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Eigentlich bin ich eine Traumfrau

Eigentlich bin ich eine Traumfrau

Titel: Eigentlich bin ich eine Traumfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jana Seidel
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unten.«
    Oh Gott, Erik muss wirklich lange auf dem Trockenen gesessen haben. Er rast mit so einem irrem Blick los, dass er beinahe über die Schwelle stolpert.
    Ruth gibt mir einen Kuss auf die Wange. »Tschüss, Juli, das wird schon wieder. Fahr doch einfach mal in den Urlaub.«
    Was haben die nur alle mit ihrem Urlaub? Als ob es in so einer Situation von Vorteil wäre, massenhaft Zeit zu haben, um noch einmal alle elenden Situationen des eigenen Lebens als Endlosfilm Revue passieren zu lassen. Und dann die ganzen glücklichen Pärchen und Familien, die einen je nach charakterlicher Veranlagung mitleidig oder hämisch anstarren, wenn man abends am Katzentisch im Restaurant
sitzt. In der Masse sticht die Einsamkeit hervor wie eine Pestbeule. Glaubt zumindest der Einsame. Und derjenige zu sein, über den die Langzeitpaare sich Geschichten ausdenken, weil sie sonst keinen Gesprächsstoff mehr hätten, ist nicht sonderlich verlockend.

    A ls ich im Bett liege – und meine Schwester meinem Schwager wohl gerade ihren unter einem weißen Kittel entblößten Hintern entgegenstreckt –, fange ich doch noch an, mich mit dem Urlaubsthema anzufreunden. Es ist doch wirklich egal, wo ich mich aufhalte. Ich kann mich sowieso nicht auf die Arbeit konzentrieren, die mich von meinem Kummer ablenken sollte. Bevor ich also gefeuert werde, weil ich gar nicht mehr mitbekomme, was ich so auf Papier verzapfe, riskiere ich doch lieber, ein paar Aufträge an andere zu verlieren. Unter strahlendem Sonnenschein zu leiden, ist wahrlich nicht die schlechteste Alternative. Ich werde mir ein ganz bescheidenes Domizil suchen, eines wo ich ganz sicher nicht Stephanie treffen werde, die bestimmt auch gerade ihre Wunden leckt. Kurz flammt solidarisches Mitleid in mir auf, immerhin wurden wir beide innerhalb kürzester Zeit von den beiden gleichen Männern sitzengelassen – nur in umgekehrter Reihenfolge. Ich weiß schließlich am besten, wie schmerzhaft es ist, Alexander zu verlieren. Wobei dieses Luder ihn sicher gar nicht richtig geliebt, sondern es mehr auf die prestigeträchtige Verbindung abgesehen hatte. Sie leidet bestimmt nicht richtig. Das größte Problem solcher Frauen wird es immer bleiben, dass
der rotschwarze Nagellack von Chanel gerade dann ausverkauft ist, wenn man ihn braucht. Und im Gegensatz zu ihr habe ich zumindest niemanden umgebracht, der Alexander am Herzen liegt, sondern nur dafür gesorgt, dass er seinem besten Freund ein blaues Auge verpasst. Nein, Stephanie hat es sich wirklich selbst zuzuschreiben. Genau wie ich, denke ich verzweifelt. Ja, es wird Zeit, Hamburg für eine Weile den Rücken zuzudrehen. Wenn ich mich doch nur aufraffen könnte. Da erscheint es mir sofort wie ein Wink des Schicksals, als Louisa aus Irland anruft. Perfekt! Ich werde mich bei ihr einquartieren, melancholisch über grüne Weiden spazieren und mich von ihr rundum pflegen lassen. Sie wird mich verstehen. Schließlich ist sie damals ursprünglich auch nur deswegen nach Irland gefahren, weil sie eine Trennung verarbeiten wollte.
    Â»Ich bin schwanger, Juli. Ist das nicht unglaublich? Ich bekomme ein echtes, richtiges Kind. Ich bin so glücklich und Colin erst. Er wird so ein großartiger Vater …«
    Ach nö, vielleicht fahre ich doch nicht nach Irland. So viel fruchtbares Liebesglück verkraftet mein gebrochenes Herz nicht.
    Â»Oh, das ist ja toll, Louisa. Zur Geburt reisen wir natürlich an.« Wenn ich bis dahin nicht ins Wasser gegangen bin!

    W ie leicht es ist, ein paar Kilos zu verlieren, wenn man sich nicht darum bemüht. Im Büro habe ich mich krankgemeldet und bin bei meinen Eltern geblieben. Ich fühle mich auch gar nicht gesund. Wenn ich morgens aufwache, steckt
mir ein so dicker Kloß im Hals, dass ich mich schon beinahe übergebe, wenn die Zahnbürste meinen Gaumen berührt. Ich bekomme einfach nichts herunter. Nichts. Selbst meine Mutter fängt langsam an, sich Sorgen zu machen und sich ernsthaft mütterlich zu benehmen.
    Â»Kind, ich mach dir eine Hühnersuppe.«
    So übel ist sie gar nicht.
    Â»Und dann reden wir darüber, wie es mit dir und Rafael weitergeht.«
    Was für eine bescheuerte Bemerkung. Ich fühle mich zu schwach, um ihr zu widersprechen. Stattdessen breche ich in lautes Schluchzen aus. Und, merkwürdig, auch wenn meine Mutter gar nicht weiß, warum ich heule, tut es am Ende doch

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