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Ein abenteuerliches Herz

Ein abenteuerliches Herz

Titel: Ein abenteuerliches Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Ludwig Arnold
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sind drei Lebenselemente, die dieser Familie die Form verleihen: die Sonne, der Flug, das Holz. Sie modellieren nach ihrem Wirkungsgrade an der Gestalt. Dem Lichte entspricht die Schildform, der schnellen Bewegung der kahn- oder torpedoförmige Zuschnitt, dem Leben im Holze der drehrunde oder meißelförmige Leib.
    Bei diesen Einflüssen der Lebenselemente auf die Form der Tiere verwundert mich immer stärker ein Widerspruch: es scheint, daß die Natur nach zwei verschiedenen Gesetzen dabei verfährt. Das erste dieser Gesetze ist das der Entsprechung – und in diesem Sinne stehen die Tiere zu den Elementen in ähnlicher Beziehung wie das Werkzeug zum Werkstoff, den es spaltet, schneidet und mit scharfsinnig berechneter Ökonomie durchdringt. Die Flügel, das Gefieder, die Flossen, die Schuppen sind ihrer Welt, in der sie sich bewegen, eng angepaßt, so wie der rote Lack dem Siegel, das ihn prägt. Diese Entsprechung ist oft gesehen und gut studiert.
    Dann aber gibt es auch ein Gesetz der Homogenität: die Elemente zeichnen sich nicht nur der Wirkung, sondern auch dem Wesen nach in den Tieren ab. So drückt sich etwa in den Brillantfarben vieler Mittagstiere das Licht in seinem Wesen aus. Oft liegt darin für diese Arten, die große Wärme lieben, ein Widerspruch zur Wirkung, denn der besten Bestrahlung würde die schwarze Farbe angemessen sein. Gerade bei den Buprestiden ergötzt mich nun folgendes: wo man bei ihnen schwarze Arten findet, wird man doch das Licht auch seinem Wesen nach in Andeutungen auf ihnen spielen sehen, sei es als Erz- und Bronzeschimmer, sei es als irisierender Puder, der in mikroskopischen Kristallen aufleuchtet oder in bunten Makeln, mit denen die dunkle Panzerung sich ziert. Das ist ein Merkmal, das man nie bei einem Nacht- oder Dämmerungstier erblicken wird.
    Auf diese Weise gleicht der Habitus des Tieres einem Schilde, der seinen Träger in der Bewegung des Lebens schirmt und der auf seine Notdurft zugeschnitten ist. Zugleich jedoch ist auch sein Wappen darin eingelassen, sein Symbolon, das Zeichen des großen Ordens, zu dem er zählt. Und wenn man ein wenig Übung im Lesen dieser Ideogramme hat, erkennt man sogleich den Vogel an den Federn, die er trägt. »Ich bin ein Ritter der Sonne, des Waldes, von der dürren Heide, vom halben Mond.« Hier darf man nicht nach den Zwecken fragen – es liegt ein Urgenuß darin, zu zeigen, was man ist. Und darin liegt auch die Bedeutung dieser prunkvollen Zeichen beim Liebesspiele: die Weibchen lieben nicht, was die Männchen wirken, sie lieben, was sie sind.
    Mondello, 26. April 1929
    Wir übernachteten im großen Saale eines Albergo, den noch ein reines Rokoko zierte, das ohne jeden musealen Anspruch im täglichen Gebrauch erhalten war. Oft schreiten an den Rändern unseres Raumes die Zeiger sachter vor, und die Geräte, die Moden, die Sitten nützen sich langsamer ab. Im Grunde ist das der Unterschied an Eile zwischen der Metropole und der Provinz, der immer lehrreich für die geschichtliche Einsicht bleiben wird. Wie viele Schilderungen urtümlicher Zustände, von Herodot, von Tacitus an, verdanken wir der Tatsache, daß ihr Autor einige hundert Meilen vom Zentrum des Bewußtseins entfernt auf Studien ging. Die Korrespondenz von Raum und Zeit gilt auch in dieser Hinsicht; wir können durch räumliche Veränderungen uns verflossenen Zeiten annähern. Über alle Einsicht hinaus liegt in diesem Eintauchen auch etwas Heilsames verborgen: »In Italien« oder »Auf dem Lande« bedeutet vor allem eine Minderung an Tempo, geringere Verbrennung durch die Zeit. Man geht ins Kinder- und Märchenland zurück. Jenseits des Brenners fällt ein Stein von unserer Brust, eins der Gewichte an der Lebensuhr.
    Am Vormittag vergnügte ich mich, aus unserem Fenster den kleinen Fischmarkt zu betrachten, auf dem die Frauen einkauften. Das Angebot war ärmlich; einige wie mit silbergrauem Hauch galvanisierte Thune streckten in aufgespannter Haltung gleich Apparaten einer höheren Mechanik die starren Flossen aus. Daneben lag ein kleiner Haifisch auf dem Stein. Wie an allen Szenen südlichen Lebens fiel mir auch hier der mindere Grad an Willensfreiheit auf, dem ein stärkerer Zwang der Sitte zugeordnet ist. Das gibt den Bildern das Dekorative, das Malerische und oft Opernhafte, das uns anzieht; es treten in ihnen weniger Individuen als Repräsentanten auf.
    Am Mittag fuhren wir, nachdem wir uns von Catalfamo verabschiedet hatten, mit der Bahn zurück. Perpetua war das

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