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Ein Alptraum für Dollar

Ein Alptraum für Dollar

Titel: Ein Alptraum für Dollar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Bellemare
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Heiterkeit. So wie Mrs. Dolittle in Dallas.
     
    Ja, seit ganzen sechs Tagen — und Nächten — kämpft Mrs. Dolittle mit einem kaum vorstellbaren, quälenden Schluckauf. Die arg geplagte Frau kämpft eigentlich nicht mehr. Sie erträgt nur noch völlig niedergeschmettert ihr lächerliches Schicksal. Erschöpft, dem Wahnsinn nahe, liegt sie verzweifelt auf dem Bett, ausgestreckt wie eine leblose Holzfigur. Etwa alle zehn bis zwölf Sekunden zieht der Schluckauf mit der akribischen Zuverlässigkeit eines Uhrwerks an den Fäden, und die Marionette lebt für einen kurzen Augenblick auf, zuckt in einem einzigen, starren Krampf »Huck!« und fällt wieder kraftlos zusammen.
    Bis zum nächsten Anfall.
    Mr. Dolittle, die Freunde, die Nachbarn — alle sind konsterniert. Und alle geben gute Ratschläge. Jeder kennt ein todsicheres Mittelchen gegen Schluckauf! »Candy, halt die Luft an! Solange du kannst! Bis du fast dabei erstickst!«
    »Huck!«
    »Halt auch die Ohren zu dabei!«
    »Huck!«
    »Warte, ich hole ein Glas eiskaltes Wasser. Du mußt einen halben Liter davon trinken, aber ex! Also, gleich nach dem nächsten Anfall fängst du an, hier!«
    »Huck!«
    »Jetzt! Trink!«
    Candy trinkt und trinkt und verschluckt sich... Huck! »Ein Glas Wasser mit einem Silberlöffel drin, das soll helfen. Versuch’s mal.«
    »Huck!«
    »Candy! Du mußt dich konzentrieren! Schau, ich lege jetzt ein Streichholz auf den Rand vom Glas. Trink alles aus, aber das Streichholz darf dabei nicht herunterfallen!« Candy schielt auf das Streichholz und trinkt... und pustet mit dem nächsten Huck Wasser samt Streichholz in die Luft.
    Auch Wasser mit Salz, Wasser mit Zucker, Wasser mit Essig helfen nicht. Ein Pfefferbrot sollte Wunder wirken, aber mit ihrem vollgepumpten »Süßsauer-Wasserbauch« kriegt Candy keinen Bissen hinunter.
    »Gut... dann schnupf eben den Pfeffer ganz tief ein!« Hatschi!
    »Na, wer sagt’s denn! Niesen ist bestimmt gesund für dich!«
    Hatschi... Huck!
    »Candy, wir spielen jetzt >Sanduhr<. Also: Ich koche Eier, und wir zählen zusammen. Beim fünfzehnten Huck sind die Eier fertig.«
    Es sollte ein kleiner Witz sein, um sie vielleicht zu einem rettenden Lachen zu bringen, aber Candy hat jeglichen Sinn für Humor verloren. Sie lächelt nur müde. Auch als ihr Mann sie erschrecken will und eine aufgeblasene Papiertüte hinter ihr mit einem kräftigen Schlag zerplatzen läßt, zuckt sie nicht einmal. Erst drei Sekunden später wieder... Huck!
    Während der ersten zwei Tage hat sie alles mögliche ausprobiert und ein Fitneßprogramm absolviert, das jedem Olympiasieger Ehre gemacht hätte. Alle halbe Stunde: Kopfstand, dazwischen Liegestütze, Knie beugen und Yoga-Übungen. Eintauchen in kaltes Wasser, Kopfstand, Eintauchen in warmes Wasser, Lotussitz und Seilspringen, bis sie schluchzend und immer noch schluckend zusammenbrach.
    Am dritten, vierten und fünften Tag sind Mr. und Mrs. Dolittle von einem Arzt zum anderen gepilgert. Jeder schwor auf seine Erfolgsmethode: hier Elektroschocks, da Lymphdrainage, Akupunktur, ja sogar Hypnose.
    Ein hoffnungsloser Fall.
    Heute — am sechsten Tag also — - ist Candy nicht einmal mehr in der Lage aufzustehen.
     
    »Gold-Hands« — der berühmte Mode-Heilpraktiker der Stadt — hat es nicht nötig, Hausbesuche zu machen. Er »empfängt« nur — und dies allein ist schon eine Ehre. Doch der »Fall Dolittle« ist außergewöhnlich, und Gold-Hands wittert hier eine gute Gelegenheit, sein Image weiterzuvergolden. Also erklärt er sich bereit, sich selbst zu der Patientin zu bemühen.
    Allein seine groteske Erscheinung hätte eigentlich den dummen Schluckauf besiegen müssen! Eingehüllt in ein weites flatterndes schwarzes Cape, gefüttert mit rotem Satin und von oben bis unten mit Hermelinschwänzchen königlich geschmückt, steht Gold-Hands vor Candy. Sie schaut ihn kurz an, mit leerem, gleichgültigem Blick. Nicht einmal die lächerliche Aufmachung des Medizinmannes erstaunt sie. Nichts auf der Welt kann sie mehr erschüttern — nur dieser anhängliche Schluckauf, den sie bestimmt nie wieder loswerden wird. Davon ist sie langsam überzeugt. Aber bitte, wenn dieser Clown bei ihr eine neue Nummer einstudieren will, dann soll er ruhig. Was hat sie jetzt schon noch zu verlieren!
    Mit einer theatralischen Geste legt »Supermann« sein Gewand ab, reibt sich die goldenen Hände mit einer mysteriösen Flüssigkeit ein, die er aus einer Art alchimistischem Kolben hinuntertröpfeln läßt.

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