Eighteen Moons - Eine grenzenlose Liebe (German Edition)
lügen«, fiel mir Mrs English gleichgültig ins Wort. »Damit ihre Kinder sich der großen Lüge hingeben können, die das Leben der Sterblichen ist.«
Ich merkte, wie ich immer wütender wurde. »Was wissen Sie schon von meiner Mutter. Sie haben sie gar nicht gekannt.«
»Das Rad des Schicksals. Deine Mutter weiß darüber Bescheid. Die Zukunft ist nicht unabänderbar vorherbestimmt. Nur du kannst das Rad aufhalten, ehe es Marian Ashcroft zermalmt. Ehe es alle zermalmt.«
Mrs English verschwand und der Raum war plötzlich wieder völlig leer. Vor mir war eine in die Wand eingelassene Tür aus glattem Ebereschenholz, als sei sie schon immer dort gewesen. Die Temporis Porta.
Ich streckte die Hand danach aus. Kaum hatte ich den Türgriff berührt, befand ich mich wieder auf der anderen Seite im Tunnel der Sterblichen.
»Ethan! Was ist passiert?« Liv fiel mir um den Hals, und ich spürte in diesem Moment wieder die besondere Verbindung, die für immer zwischen uns bestehen würde.
»Keine Sorge, es geht mir gut.« Ich machte mich von ihr los. Livs Lächeln erstarb; ihre Wangen liefen rot an, als ihr klar wurde, was sie getan hatte. Sie verschränkte verlegen die Arme hinter dem Rücken, wie um sie zu verstecken.
»Was hast du gesehen? Wo warst du?«
»Wo genau es war, kann ich nicht sagen, aber ich weiß, dass es die Hohe Wacht war. Ich habe zwei der Bewahrer wiedererkannt, die bei Marian in der Bibliothek waren. Ich glaube, ich habe in die Zukunft gesehen.«
»In die Zukunft? Wie kommst du darauf?« Man konnte förmlich sehen, wie das Räderwerk in Livs Gehirn auf Hochtouren lief.
»Es ging um Marians Verhandlung und die hat ja noch gar nicht stattgefunden.«
Liv fummelte an dem Bleistift herum, den sie sich hinters Ohr gesteckt hatte. » Temporis Porta bedeutet Zeitentür. Denkbar wäre es. Wenn die Temporis Porta ein Portal ist, was ich stark vermute, dann hast du womöglich etwas gesehen, was tatsächlich noch nicht geschehen ist. Dann hast du wirklich einen Blick in die Zukunft geworfen.«
Angesichts dessen, was sich gerade vor meinen Augen abgespielt hatte, hoffte ich inständig, dass es nur als eine Warnung gedacht war – als eine mögliche Zukunft, die nicht unwiderruflich so eintreten musste.
Liv schrieb fieberhaft in ihr rotes Notizbuch, um jede Einzelheit unseres Gesprächs festzuhalten.
»Ich kann nur hoffen, dass du dich irrst.«
Sie hörte auf zu schreiben. »Dann hast du also nichts Gutes gesehen?«
»Nein.« Ich zögerte. »Wenn es tatsächlich die Zukunft war, dann dürfen wir Marian auf keinen Fall zu dieser Verhandlung gehen lassen. Versprich mir, dass du mir hilfst. Wir müssen den Rat daran hindern, Marian mitzunehmen. Ich bezweifle, dass sie weiß …«
»Ich verspreche es dir.« Livs Gesicht war düster und ihre Stimme spröde. Ich sah, dass sie mit den Tränen kämpfte.
»Hoffen wir, dass es eine andere Erklärung dafür gibt.« Aber noch während ich das sagte, wusste ich, dass es keine andere Erklärung gab. Und Liv wusste es auch.
Das goldene Ticket
13.10.
Nach der Begegnung mit den Bewahrern in der Bibliothek war Marian in ihr Haus zurückgekehrt und hatte es, soweit ich wusste, seitdem nicht mehr verlassen. Am nächsten Tag war ich bei ihr vorbeigefahren, um nachzusehen, ob es ihr gut ging. Aber sie hatte die Tür nicht aufgemacht und war auch nicht zur Arbeit gegangen. Tags darauf hatte ich ihre Post auf die Veranda gelegt und versucht, durch ein Fenster zu spähen, aber die Läden waren verschlossen und die Vorhänge zugezogen gewesen.
Jetzt läutete ich wieder an der Tür und wieder machte Marian nicht auf. Ich setzte mich auf die Verandastufen und sah ihre Post durch. Nichts Außergewöhnliches – Rechnungen, ein Schreiben von der Duke University, wahrscheinlich ging es um eines ihrer Forschungsstipendien. Und ein zurückgesandter Brief, der nicht zugestellt werden konnte.
»Kings Langley« lautete die Adresse.
Wieso kam mir das so bekannt vor? Mein Kopf war wie benebelt, aber irgendwo in den Tiefen meines Gedächtnisses schlummerte etwas, zu dem ich nur nicht vordringen konnte.
»Das gehört, glaube ich, mir.« Liv setzte sich neben mich auf die Stufen. Sie hatte ihre Haare zu Zöpfen geflochten und trug abgeschnittene Jeans und ein T-Shirt mit dem Periodensystem vornedrauf.
Auf den ersten Blick wirkte sie wie immer. Aber ich wusste, dass der letzte Sommer vieles für sie verändert hatte. »Ich hab dich noch gar nicht gefragt, wie du dich nach der
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