Eigentor für Moritz
musst doch selber entscheiden können, wo du spielen willst.«
Roberto lacht bitter. »Nicht bei meinem Vater. Der entscheidet lieber für andere mit.« Lautstark zieht er die Nase hoch. Doch noch erkältet? Oder heult er vielleicht?
Um es ihm nicht noch schwerer zu machen, vermeidet Moritz ihn anzuschauen. Er kratzt an einem Schmutzfleck auf dem Fußboden herum und fragt vorsichtig: »Aber warum hast du so getan, als würdest du zu uns gehören? Sogar noch beim Spiel gegen Steinbach.«
»Weil ich immer noch gehofft habe, ich könnte meinen Vater überreden. Erst kurz nach dem Spiel hat er mir eröffnet, dass alles schon gelaufen ist. Sogar einen Spielerpass hatten sie beim VfB schon beantragt.«
»Das hättest du uns erzählen müssen!«
Roberto schnieft wieder. Keine Erkältung, hundertpro. »Das weiß ich selber«, sagt er. »Ist aber nicht besonders cool, wenn du behandelt wirst wie ein Baby, oder?«
»Lieber wolltest du als Verräter dastehen«, stellt Moritz fest. O Mann, was für eine verzwickte Situation. Auch seine eigenen Eltern haben Moritz schon mal Schwierigkeiten bereitet. Darüber hat er damals auch nicht gesprochen und sich lieber hinter fadenscheinigen Ausreden versteckt. Das wäre fast das Ende seiner Freundschaft mit den Blau-Gelben gewesen, noch ehe sie richtig begonnen hatte.
»Vielleicht hätte ich besser ganz aufhören sollen«, sagt Roberto in Moritz’ Gedanken hinein. »Aber Fußball ist mein Leben. Ich will spielen! Ich muss spielen! Und wenn nicht bei euch, dann eben beim VfB oder irgendwo. Kannst du das verstehen?«
Moritz will schon protestieren – einmal Blau-Gelb, immer Blau-Gelb –, doch dann beißt er sich auf die Lippen. Schließlich hat auch er gelegentlich über einen Wechsel nachgedacht, aus Angst um seinen Stammplatz zum Beispiel oder als Anschub für seine Karriere.
»Ja, ich verstehe dich«, sagt er. »Aber wenn du auch in Zukunft spielen willst, solltest du nicht noch mal so einen Auftritt wie am Samstag hinlegen.«
»Meine Leistung war wohl ziemlich daneben, was?«
Moritz grinst. »Zum Abgewöhnen, aber ehrlich.«
»Ich weiß, aber ich war so durcheinander.«
Moritz nickt. »Wenn ein Fußballer den Kopf nicht frei hat …«
Dankbar nimmt Roberto den Faden auf. »… dann spielen die Beine auch nicht mehr mit. Ich wollte es euch sagen, aber ich wusste nicht wie. Dann habe ich eine Woche krank gefeiert. Ich dachte, es findet sich vielleicht von allein. Ach egal, jetzt ist sowieso alles zu spät.«
»Hhm, für deine Tore nach meinen Flanken, wahrscheinlich. Aber sonst … Catrina, die Freundschaft und so … Soll ich mal mit den anderen reden?«
Roberto zuckt die Schultern. Klingt nicht nach einem ausdrücklichen Verbot, oder?
Eine Putzfrau mit Wassereimer und Schrubber zwängt sich an den Jungen vorbei. Genervt fragt sie: »Habt ihr keinen besseren Platz zum Quatschen?«
Moritz verdreht die Augen und tippt sich verstohlen an die Stirn. Roberto lächelt, zum ersten Mal an diesem Tag. »Ich bin froh, dass du jetzt alles weißt«, sagt er leise. Er steht auf und wendet sich zum Gehen. Doch dann bleibt er noch mal stehen. »Sag es ihnen nicht!«
»Nicht?«
»Na ja, dass ich geheult habe.«
»Wo steckst du denn solange?«, fragt der Großvater statt einer Begrüßung. »Jetzt ist der Nudelauflauf schon fast kalt!«
Schade drum. Aber er wird noch kälter werden. Denn Moritz hat keine Zeit zum Essen. Er sucht seine Telefonliste und beginnt mit der ersten Nummer.
»Niko? Wir müssen uns sofort treffen! Alle! Es ist wichtig.«
Feindschaft bis zur Blutgrätsche
D as gibt’s doch nicht!«
»Der Mann hat doch nicht alle Tassen im Schrank!«
»Dem sollten wir mal auf die Bude rücken und ihm richtig die Meinung geigen!«
Gleich nach seinem Anruf haben sich die Freunde bei Moritz eingefunden. Rebekka hat für diesen wichtigen Anlass sogar einen ihrer vielen freiwilligen Nachmittagskurse sausen lassen. Weil sein Zimmer zu klein ist für so viele Gäste, hat der Großvater ihnen das Wohnzimmer überlassen. Fassungslos haben sich dort alle Moritz’ Bericht angehört. Jetzt machen sie ihrer Empörung Luft.
»Dass man mit Eltern oft Scherereien hat, dürfte bekannt sein«, entrüstet sich Catrina. »Aber das ist doch wirklich das Allerletzte.«
»Kann man da gar nichts machen?«, überlegt Alex. »Polizei? Kinderschutzbund?«
Rebekka winkt ab. »Vergiss es! Da musst du mit härteren Dingen kommen, Kindesmisshandlung, seelische Grausamkeit, solche
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