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Ein abenteuerliches Herz

Ein abenteuerliches Herz

Titel: Ein abenteuerliches Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Ludwig Arnold
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mehr in ihr hause, aber es gibt Gewohnheiten, die man beibehält wie ein Schlafwandler. Ein Wunder, daß die Wirtsleute mich die ganzen Jahre über nicht bemerkt haben. Aber sie waren immer diskret. Es könnte jedoch sein, daß ich den neuen Mieter dort finde oder daß er mich antrifft – vor allem, wenn ich, wie ich es manchmal tue, mich in das Bett lege. Wir halten uns dann womöglich gegenseitig für Einbrecher. Das gäbe Stoff für einen Kriminalroman – es ist dort immer ein wenig unheimlich. Besser wäre noch eine Spukgeschichte, um so mehr als das Haus schon seit zwanzig Jahren in die Luft geblasen ist. Ein sturmfreies Nest.
    Aber ich will doch hinfahren, werde ein Taxi nehmen, damit ich zum Zug zurechtkomme. Die Dinger, die da vorübertorkeln, gefallen mir nicht. Eins sieht aus wie die Badewanne, in der Marat erstochen wurde, ein anderes wie eine Napfkuchenform, die um ihre Achse rotiert. Ein Grüner winkt von drüben: »Suchen Sie einen Wagen? Hier kommt grad einer, einen Augenblick.« Er hält das Auto an, einen uralten Kasten, und kommt mit ihm herüber: »Sind allerdings Anfänger, haben eben erst ihre Prüfung gemacht.«
    Ich steige ein; eine forsche Blonde in Matrosenbluse sitzt am Steuer, neben ihr eine Brünette als Beifahrerin. Auch der Polizist zwängt sich herein, obwohl es zu eng ist und er nur stört. Natürlich hätte er seinen Posten nicht verlassen dürfen, um mit den Weibern auf Tour zu gehn. Aber als Fremdenführer ist er im Dienst. Ein ganz Gerissener. Schon steuern sie in Schlangenlinien über den Alexanderplatz, verdächtigen Vierteln zu.
    *
    Exkursion zu einer unbewohnten Insel in Gesellschaft des Malers Dalvit und des Doktor Weideli. Wir wollen dort Buprestiden fangen und hoffen auf reiche Ausbeute. Da winken unbekannte Spezies. Wir kommen mit dem Schiff und suchen zunächst das Festland zu erreichen, dem die Insel vorgelagert ist. Da die Küste flach abfällt, müssen wir das Schiff verankern und die letzte Strecke schwimmend zurücklegen.
    Auf dem Festland mieten wir uns in einem obskuren Wirtshaus ein und bestellen, um den Rückweg zu erleichtern, Wasserfahrräder. Die Insel liegt ganz nahe; wir hören das Kreischen der Vögel im Uferwald. Der Meeresarm, der sie vom Festland scheidet, führt kaum knietiefes Wasser; wir können also hinüberwaten und machen uns mit unseren Netzen und Ätherflaschen auf den Weg. Das Wasser ist warm; der Sand ist weiß, feinkörnig, angenehm.
    Auf der Insel angekommen, sehen wir sogleich, daß an den Streifzug, von dem wir uns so viel versprachen, nicht einmal zu denken ist. Das Unterholz verfilzt sich dicht und dornig, dazwischen wuchern Nesseln, deren Kapseln schon explodieren, wenn sie nur unser Schatten trifft. Ein gelber, ätzender Staub weht von den Baumkronen herab. Wir dürfen nicht wagen, auch nur einen Schritt über den schmalen Strand hinaus zu tun. Wir müssen also zurückwaten, und dabei stößt uns inmitten des Meeresarmes, der eben noch so friedlich dagelegen hat, ein schlimmes Abenteuer zu.
    Sind das nun Scherenschleifer, die sich inzwischen mit ihren Wägelchen im flachen Wasser etabliert haben? Zunächst will es so scheinen – da blinken Messer, Scheren und anderes schneidendes Gerät, da surren Schleifräder. Doch dann ist da auch Fleisch wie in den Schlachterläden; die weißen Kittel der Meister und Gesellen sind mit Blut befleckt. Einem blicke ich über die Schulter und sehe, daß er mit einem abgetrennten Fuß beschäftigt ist. Aha, es sind wohl Chirurgen oder Anatomen, die sich hierher zurückgezogen haben – die mögen es gern, daß der Boden unter Wasser steht. Messer und Scheren scheinen es zu bezeugen – aber wozu das Beil, mit dem der Weißkittel jetzt zum Schlag ausholt? Verflucht, wir sind hier in eine böse Küche geraten, befinden uns vermutlich schon auf der Rückseite des Waldes – im Grunde ist jede Seite ja auch eine Rückseite.
    Zum Glück haben die Burschen uns noch nicht bemerkt. Sie sind mit insularem Eifer in ihr Geschäft vertieft. Sie hacken und schneiden wie die Wilden, während wir im Zeitlupentempo davonwaten.
    Auch im Gasthaus ist es jetzt lebhaft geworden; es wimmelt von jungen Leuten vom Typ des akademischen Reisenden. Vermutlich haben sie mit denen da draußen zu tun, kommen vielleicht zur Ablösung. Da heißt es vorsichtig sein. Ich murmele einem der Jünglinge, der mich freudig begrüßt, etwas von »schwierigen Operationen« zu; er sucht mich indessen zu beschwichtigen. »Hormongewinnung« ist

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