Eigentlich bin ich eine Traumfrau
ob man sich wiedersehen würde oder nicht, nötig hätte. Jetzt bleibt mir nichts weiter, als dumm zu stammeln: »Ãh, ich auch.«
Als ich aufstehe, gibt er mir einen ziemlich heftigen Klaps auf den Hintern. »Praller Arsch«, sagt er.
Die zwei Worte lassen mich heftiger zusammenzucken als der Schlag. Ich fühle mich gedemütigt. Wütend sehe ich ihn über die Schulter hinweg an. Da liegt er, grinsend und schamlos nackt. Sexy, trotz der nachtblauen Satinbettwäsche aus Polyester um ihn herum. Ãber die werde ich beim nächsten Mal mit ihm reden. Wenn es ein nächstes Mal gibt. Leider sagt er nichts weiter zu diesem Thema. Ach, Quatsch, natürlich wird es ein nächstes Mal geben. Er braucht mich. Vielleicht weià er es nur noch nicht.
»Ich ruf dich an«, verspricht er, als wir gemeinsam das Haus verlassen. Wie schön, wir verlassen gemeinsam das Haus. Und er küsst mich noch mal mit sehr viel Zungeneinsatz vor »unserer« Jugendstilvilla â so als würden wir das jeden Morgen machen.
S obald ich allein zuhause bin, funktioniert die Cool-undunabhängig-Masche nicht mehr so gut. Es ist aber ja auch niemand anwesend, dem ich sie vorspielen könnte. Ich warte sekündlich darauf, dass er endlich anruft â auch wenn er es nur täte, um meine »prallen« Brüste zu loben. Ich schiebe mein Handy-Display so oft rauf und runter â falls ich das Klingeln überhört habe â dass der Akku sich innerhalb eines Tages vollständig entleert. Zwischendurch versuche ich, meinen Text zu schreiben. SchlieÃlich muss das Interview bis Montag fertig getippt in der Redaktion liegen. Zwei Tage sind nicht viel Zeit für ein so wichtiges Werk. Dummerweise reichen meine Notizen nicht einmal für zwei Zeilen. Vielleicht sollte ich das als Vorwand nutzen, um ihm eine E-Mail mit ein paar ergänzenden Fragen zu schicken? Dann hat er die Wahl, sie entweder einfach zu beantworten â oder mich endlich anzurufen. Ich schreibe ihm eine E-Mail.
Er hat mich nicht vergessen! Nur fünf Minuten später erreicht mich, ebenfalls per E-Mail, seine Antwort: »Ich glaube wir sollten das morgen Nachmittag in einem Gespräch unter vier Augen klären, SüÃe.«
Sehr schön. Endlich ist der Abstiegskampf vorbei â aus der wenig erfolgreichen Journalistin ist die Frau an der Seite des Supermanns der deutschen Literatur geworden. AuÃerdem muss ich mir nun bis Sonntagnachmittag keine Gedanken mehr über den Text machen, sondern kann mich einfach entspannt zurücklehnen. Ich berufe sofort eine abendliche Sitzung im Weinstein ein. Ich kann es gar nicht erwarten, den anderen von meinem Abenteuer zu berichten. Könnte es überhaupt besser laufen?
N un, auf jeden Fall kann es wesentlich schlechter laufen: Als ich im Weinstein in völliger Liebeszufriedenheit auf die vier besten Freunde der Welt warte, steht plötzlich Tanja vor mir und sieht mich an, als hätte ich gerade ihr Erstgeborenes verspeist.
»Du blödes Miststück!«, brüllt sie ohne Vorwarnung los. Solche Kraftausdrücke ist man von Tanja gar nicht gewohnt.
»Psst, Tanja, es gucken schon alle. Was ist denn los? Wo ist Hrithik?«, versuche ich sie auf ein anderes Thema zu bringen. Ich habe mir meines Wissens nichts zu Schulden kommen lassen. Das Missverständnis wird sich sicher gleich aufklären.
Tanja zögert, lässt sich dann aber doch auf einen der Stühle sacken. Sie schluchzt los. Ich versuche, ihr meine Hand auf die Schulter zu legen, aber sie schüttelt sie einfach ab.
»Wir haben uns gestritten, und du bist schuld«, kräht sie. Das ist wohl die knappestmögliche Zusammenfassung eines Tatbestandes, dessen nähere Umstände mir immer noch vollkommen unklar sind. Was habe ich nur getan? Mieses Karma oder so? Es wäre Tanja durchaus zuzutrauen, mir deswegen Vorwürfe für die Verdammnis der ganzen Welt zu machen. Es handelt sich aber doch um ein handfesteres Problem: »Du mit deiner verdammten Anzeige. Der Gentleman hat ihn zum Vorstellungsgespräch eingeladen. Und jetzt gurkt er wahrscheinlich bald durch die Weltgeschichte und legt vollrasierte Brasilianerinnen mit Knackärschen in neonfarbenen Bikinihöschen flach.«
Ich kapiere immer noch nichts. Aber, oha, heiÃt das etwa, dass Tanja sich nicht rasiert?
»Wie sind die denn überhaupt auf ihn gekommen? Und was habe ich damit
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