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Ein abenteuerliches Herz

Ein abenteuerliches Herz

Titel: Ein abenteuerliches Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Ludwig Arnold
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in der Erkenntnis, daß die geltenden Werte nicht mehr genügen, und dann als Erinnerung. Diese Erinnerung kann sich auf die Väter richten und ihre dem Ursprung näheren Ordnungen. Sie wird dann auf konservative Wiederherstellungen abzielen. Bei großen Gefahren wird das Rettende tiefer gesucht werden, und zwar bei den Müttern, und in dieser Berührung wird Urkraft befreit. Ihr können die reinen Zeitmächte nicht standhalten.
    Zwei Eigenschaften werden also beim Waldgänger vorausgesetzt. Er läßt sich durch keine Übermacht das Gesetz vorschreiben, weder propagandistisch noch durch Gewalt. Und er gedenkt sich zu verteidigen, indem er nicht nur Mittel und Ideen der Zeit verwendet, sondern zugleich den Zugang offen hält zu Mächten, die den zeitlichen überlegen und niemals rein in Bewegung aufzulösen sind. Dann kann der Gang gewagt werden.
    Es stellt sich nun die Frage nach der Absicht einer solchen Anstrengung. Wie bereits angedeutet, kann sie nicht auf die Eroberung reiner Innenreiche beschränkt werden. Das gehört zu den Vorstellungen, die sich nach der Niederlage ausbreiten. Ebenso ungenügend würde die Beschränkung auf reale Ziele, wie etwa auf die Führung des nationalen Freiheitskampfes, sein. Wir werden vielmehr sehen, daß es sich um Anstrengungen handelt, die auch die nationale Freiheit als ein Hinzutretendes krönt. Wir sind ja nicht lediglich in einen nationalen Zusammenbruch verwickelt, sondern in eine Weltkatastrophe, bei der sich kaum sagen und noch weniger prophezeien läßt, wer eigentlich die Sieger und wer die Besiegten sind.
    Es ist vielmehr so, daß der einfache Mensch, der Mann auf der Straße, dem wir täglich und überall begegnen, die Lage besser erfaßt hat als alle Regierungen und alle Theoretiker. Das beruht darauf, daß in ihm immer noch die Spuren eines Wissens leben, das tiefer reicht als die Gemeinplätze der Zeit. Daher kommt es, daß auf Konferenzen und Kongressen Beschlüsse gefaßt werden, die viel dümmer und gefährlicher sind, als es der Schiedsspruch des Nächsten, Besten wäre, den man aus einer Straßenbahn herauszöge.
    Der Einzelne hat immer noch Organe, in denen mehr Weisheit lebt als in der gesamten Organisation. Das zeigt sich selbst in seiner Verwirrung, in seiner Furcht. Wenn er sich zermartert, um einen Ausweg, einen Fluchtweg zu ermitteln, so zeigt er damit ein Verhalten, das der Nähe und Größe der Bedrohung Rechnung trägt. Wenn er den Währungen mißtraut und auf die Sachen geht, verhält er sich wie jemand, der noch den Unterschied zwischen Gold und Druckerschwärze kennt. Wenn er in reichen, friedlichen Ländern nachts vor Schrecken erwacht, dann ist das so natürlich wie der Schwindel vor dem Abgrunde. Es hat keinen Sinn, ihn überreden zu wollen, daß der Abgrund gar nicht vorhanden sei. Und wenn man sich berät, so ist es gut, daß es hart am Abgrunde geschieht.
    Wie verhält sich der Mensch angesichts und innerhalb der Katastrophe? Das ist das Thema, das sich immer dringender stellt. Alle Fragen vereinen sich zu dieser einen und wichtigsten. Auch innerhalb der Völker, die gegeneinander zu planen scheinen, sinnt man im Grunde über die gleiche Bedrohung nach.
    Auf alle Fälle ist es nützlich, die Katastrophe ins Auge zu fassen und auch die Art, auf die man in sie verwickelt werden kann. Das ist ein geistiges Exerzitium. Wenn wir es recht angreifen, wird die Furcht verringert werden, und darin liegt der erste, bedeutende Schritt zur Sicherheit. Die Wirkung ist nicht nur persönlich heilsam, sondern auch verhütend, denn in dem gleichen Maße, in dem sich in den Einzelnen die Furcht vermindert, nimmt die Wahrscheinlichkeit der Katastrophe ab.
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    Das Schiff bedeutet das zeitliche, der Wald das überzeitliche Sein. In unserer nihilistischen Epoche wächst die Augentäuschung, die das Bewegte auf Kosten des Ruhenden zu mehren scheint. In Wahrheit ist alles, was sich heute an technischer Macht entfaltet, ein flüchtiger Schimmer aus den Schatzkammern des Seins. Gelingt es dem Menschen, auch nur für unmeßbare Augenblicke in sie einzutreten, so wird er Sicherheit gewinnen: das Zeitliche wird nicht nur das Drohende verlieren, sondern ihn sinnvoll anmuten.
    Wir wollen diese Zuwendung den Waldgang nennen und den Menschen, der sie vollzieht, den Waldgänger. Ähnlich wie das Wort Arbeiter bezeichnet auch dieses eine Skala, indem es nicht nur die verschiedensten Formen und Felder, sondern auch Stufen eines Verhaltens kennzeichnet. Es kann nicht schaden,

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