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Ein abenteuerliches Herz

Ein abenteuerliches Herz

Titel: Ein abenteuerliches Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Ludwig Arnold
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nicht nur bei den Engländern Sonderlinge gibt.«
    *
    Im Raumtransporter – wir hatten einen längeren Ausflug gemacht. Amerikaner, Europäer verschiedener Nationen, dazu fast zur Hälfte Tonkinesen oder Anamiten, kleine, intelligente, angenehme Gesellen – also grobhin gesprochen: Weiße und Gelbe, wenn man so will. Dozenten und Reporter in den besten Jahren – die Exkursion war nicht gerade gefährlich, doch auch nicht ohne Risiko gewesen; wir hatten weder Frauen noch Kinder mit an Bord.
    Es war nicht mehr weit bis zur Landung, atterrissage wäre das bessere Wort. Eine Million Meilen, etwas mehr oder weniger. Es ist merkwürdig, wie scharf man die Geräusche, vor allem die technischen, in einem solchen Fahrzeug verfolgt, obwohl sie leise sind. Das geschieht im Unterbewußtsein und begleitet die Automatik, doch wird man hellwach bei der geringsten Dissonanz.
    Etwas schien nicht in Ordnung; verschiedene Lichter glommen auf, ganz kleine, dazu ein Summerton. Ein Ingenieur kam von hinten und ging zum Cockpit – ich hatte ihn während des ganzen Fluges noch nicht gesehen. Dann wurde das Personal abgerufen – der Arzt, die Stewards, die Leibwächter verschwanden in der Bordkanzel, einer nach dem anderen.
    Das war beunruhigend. Es war auch vorher nicht laut gewesen, eher schläfrig; nun wurde das Schweigen penetrant. Der Fall war ungewöhnlich, doch nicht außerordentlich. Jeder, der ein Fahrzeug besteigt, weiß, daß er ein Risiko eingeht, auch wenn er es täglich benutzt. Einst brachte man vor einer Seereise dem Neptun sein Opfer, hier war eher Phöbos zuständig.
    Die Lage war mir nicht neu; ich hatte sie schon öfters erlebt. Es war die erste Teilung bei drohender Gefahr. Die Eingeweihten sondern sich ab. Vorm Angriff bildet sich eine Gruppe von Offizieren und spricht auf einem Hügel oder hinter einer Deckung die Lage durch. Ähnlich verhält sich der Chirurg mit seinem Personal vor einer Operation. Der Kranke liegt abseits. Was dort besprochen wird, könnte ihn eher verwirren. Hier waren es die Techniker: der Kapitän mit seinem Team. Sie waren die Eingeweihten und verhandelten über unser Los.
    Der einfache Soldat, der Patient, der Passagier erwarten den Spruch der Eingeweihten mit einer Unruhe, die aus verschiedenen Gründen verständlich ist. Zunächst erhoffen sie Einsicht in Art und Umfang der Gefahr. Das setzt Vertrauen voraus. Wo es fehlt, stellen sich sogleich Zweifel an der Führung ein. Der Eingeweihte ist auch der Wissende und Könnende; man traut ihm, selbst dem Techniker, einen engeren Anschluß an das Schicksal zu.
    Ein Drittes ist nicht zu verheimlichen. Der Eingeweihte könnte aus seiner Kenntnis unmittelbaren Vorteil für sich zum Schaden der Laien ziehen. Das würde, um auf unseren Fall zurückzukommen, auch hier möglich sein.
    Inzwischen war es ganz still geworden; wir schienen zu ruhen oder uns lautlos zu bewegen; die Luft war auch nicht mehr so sauber wie zuvor. Es durfte nicht länger geraucht werden.
    Viele Gedanken gehen uns während eines solchen Wartens durch den Kopf. Bald stellen sich die schlimmsten ein. Was würde im Fall einer Havarie oder gar eines black-out noch zu hoffen sein? Es würde bald sehr kalt werden. Dann kreisten wir als tiefgefrorene Monumente des Fortschritts im System. Oder wir näherten uns der Erde wieder und verglühten in der Atmosphäre; das wäre die Rückkehr zu den Atomen und, wie der Freitod des Peregrinus Proteus, der Entropie weit vorzuziehen.
    Immerhin blieben Aussichten. Der Transporter barg, wie ein Wal sein Junges, einen kleineren unter sich. Der ließ sich als Rettungsboot ablösen. Allerdings waren wir ungewöhnlich stark besetzt, ja überbelegt. Man nimmt das immer wieder bei Vergnügungs- und auch bei Forschungsreisen in Kauf. Ein Leichtsinn, doch der Andrang ist zu stark.
    Hier eben knüpfte meine Besorgnis an. Bei einem Ausstieg würde die Hälfte der Insassen zurückbleiben müssen, vielleicht sogar mehr. Ohne Zweifel dachten auch die Techniker, die in der Kanzel berieten, darüber nach, sogar schärfer als wir. Man hat Katastrophen erlebt, bei denen der Kapitän und die Besatzung sich davonmachten, bevor das Schiff mit den Passagieren versank.
    Da stellt sich die Vertrauensfrage – die Frage nach dem, das wichtiger ist als was einer weiß und kann. In dieser Hinsicht stand nichts zu befürchten; Hartung war ein Kapitän der alten Schule, einer von denen, die bis zuletzt an Bord bleiben oder mit dem Schiff untergehen.
    Jetzt kam er heraus. Da

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