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Eigentlich bin ich eine Traumfrau

Eigentlich bin ich eine Traumfrau

Titel: Eigentlich bin ich eine Traumfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jana Seidel
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Woche. Unser Ressort-Pärchen ist aus seinem dreiwöchigen Thailandurlaub zurückgekehrt. Kein Grund zur Freude, denn Klaus (zuständig für Kunst) und Anna (zuständig für Musik) haben so eine nervige Art, andauernd ihre Beziehung zu zelebrieren. Und wir müssen alle dabei zusehen. Diesmal haben sie jedem eine winzige Papiertüte mitgebracht, auf der etwas Grünes und kryptische Schriftzeichen abgebildet sind.
    Â»Oh nein, wie toll, so etwas suche ich schon ganz lange«, flötet Diana.
    Â»Danke«, sagt Toni trocken.
    Â»Toll, aber was ist das?«, frage ich naiv.
    Es sind Kokosnusspalmensamen, die werde ich später unauffällig entsorgen. Bei mir geht sogar Efeu ein.
    Klaus und Anna reisen einmal im Jahr nach Thailand. Besonders stolz sind sie darauf, dass sie beim thailändischen Restaurant um die Ecke inzwischen den Schärfegrad drei, »echte Thai-Schärfe«, vertragen. Auf keinen Fall wollen sie etwas Verfälschtes, dem schwachen, europäischen Gaumen Angepasstes essen. Nur, was soll das eigentlich für eine Leistung sein, sich die Geschmacksnerven nach und nach abzutöten, indem man sich den Gaumen mit ansonsten fast geschmacksneutralen Schoten verätzt? Für den Tag ihrer Rückkehr haben sie ausgerechnet ihren Geburtstag gewählt. Genau. Beide haben am gleichen Tag Geburtstag. Praktisch, nicht? Vor allem weil man die liebesmäßig unterentwickelten Kollegen an der Bescherung teilhaben lassen kann. Klaus und Anna lassen sich mit jeweils einem Karton in der Hand auf ihren Stühlen nieder. Ihre Schreibtische
stehen sich direkt gegenüber. Sie sehen einander mit erwartungsvoller Vorfreude in die Augen. Klaus schüttelt seine Gabe von Anna vorsichtig. Dann reißt er das Geschenkpapier nicht etwa auseinander, sondern löst gaaanz langsam die Tesafilmstreifen, um dann eine Deckelhälfte nach der anderen aufzuklappen. Zum Vorschein kommen eine Yogamatte und eine CD für autogenes Training. Was in anderen Haushalten locker eine Scheidung provozieren könnte, ist bei diesen beiden Turteltauben ein voller Erfolg.
    Â»Du wolltest doch für ein bisschen mehr Ausgeglichenheit in deinem Leben sorgen«, sagt Anna.
    Â»Vielen Dank!«, ruft Klaus ehrlich begeistert.
    Ich möchte Toni fragen, ob sie mir bitte das Handgelenk blutig beißen könne, auf dass der körperliche Schmerz diese seelische Pein des Fremdschämens überdecke. Aber die verdreht gerade die Augen.
    Diana lächelt stoisch, aber in ihren Augen glimmt der Neid.
    Und Picard raunt mir mit einem angewiderten Blick auf die Samen in seiner Hand zu: »Schicken wir die beiden wieder zurück in die Klinik unter Palmen?«
    Ich kichere. Das war für seine Verhältnisse ein ziemlich gut platzierter Spruch. Überhaupt wirkt er in letzter Zeit wie ein anderer Mensch. Unter seiner beharrlichen Bräune sieht er still und erschöpft aus. Und, hoppla, wo ist nur sein gekünstelter französischer Akzent hin? Aber ich kann mir nicht auch noch Sorgen um Picard machen. In meiner unmittelbaren Umgebung liegt genug im Argen. Außerdem nähert sich die Bescherung gerade ihrem Höhepunkt. Anna packt ihr Geschenk aus: ein Stapel uralter Zeitungen. Ha!
Da sieht selbst die gute Anna ein bisschen enttäuscht und verwirrt aus. Zufrieden lehne ich mich zurück. Ich erwarte genüsslich, die erste öffentliche Szene des Friede-Freude-Eierkuchen-Paars zu erleben. Stattdessen: Pustekuchen. Sie gönnen ihrem Single-Publikum auch gar nichts. Die Zeitungen entpuppen sich als die zehn Ausgaben des Hamburger Morgen , die seit ihrem ersten Date an ihren Geburtstagen erschienen sind.
    Die beiden quietschen vor Vergnügen. Und dann entdeckt Anna unter dem Stapel das eigentliche Highlight: einen widerlichen Batikwickelrock, den ihr Klaus heimlich gekauft hat, als sie am Strand eingeschlafen war. Sonst wäre es auch schwierig geworden, weil die beiden keine Sekunde getrennt verbringen.
    Wir anderen schlurfen resigniert zurück an unsere Plätze. Außer dem Kichern von Klaus und Anna ist an diesem Tag nicht viel zu hören. Vermutlich schicken sich die Turteltauben die ganze Zeit E-Mails hin und her, damit sie sich bei all der Arbeit nicht als Paar aus den Augen verlieren.
    Ich versuche, mich auf meinen Text zu konzentrieren, da ploppt plötzlich bei mir eine E-Mail auf. Es ist Rafael. Herzklopfen. Er hat mir nicht nur ausführliche Antworten auf meine

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