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Ein abenteuerliches Herz

Ein abenteuerliches Herz

Titel: Ein abenteuerliches Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Ludwig Arnold
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stark. Die Insel ist ein Juwel, an dessen Fassung alle Mächte, die es je besaßen, ziseliert haben. Vor allem aber wirkt die Nähe Afrikas beherrschend ein – die reine Schwerkraft des fremden Kontinents, die mitarbeitet an der Landschaft wie die Schwerkraft des Mondes an der Meeresflut. In Pflanzen, Tieren und Gesteinen, in Panoramen und Perspektiven, in Gesten, Köpfen und Gesichtern der Menschen, in ihren Sitten, Formen und Werten drückt sich die afrikanische Vermählung aus, der Hauch der Wüsten und Oasen, der Bannkreis der großen Sonnenmacht. Daher ist es kein Zufall, daß um diese Insel zwischen Europa und Afrika so oft gekämpft wurde, ähnlich wie um die Inseln der Agäis zwischen Europa und Asien.
    Nachmittags durchirrte ich mit dem Magister die engen Gassen, um Fassaden und Höfe der in sie eingebauten Paläste anzuschauen. Wir stießen dabei immer wieder auf den Platz der Quattro Canti, an dem man die ideale Bildung einer Straßenkreuzung studieren kann. Dann hielten wir bei einem Konditor Rast, um Eis zu essen – die berühmte cassata siciliana, in die kandierte Früchte eingesplittert sind. Überhaupt erheben sich die Konditoren zu Künstlern in diesem Land.
    Am Fischmarkt. Hier fiel mir die Triglie auf, die sich silberglänzend mit roten Flecken und Bändern präsentiert. Seitlich trägt sie einen gelben Längsstreifen; die kobaltblauen Augen umschließt ein leuchtend blutroter Rand.
    Auf dem Heimwege besuchten wir einen deutschen Autor, Herrn Schmidt, und seine Frau, die in der Nähe von Mondello ein einsames Häuschen gemietet haben, das sich in einem ummauerten Fruchtgarten verbirgt. Die Räume waren kaum eingerichtet, doch teilten Orangen und Zitronen, die an belaubten Zweigen die kahlen Wände schmückten, ihnen die heitere Note mit. Es herrschte musische Stimmung, Lebensleichtigkeit.
    Wir plauderten zunächst bei Obst und Wein und ergingen uns dann im Garten, einem dichten Zitronenhain. In ihm ergriff mich wieder das Gefühl, mit dem wir fremde Früchte, die wir von Kind auf kannten, im Lande ihres Ursprungs wachsen und reifen sehen. Darin liegt eine Ahnung von Paradiesesgärten – wir drangen zu den Inseln der Gewürze, den Quellen des Reichtums, vor. Und einmal treten wir vielleicht in Räume, die den edlen Früchten des Menschenlebens, den Heldentaten, den guten Werken, den Liebesopfern, heimatlich sind. Wir werden im Ursprung erquickt.
    Ich lobte unserem Wirt die stille, südliche Klause, in der er seit über einem Jahre haust und tätig ist. Indessen erzählte er, daß mit dem Beginn des Sommers ein Mann mit einem Eselchen erschienen sei, um es dicht bei der Mauer an ein Wasserrad zu schirren, dessen Knarren dann während der ganzen heißen Jahreszeit die Arbeit und die Muße begleitete.
    Mondello, 23. April 1929
    Segesta. Der Tempel verbindet sich mit der Landschaft zu einer Einheit von wilder Kraft und Harmonie. Es war trübe und windig; der Zug der Wolken und das Gleichgewicht der Berge schienen durch das Heiligtum beherrscht. Wenn dieses nicht stünde, würden die Naturkräfte titanisch übereinander herfallen. Das ideale Verhältnis von Macht und Ordnung ist in der waagerechten und vertikalen Aufteilung getroffen: der Geist fühlt sich durch die Betrachtung gesichert und beruhigt.
    Bauten wie diese sind Kraftwerke höchster Ordnung, in deren Bannkreis musisches und Heldenleben Jahrhunderte gedeiht. Es äußert sich in ihnen einmal die Erdkraft; in diesem Sinne treibt sie der Boden als Auskristallisation hervor. Man fühlt, sie sind mit ihm verwandt. Zum anderen sind sie Kompositionen des Geistes – das heißt, sie sind zugleich Bildungen der unbewußten und der bewußten Macht.
    Beim Anstieg zum Theater blickte ich oft auf das Heiligtum zurück und fand, daß mit der Entfernung das Wunderbare wächst. Es ziert die Griechen, daß sie den Rang der Verkleinerung kannten und ihr Verhältnis zur Größe, wie ja auch der Kristall als verkleinertes, aber zugleich offenbartes Modell des Erdreiches erscheint. Der Staat, der allen anderen Künsten gegenüber als Mäzen auftritt, wird in der Architektur zum Ausübenden, und in den hohen Bauten spiegelt sich seine Ordnung unmittelbar. Er könnte in ihnen seine Größe nun zyklopisch offenbaren, doch bietet er statt dessen ein sublimiertes Muster dar. Das ist es, was ihnen die Verbindung von Macht und musischem Charakter gibt.
    Der Tempel von Segesta kam infolge kriegerischer Wirren nicht zur Einweihung. Die Blöcke seiner Basis tragen noch

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