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Eigentlich bin ich eine Traumfrau

Eigentlich bin ich eine Traumfrau

Titel: Eigentlich bin ich eine Traumfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jana Seidel
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meiner Mutter auch wieder zunichtegemacht. »Du siehst aus wie eine biedere Sekretärin, warum trägst du denn diese schreckliche schwarze Brille?«, fragt sie.
    Nun, die Brille hatte ich mir gekauft, bevor ich wusste, dass die Farbe Schwarz mich wie eine Mumie aussehen lässt. Eigentlich dachte ich auch, ich sähe damit wie eine sexy Sekretärin aus, ein bisschen so wie Marilyn Monroe in »Wie angelt man sich einen Millionär«, nur eben rothaarig.
    Aber ich ähnele wohl doch eher der hysterischen, ebenfalls rothaarigen und bebrillten ewigen Jungfer, die Isabelle Huppert in »Acht Frauen« verkörpert. Die liest heimlich Kitschromane und tyrannisiert ihre Nichten mit erstickender Prüderie. Aber zumindest macht sie am Ende eine Verwandlung zu einem Vamp durch. Daran werde ich eben noch ein wenig arbeiten.
    Ich rufe mir meine guten Vorsätze bezüglich eines liebevollen Umgangs mit meiner eigenwilligen Mutter ins Gedächtnis zurück, lächele fröhlich trotz ihres spitzen Kommentars und hake mich bei ihr unter. »Komm, Mama, wir gehen jetzt shoppen.«

    D ie folgenden Stunden verlaufen etwas anders als geplant. Ich komme gar nicht dazu, irgendein Kleidungsstück auch nur anzuprobieren. Pausenlos stehe ich vor Umkleidekabinen und muss meine Mutter in knallbunten Klamotten bewundern, die eigentlich für jüngere Frauen gedacht sind. Man muss ihr allerdings lassen, dass sie eine sehr gute Figur hat und mit ihrer dezenten Blondierung viel jünger aussieht, als sie ist.
    Da kommt sie schon wieder aus einer Umkleidekabine. Sie trägt ein schmales Etuikleid, klopft sich selbst auf den Hintern und ruft mir begeistert zu: »Na, wer sagt’s denn. Alles noch da, wo es hingehört!«
    Die kleinen Mädchen, die im Flur Schlange stehen, kichern  – ohne auch nur den Versuch zu unternehmen, ihren Spott zu verbergen. Ich versinke erst mal vor Scham im Boden, um mir dann die bange Frage zu stellen, wozu sie diesen ganzen Aufwand eigentlich betreibt. Oh Gott. Mein armer Vater. Brennt meine Mutter etwa bald mit ihrem jungen Volkshochschulkursleiter durch? Ich begebe mich vorsichtig auf heikles Terrain. »Aber, Mama, du brauchst doch diesen ganzen Kram nicht. Papa findet dich doch in allem, was du trägst, klasse.«
    Â»Wenn ja, sagt er das aber nicht mehr gerade oft. Und er ist ja nicht der einzige Mann auf der Welt.«
    Das heißt doch wohl übersetzt: Ich brauche Bestätigung, und sehe mich nach anderen Männern um. Das ist mehr, als ich an einem Vormittag verkraften kann. Aber ich spreche sie lieber nicht auf die sich anbahnende Tragödie an. Für einen Streit mit meiner Mutter fehlt es mir gerade an Energie.
Tut mir leid, Papa. Ich folge meiner Mutter willenlos in eine Filiale der vielen Kaffeeketten. Und kaum haben wir uns in die Sessel plumpsen lassen, bringt mich meine Mutter prompt in die nächste Bredouille: »So, und jetzt erzählst du mir alles über deinen neuen Freund. Sonst glaube ich langsam, den Mann gibt es gar nicht.«
    Â»Ich hole uns erst mal etwas zu trinken. Was möchtest du?«, frage ich schnell und springe auf.
    Meine Mutter sieht mich an, als würde sie an meinem Verstand zweifeln. »Einen Kaffee natürlich.«
    Sie scheint der einzige Mensch auf der Welt zu sein, der noch nicht mitbekommen hat, dass es an Orten wie diesen eine blanke Provokation ist, am Tresen einen »Kaffee« zu ordern. Ihr das zu erklären wäre mir zu kompliziert. Ich werde einfach irgendetwas bestellen und ihr das als Kaffee vorsetzen. Nur was? Den XXL-Woccachino oder den entkoffeinierten doppelten Espresso mit Sojamilch? Und was soll ich ihr bloß über Rafael erzählen? Ich wähle den Espresso und hoffe auf weitere Eingebungen.
    Â»Wo habt ihr euch denn überhaupt kennengelernt?«
    Â»In einer Buchhandlung.«
    Meine Mutter kichert.
    Â»Wir haben gleichzeitig nach einem Buch gegriffen. Und als wir uns dann angesehen haben …«Ja, was dann?
    Â»Nein, wie romantisch, also Liebe auf den ersten Blick?« Sie sieht so beseelt aus, dass mich sofort wieder das schlechte Gewissen packt. »Aber wann bekomme ich ihn denn mal zu Gesicht?«
    Â»Ja, also, weißt du, Mama, er ist eben ein echter Künstler. Eher grüblerisch und menschenscheu, gerade jetzt, wo er
wieder an einem neuen Roman arbeitet. Aber danach werden wir euch ganz sicher mal besuchen kommen.«
    Das scheint sie zu

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