Eigentlich bin ich eine Traumfrau
Kreativsippschaft angehören.
»So ungefähr zwei Wochen«, flüstere ich kleinlaut. Es ist so peinlich. Mitleid von Alexander ist das Letzte, was ich will. Und dass er meine Demütigung live miterlebt hat, beschämt mich aus irgendeinem Grund noch mehr als die Beleidigung selbst.
Während ich versuche, nicht in Schluchzen auszubrechen, schenkt Alexander uns beiden noch ein Glas Wein ein.
»Hier«, sagt er. »Was willst du denn eigentlich von dem?«
Ich greife dankbar zu dem Glas, das er mir hinhält. Als sich unsere Fingerspitzen berühren, pulsiert es leicht in meinem Körper. Irgendetwas an seiner Nähe macht mich nervös. Ich versuche, seinem durchdringenden Blick auszuweichen. »Ich dachte, er sei dein Freund?«
»Sagen wir mal, er ist es jetzt schon so lange, dass man die Freundschaft nicht mehr in Frage stellt. Aber deswegen muss ich ja seinen Umgang mit Frauen nicht toll finden.«
Er hat »Frauen« gesagt, also den Plural verwendet. Dann meint er wohl mich â und all die anderen Dummchen, die schon auf den groÃen Schriftsteller reingefallen sind. Ich bin nur eine von vielen, die in der Masse weiblichen Fleisches schwimmen, die allezeit für ihn bereitliegt. Schlimm. Aber mehr noch beschäftigt mich just in diesem peinigenden Moment die Frage, was der Typ, der sich so süà und besorgt um mich kümmert, von so einer Zicke wie Stephanie will. Dabei sollte es mich doch viel mehr wundern, dass mein eigener Freund dem Biest hinterherrennt. Ich bin wohl ein wankelmütiges Weib.
»Du hast meine Frage noch nicht beantwortet. Warum lässt du dich von dem Typen so behandeln?«
Ach, ich hätte mir Dutzende Antworten ausdenken können,
aber irgendetwas an Alexanders so eindringlichem Blick zwingt mich, ehrlich zu sein.
»Bei ihm kann ich die sein, die ich immer sein wollte«, gebe ich kleinlaut zu.
»Beim Spülen in der Küche? Wie meinst du das, âºdu kannst die sein, die du sein willstâ¹?«, fragt er und hebt mein Kinn ein wenig an. Oh nein, was soll das denn werden, die verzweifelte Annäherung der Ãbriggebliebenen? Mich würde nichts mehr wundern. Mein Freund buhlt ganz offensichtlich um Stephanies Gunst, wie es um Stephanie steht, weià ich nicht. Sie müsste ganz schön doof sein, ihre Beziehung zu Alexander zu gefährden. Aber sie ist vermutlich der Typ, der sich nur über die Bewunderung möglichst vieler Männer definiert. Dann erkläre ich Alexander auch noch â die reinste Ãbersprungshandlung â meine Theorie von dem Charakter, der sich nach dem äuÃeren Auftritt formt, so dass man schlieÃlich zu dem Menschen wird, der man sein will.
»Ich finde dich aber auch so schon ganz witzig und charmant.« Er will mich tatsächlich nur trösten, denke ich halb erleichtert und halb resigniert. »Ganz witzig« ist sicher keines der Attribute einer begehrenswerten Frau.
»Ich frage mich immer, ob ihr Rafael nicht einfach als eine Art Herausforderung betrachtet. Ihr wollt die eine Frau sein, der es gelingt, den Bindungsunfähigen zu zähmen. Und dann seid ihr beleidigt, wenn es nicht so klappt wie in euren Romanen.«
»Unsinn«, fauche ich und fühle mich irgendwie ertappt.
Aber er reitet nicht weiter auf diesem Thema herum. Glück gehabt.
»Rafael hat mir übrigens erzählt, dass du auch schreibst.«
Niemals hätte ich gedacht, dass Rafael überhaupt etwas von dem mitbekommen hat, was ich ihm in unserer ersten gemeinsamen Nacht erzählt habe. Und schon spüre ich wieder die unwillkommene Röte auf den Wangen.
Alexander grinst. »So heiÃe Liebesromane?«
Uff. Er deutet meine Verlegenheit offensichtlich falsch.
»Ãhem, in gewisser Weise schon«, nuschele ich hastig.
N ach diesem multiplen Schock hilft nur noch ein Abend mit den Mädels im Weinstein . »Rafael hat hinterher gar nicht verstanden, warum ich so sauer war. Er meinte, ich solle nicht so rumzicken. Und er wollte tatsächlich noch mit mir ins Bett, obwohl er mich gerade als hoffnungsloses Dummchen bloÃgestellt hatte.«
Nachdem die anderen zunächst in mein deprimiertes Wutgeheul über Rafaels Verhalten einstimmen, gibt Toni zu bedenken: »Aber Alexander hat mit der Herausforderung gar nicht so Unrecht. Ich meine, manchmal kann man das Gefühl kriegen, dass wir Frauen unser Selbstwertgefühl nur aus der Anerkennung der
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