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Eigentlich bin ich eine Traumfrau

Eigentlich bin ich eine Traumfrau

Titel: Eigentlich bin ich eine Traumfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jana Seidel
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Häuschen und denken, man müsse von nun an alles gemeinsam unternehmen, während die anderen in solchen Situationen peinlich berührt zusammenzucken. Obwohl es für beides gar keinen Anlass gibt. Warum ignoriert man sich nicht einfach gleichmütig, wie man es in der Heimat auch täte?
    Meine Mutter kommentiert begeistert alles, was ihre Augen durch das Busfenster erblicken und meine natürlich auch schon gesehen haben.
    Â»Hast du den alten Mann gesehen? Der lag da einfach so auf der Straße herum. Ach, diese Armut.«
    Â»Oh, die Bäume sind hier so unglaublich grün.«
    Â»Guck mal, da laufen überall wilde Hunde ganz allein rum. Ich glaube, die gehören gar keinem.«
    Im Hintergrund dudeln aus den Lautsprechern die Geigen, Trompeten und Gitarren einer Mariachi-Gruppe. Wie schön. Es sind eben die kleinen Dinge, die das Urlaubsgefühl ausmachen: die Scheine in der fremden Währung, die andere Sprache, vor allem aber die folkloristische Musik eines Landes, die sofort die Atmosphäre verändert und sogar die Landschaft draußen viel aufregender aussehen lässt.
    Die meisten Hotels stehen in Cancún nicht inmitten der
Stadt, sondern gebündelt auf einer angrenzenden Landzunge, so dass man auf dem Endspurt zwischen den geometrischen Klötzen zu beiden Seiten immer noch ein Stück endlosen Ozean zu sehen bekommt. Das Hotel, vor dem wir mitsamt Gepäck ausgespuckt werden, ist terrakottafarben und pyramidenförmig den Bauten der Maya nachempfunden. Es wundert mich nicht, dass die Lobby mit bunt gestreiften, ethnisch anmutenden Deckchen, übergroßen Tierskulpturen und zwei Zimmerbrunnen dekoriert wurde. Am Tresen reicht man uns einen orangefarbenen Begrüßungscocktail, den meine Mutter mit einem Schluck hinunterkippt. Ich nippe vorsichtig an der klebrig süßen Flüssigkeit. Maracujaaroma? Orange? Kiwi? Keine Ahnung.
    Â»Du kannst meinen gerne auch noch haben«, sage ich.
    Sie greift sofort zu. »So, Kind, und jetzt feiern wir erst mal unsere Ankunft. Eine Flasche Champagner aufs Zimmer«, nuschelt sie auf deutsch dem dicken, schnurrbärtigen Portier zu, der ruhig einen Knopf mehr an seinem Hemd hätte schließen können. Die Brustbehaarung reicht fast bis zum Hals. Fragend sieht er meine Mutter an.
    Sie wiederholt lautstark und gestenreich ihren Wunsch in jener vereinfachten Substantivfassung, die in Filmen auch die Missionare gegenüber den Ureinwohnern verwenden: »Champagner, Zimmer.« Sie gehört eben zu den Menschen, die glauben, man könne Sprachbarrieren überwinden, indem man einfach nur ein bisschen lauter spricht. Offenbar hat es diesmal tatsächlich geklappt. Der Portier nickt lächelnd und reicht uns die Schlüssel. Die Koffer müssen wir selbst schleppen und zwängen uns mühsam mit unserem Gepäck in den wackeligen Fahrstuhl. Unsere Zimmer liegen
direkt gegenüber voneinander. Ich bin zum Auspacken zu faul und schiebe nur den Koffer neben das Bett. An der Wand gegenüber hängt in einem türkisfarbenen Rahmen ein Frida-Kahlo-Kunstdruck. Er zeigt die Malerin mit ihrer üblichen Zopfkrone, auf ihrer Stirn prangt ein Totenkopf. Das Zimmer ist winzig, hat aber immerhin einen Balkon. Freudig erregt ziehe ich am Band die hölzernen Jalousien hoch und erwarte einen herrlichen Ausblick – blicke aber nur auf die Mülltonnen im Innenhof. Weil es sonst im Zimmer auch nicht viel zu entdecken gibt, statte ich meiner Mutter einen Besuch ab. Sie schleift mich direkt auf ihren Balkon und ruft immer wieder: »Juli, Juli, guck mal, wie schön!«
    Und sie hat Recht: Freier Blick auf feinen Sandstrand und blaues Wasser. Schön. Wir setzen uns auf die beiden Klappstühle, legen unsere Füße auf die Brüstung, halten unsere geschlossenen Augen in die Sonne und warten eine Stunde auf den Champagner, der natürlich nicht kommt. Ich glaube offen gestanden gar nicht, dass es in diesem Hotel welchen gibt. Es scheint eher der Ort für farbenfrohe Mischgetränke mit Katergarantie zu sein. Macht nichts, ich könnte bei diesen Temperaturen ohnehin nicht schon tagsüber trinken.

    D ie erste Woche verfliegt, ohne dass ich besonders viel von Mexiko gesehen hätte. Ich mache nichts anderes, als am Strand zu sitzen und auf das Wasser zu starren. Es ist so angenehm sich von den Brandungsgeräuschen und der
Hitze, die sich wie ein Dämmschutz um mich legt, einlullen zu

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