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Eigentlich bin ich eine Traumfrau

Eigentlich bin ich eine Traumfrau

Titel: Eigentlich bin ich eine Traumfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jana Seidel
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endlich auch mal einen schwulen besten Freund zuzulegen  – wie die Mädels in den ganzen angesagten Filmen und Büchern.
    Ich habe zum Glück mein Handy eingesteckt und kann deswegen meine Mutter anrufen, bevor sie eine Suchmeldung aufgibt. Knapp fasse ich die Lage zusammen und lass mir versichern, dass sie nichts braucht und ich sie wirklich allein zurücklassen kann. Sie klingt schon wieder erstaunlich munter, als sie mir viel Spaß mit meinem »mexikanischen Galan« wünscht.

    D ie Wohnung von Juan und seinem Freund Ruben ist geschmackvoll eingerichtet, mit antiken Truhen und kostbar aussehenden Wandteppichen. Es stellt sich heraus, dass Juans Eltern ziemlich reich sind. Als Führer arbeitet er trotzdem, weil er nicht von ihnen abhängig sein will. Das Geld
würden sie ihm nämlich ganz schnell streichen, wenn sie von der Sache mit Ruben erführen.
    Wir gehen in die Stadt und essen Ceviche auf knusprigen Maisfladen. Der rohe Fisch in Limettensaft schmeckt erfrischend. Danach gönne ich mir noch eine so genannte »Himmelstorte« aus Mandeln. Ich blinzele in die Sonne, bewundere die kolonialen Bauten und habe alles Unbehagen vergessen. Ruben sieht aus wie ein Model, sehr schmal und elegant. Dabei ist er aber genauso nett und lustig wie Juan. Die armen Mexikanerinnen, die sich die Zähne an diesen beiden Exemplaren ausbeißen. Aber das soll nicht mein Problem sein.
    Wieder in der Wohnung angekommen trudeln bald schon die Partygäste ein. Mit einem Lächeln nehme ich ein Glas mit dunkelbrauner Flüssigkeit entgegen, das Juan mir reicht. Ungewohnte Farbe, aber im Supermarkt habe ich schon gesehen, dass hier ungefähr so viele Tequilasorten angeboten werden, wie in einem schottischen Geschäft Whisky. Beeindruckt erzähle ich, dass bei uns nur zwei Sorten Tequila verkauft werden und dass auf beiden Etiketten ein schlafender Mexikaner im Poncho unter einem Kaktus abgebildet ist. Auf dem Schraubverschluss sitzt ein Plastik-Sombrero. Juan und seine Freunde grinsen. Im Gegensatz zu den Mariachi im Hotel tragen sie keine Sombreros oder Ponchos, eher elegante Hemden zu dünnen Stoffhosen. Die Frauen betonen ihre Vorzüge in knappen, bunten Kleidern.
    Ich trage immer noch mein durchgeschwitztes, kariertes Hemd in beigen Shorts und fühle mich wie ein belustigendes, exotisches Tierchen, das Juan bei einer Expedition durch den Dschungel aufgetrieben hat. Ich hole Salz und
eine Zitronenscheibe aus der Küche und überspiele meine Verlegenheit, indem ich schnell die Salz-auf-die-Hand-ablecken-schlucken-in-Zitrone-beißen-Nummer durchziehe, wie ich es aus meiner Studentenzeit kenne. Die Gäste starren mich entsetzt an.
    Â»Was machst du denn da?«, fragt Juan.
    Ich erzähle von dem heimischen Ritual. Wieder lachen sich alle schlapp und erklären mir, dass das ganze Exportzeug eher so eine Art Abfallprodukt des echten Tequilas sei. Deswegen müsse es vielleicht mit Hilfsmitteln runtergewürgt werden. Hier trinkt man den sauteuren Tropfen aus einem Cognacschwenker. Ich werde eine Flasche kaufen und damit Toni, Tanja, Peter und Hrithik höllisch beeindrucken.
    Es stellt sich heraus, dass es auch einen Bestandteil deutschen Kulturguts gibt, das man in aller Welt kennt: Rammstein. Au weia! Die düsteren Rocker haben ihnen ganz sicher ein völlig falsches Deutschlandbild vermittelt. Ich kenne zuhause jedenfalls niemanden, der die Musik mag. Ich versuche meinen Gastgebern zu erklären, dass es so ähnlich sei wie mit dem Tequila – natürlich verschiffen wir nur die Produkte nach Übersee, auf die wir selbst nicht ganz so scharf sind. Zu blöd, dass die Rammstein-Jungs hier offenbar heiß und innig geliebt werden und die Fans nun etwas beleidigt dreinblicken. Ob den Jungs und Mädels klar ist, dass sich die Band nach einem grässlichen Flugzeugunglück benannt hat? Oder sollte man es lieber positiv sehen und sich über das kulturell bedingte Unverständnis freuen: Wir jauchzen bei uns über Tequila-Abfall, von dem wir keine Ahnung haben, und hier jubelt man zu Texten, die man vielleicht
je lieber mag, desto weniger man sie versteht? Ich versuche vom Thema Rammstein abzulenken und die Anwesenden damit zu beeindrucken, dass ich Alejandro Fernandez kenne. Das wiederum scheint hier ebenso peinlich zu sein, wie sich in Deutschland als Fan von »Marianne und Michael« zu outen. Ich verstehe sofort, warum das so ist, als

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