Ein Alptraum für Dollar
flieht kopflos davon, einige Passanten fallen auf den Boden und werden von den anderen überrannt. »Rette sich wer kann!« heißt jetzt die Parole, obwohl der Vampir es offensichtlich nur auf die eine Frau abgesehen hat. Einige Menschen retten sich in Geschäfte, andere überqueren die Straße, ohne auf den Verkehr zu achten. Bremsen quietschen, Auffahrunfälle... Das Chaos ist perfekt, und immer noch verfolgt Frankenstein seine auserwählte arme Kreatur. Das Monster ist bewaffnet, also traut sich auch niemand in seine Nähe. Niemand denkt daran, der fliehenden Frau zu helfen und die Bestie zu überwältigen... bis auf einen jungen couragierten Polizisten, der vor der Bank Wache steht. Als der Vampir an ihm vorbeirennt, springt er los und bleibt ihm auf den Fersen.
Durch die Tapferkeit des Ordnungshüters angespornt, finden ein paar Männer endlich ihre Zivilcourage wieder und stürzen sich in den Kampf mit dem Vampir. Ein sportlicher junger Mann wirft sich vor Frankenstein, stellt ihm ein Bein, und als er das Gleichgewicht verliert, schlägt er ihm voll ins Gesicht! Sofort eilen alle Feiglinge aus ihren Verstecken und prügeln mit Händen und Füßen auf die zusammengekrümmte Gestalt los. Der Vampir versucht etwas zu sagen, aber die Meute will sich jetzt ihren Spaß nicht verderben lassen! Und bald liegt er ohnmächtig und blutüberströmt auf dem Asphalt. Die falschen Zähne, die schmutzigen Riesenfingernägel, die strubbelige Perücke, der greuliche Bart, alles liegt herum. Der Polizist beugt sich über den verletzten, gerupften Frankenstein und sammelt die zerstreuten Accessoires ein, während ein Kollege Funkstreife und Krankenwagen ruft. Auf einmal schreit jemand entsetzt: »Aber... aber... das ist doch Mr. Dolittle! Er wohnt um die Ecke!«
Als Mr. Dolittle wenig später im Krankenhaus zu sich kommt, gilt sein erster Gedanke seiner Frau, die kreidebleich neben dem Bett sitzt:
»Hast du noch Schluckauf?«
Nein. Auch diese Bestie ist nun besiegt. Durch ihre Todesangst während der wahnsinnigen Verfolgung hatte Candy den Schluckauf so sehr verschreckt, daß er ein für alle Mal das Weite suchte.
Einige Wochen darauf sitzt Mr. Dolittle im Gericht auf der Anklagebank. Mehrere Klagen wurden gegen ihn eingereicht, und nun muß er sein seltsames Verhalten den Geschworenen und dem Richter plausibel machen und sich dafür verantworten. Nach einer langen Sitzung wird das Urteil verkündet:
»Angeklagter, stehen Sie auf.
In Anbetracht der Tatsache, daß viele Menschen in dem von Ihnen verursachten Gedränge verletzt wurden, in Anbetracht der Tatsache, daß der Verkehr durch die von Ihnen verursachte Panik zusammenbrach und die Versicherungen Schadenersatz leisten mußten, werden Sie zu zwei Monaten Gefängnis verurteilt.
Doch in Anbetracht der Tatsache, daß Sie nur mit dem Ziel, Ihre Frau zu heilen — nämlich sie von einem bedrohlichen Schluckauf zu befreien, sich so allgemeingefährlich verhalten haben, schließlich in Anbetracht der Tatsache, daß Ihre Therapie zum Erfolg führte und Sie andererseits durch die Verletzungen, die Sie verdientermaßen erlitten haben genug bestraft sind, wird die Strafe zur Bewährung ausgesetzt. Also: Sie sind frei!«
Mr. und Mrs. Dolittle fallen sich in die Arme... dieser Richterspruch war leicht zu schlucken!
Die Mauer
Monsieur Raymond Dumesnil hat drei Töchter, was schon eine ziemliche Aufgabe ist für einen einzelnen Mann. Aber es kommt noch schlimmer.
Neben Madame Dumesnil und den besagten drei Mädchen gibt es noch eine »Omi« und ein »Tantchen« — seine Schwiegermutter und eine Schwester seines Vaters. Eine gerechte Aufteilung also: Die Omi gehört zu seiner Frau und für die Tante ist er verantwortlich. Die beiden reizenden alten Damen sind bei allem dabei, mischen mit, geben pausenlos Ratschläge und Kommentare ab; sie trippeln, gackern, kichern und knabbern den ganzen langen lieben Tag. Wie gesagt — reizend! Man könnte sie erwürgen!
Ein Mann allein gegen sechs Frauen. Wie kann man da je wieder zu dem kleinsten Abenteuer kommen!
Monsieur Dumesnil ist einundfünfzig Jahre alt. Er trägt öfter Gamaschen, immer korrekte, nur meist recht altmodische Anzüge, einen Regenschirm und noch dazu eine Art formlose Kopfbedeckung — ein Ding etwa in der Mitte zwischen Filzhut und Melone.
Seine Wohnung ist relativ groß und besteht eigentlich aus zwei kleineren abgeschlossenen Wohneinheiten. Die Trennwand wurde nur abgerissen und ein einfacher Schrank vor
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