Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eigentlich bin ich eine Traumfrau

Eigentlich bin ich eine Traumfrau

Titel: Eigentlich bin ich eine Traumfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jana Seidel
Vom Netzwerk:
Gesichter denkt, zum Nazi?«, frage ich besorgt.
    Ich habe gerade beschlossen, mir mehrere Bände zum Thema Kunstgeschichte in der Stadtbücherei auszuleihen, als ausgerechnet Alexander mir zu Hilfe eilt.
    Â»Wenn das so wäre, dann müsste ich mich als Erster eines faschistischen Gedankentums für schuldig bekennen«, sagt Alexander und lacht herzlich. Ich traue mich nicht, dankbar zu grinsen. Vielleicht darf nur er über den Witz lachen, weil er ja immerhin jüdische Vorfahren hat. Andererseits, vielleicht zählt seine Meinung zu diesem Thema dann auch gar nicht. Vor seinem familiengeschichtlichen Hintergrund ist er wohl auch ohne Kunstkenntnisse weniger anfällig für den Nationalsozialismus.
    Â»Aber Liebling, du magst doch Picasso. Du hast doch ganz viele Bildbände von ihm im Regal«, sagt Stephanie.
    Â»Ach ja, immer bekomme ich Bücher geschenkt. Und weil ich selbst Literatur verlege, denken alle, ich hätte aus diesem Bereich schon alles und schenken mir stattdessen Bildbände.«

    Â»Oh, das ist ein tragisches Schicksal. Aber es gibt eine Lösung: eBay«, sage ich, froh, dass wir nun endlich bei Themen gelandet sind, bei denen ich mich auskenne.
    Aber es ärgert mich sehr, dass Rafael mich die ganze Zeit ignoriert. Er ist viel zu sehr beschäftigt, Stephanie anzuhimmeln, mit seinen Blicken auszuziehen und zu verschlingen.
    Ich hatte ganz vergessen, dass Models heutzutage nicht mehr blöd sind, sondern drei Sprachen fließend sprechen, über Kunst parlieren und laszive Pop-Songs hauchen.
    Ich entwickle Sympathie für Justine Lévy. Das ist die arme Frau, die nur dafür berühmt ist, dass ihr das Model Carla Bruni den Mann ausspannte, bevor es sich an den kleinwüchsigen Präsidenten rangeschmissen hat. Dafür hat Lévy einen Abrechnungsroman geschrieben, der Bruni als unsympathischen Terminator mit wächsernem Gesicht outet. Trifft eigentlich auch auf Stephanie zu. Der Gedanke befriedigt leider nur kurz und hilft weder Justine noch mir – die Männer sind trotzdem futsch, in den Armen dieser anderen.
    Langsam beschleicht mich der schmerzhafte Verdacht, ich sollte an diesem Abend nur dabei sein, damit Rafael sich mit einer Statistin schmücken kann, die ihn offensichtlich anhimmelt. So war das nicht geplant. Unsere Tage und Nächte voll glühender Leidenschaft und berauschendem Sex hätten doch inzwischen auch seine Gefühlswelt erreichen müssen. Dann fällt mir ein, dass ich unser Liebesspiel an sich gar nicht so berauschend gefunden habe. Viel mehr berauschte mich die Überzeugung, dass meine Anwesenheit auf ihn berauschend wirkte. Und dann lässt Rafael den so winzigen wie zerstörerischen Satz fallen, der alle Illusionen schlagartig zunichtemacht:

    Â»Süße, magst du nicht schon mal abwaschen, während die Erwachsenen sich unterhalten?«, weist er mich an und zwinkert dabei verschwörerisch Stephanie zu. Die nimmt diese Einladung zum Verrat begeistert an und kichert. Alexanders Gesichtsausdruck ist immer noch nicht zu deuten.
    Ich spüre, wie meine Wangen immer heißer werden. Es fühlt sich an, als hätte Rafael mir auf offener Straße die Klamotten vom Leib gerissen, um sich dann mit allen darüber lustig zu machen, wie ich vor Scham im Boden versinke. Wie soll ich diese Demütigung nur überspielen? Ihm den Teller an den Kopf werfen? Brüllen? Unsouverän. Ich versuche meinem Boss -Kleid gerecht zu werden und lächele so süß, als wäre das keine Beleidigung, sondern ein Insider-Dialog zwischen uns.
    Â»Aber natürlich, Süßer, dafür bin ich doch hier«, hauche ich. Dann wackele ich mit ein paar Tellern in der Hand in Richtung Küche. Ein Wunder, dass ich sie nicht fallenlasse. Sollen sie doch genauso in Scherben zerfallen wie meine Träumereien. Ich bin keine Dichtermuse, ich bin nur ein dummes Mädchen, das so doof war, sich gleich in der ersten Nacht flachlegen zu lassen.
    Â»Also wenn die Erwachsenen sich über bildende Kunst unterhalten wollen, dann gehe ich auch lieber spielen, ähem, ich meine spülen«, höre ich Alexander sagen. Er folgt mir tatsächlich mit dem restlichen Geschirr.
    Â»Wie lange seid ihr beide jetzt eigentlich schon zusammen?« , will er wissen, als ich das Wasser in die Spüle einlasse. Wir duzen uns, seit wir zu Beginn des Abends feststellen mussten, dass wir nun einer gemeinsamen, großen

Weitere Kostenlose Bücher