Nase und kitzelte einen Nieser heraus.
Endlos lange sechs Wochen ohne den Hohn und Spott der Mitschüler. Sechs Wochen nicht die AuÃenseiterin sein.
Ihr Zeugnis war auch in Ordnung. Zwar hatte die dämliche Sportlehrerin ihr eine Fünf verpasst. Nur weil Sabine keine Turnschuhe besaà und daher barfuà turnte. Doch ansonsten gab es Zweien und Dreien, und sogar eine Eins in Kunst. Aufs Malen verstand sie sich, egal mit welchen Materialien.
Ihre Eltern würden sich freuen.
Ein dunkler Schatten legte sich über ihr Gesicht. Zumindest Papa würde sich freuen.
Der Riemen ihrer Umhängetasche schien Sabine plötzlich die Luftröhre abzudrücken. Ãrgerlich riss sie daran.
Mama war immer noch vollends begeistert von dem Leben in der Kommune. Sie interessierte sich dabei kaum mehr für sie.
Sabine tröstete sich damit, dass sich bei ihrem Vater ein Wandel zu vollziehen schien. Seine anfängliche Euphorie war verflogen. Er war wieder ansprechbar und interessiert an alltäglichen Dingen. Innerhalb der Kommune wurde er deshalb als SpieÃer bezeichnet. Nur weil er sich ein paar Regeln für das Zusammenleben wünschte. Zu Recht, fand Sabine. Es ging um so banale Sachen wie den Abwasch oder das Putzen. Im Haus klebte alles, was man anfasste. Ein wenig Hygiene wäre durchaus angebracht.
Dass ihre Mutter mit anderen Männern ins Bett ging, mochte er auch nicht mehr. Bei einem Streit zwischen den beiden hatte Sabine letzte Woche die Worte »Herumhurerei« und »Nutte« aufgeschnappt. Die Wände in dem alten Bauernhaus waren nun einmal nicht sehr dick.
Sabine vermutete, dass Magnusâ Wandel mit seiner neuen Arbeitsstelle zusammenhing. Davon hatte er ihr bei einem gemeinsamen Abendspaziergang erzählt. Dass er sich überhaupt Zeit für sie genommen hatte, war bereits eine positive Veränderung gewesen. Dann hatte er ihr auch noch von dem Traumjob vorgeschwärmt. Nach all dem Frust und Ãrger in seinen Aushilfstätigkeiten nach dem Studium bot sich endlich eine Chance auf Festanstellung bei einer erfolgreichen Firma, die weltweit agierte. Vor Freude hatten seine Augen geglänzt wie Glasmurmeln in der Sonne. »Demnächst schwimmen wir in Geld«, hatte er gesagt und sie in die Seite geknufft. »Du wirst sehen, alles wird gut.«
Atemlos hatte sie ihm zugehört. Bald wieder ein normales Leben zu führen, mit geregelten Tagesabläufen, jederzeit genug Essen im Kühlschrank und gemeinsamen Samstagabenden vor dem Fernseher â der Gedanke war einfach paradiesisch. Nur ihre Eltern und sie, zusammengekuschelt auf einem Sofa, das nur ihnen gehörte und das sie mit niemandem teilen mussten. Vor Freude hatte sie ihn stürmisch umarmt.
Hinter dem Ortsschild bog sie links ab und folgte
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