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Ein altes Haus am Hudson River

Ein altes Haus am Hudson River

Titel: Ein altes Haus am Hudson River Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edith Wharton
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augenfällige Lieblichkeit nicht passte. Mehr als ein gemurmeltes«Sie meinen doch nicht …»oder«Machen Sie sich etwa über mich lustig?»trug sie nicht zum Gespräch bei, sie konnte nur dasitzen, hübsch und unbemerkt, in einer Wolke von Enttäuschung. Sie ging nie wieder zu Rebecca.
    Eric Rauch brach mit Vance auf, und unten auf der Straße musste Vance sein angeschlagenes Herz erleichtern.«Wenn ich diese Kerle reden höre, verstehe ich nicht, was sie an meinem Buch finden.»
    « Na ja, sie haben es mit Genuss gelesen. Sie beißen sich die Zähne an ihren eigenen Rätseln aus, und ab und zu gönnen sie sich einfach den Luxus, sich zurückzulehnen und ein richtiges Buch zu lesen.»
    « Aber letztes Jahr haben sie an Fynes geglaubt.»
    « Sicher. Und sie haben an Sie geglaubt, bis Gratz Blemer daherkam. Jetzt müssen Sie noch eins draufsetzen: Sie müssen in seinem Stil Ihren großen New-York-Roman schreiben», schloss Rauch lachend, als sich ihre Wege trennten.
    Vance ging heim; aber er verspürte das dringende Bedürfnis, zu reden, und am Washington Square fiel ihm ein, dass Frenside in der Nähe wohnte und vielleicht um diese Stunde zu Hause war. Vance sah ihn nicht mehr oft. Frenside kam selten in die Redaktion der«Neuen Stunde», und Vance ging ebenso selten zu Mrs Tarrant, wo der alte Kritiker meistens anzutreffen war. Vance’ Beziehungen zu den Tarrants beschränkten sich inzwischen auf den beruflichen Kontakt zu Tarrant in der Redaktion, was seinem Wunsch entsprach. In seiner ihm eigenen Unbeholfenheit brachte er es nicht fertig, sein Auftreten und Verhalten gegenüber Halo Tarrant nach der Übersiedelung nach New York den Gegebenheiten anzupassen. Andere Leute schafften so etwas spielend, er jedoch nicht. Die Kunst des gesellschaftlichen Kompromisses war ihm immer noch ein Rätsel. Er erinnerte sich, wie seine Großmutter einmal gejammert hatte (Mrs Weston hatte sie wegen schlechter Haushaltsführung und Verschwendung getadelt):«Ich kann zwar verzichten, Tochter, aber ich kann nicht sparen !»Das verstand Vance, er war nie imstande gewesen, zu sparen, weder moralisch noch materiell. Doch er konnte verzichten – zumindest glaubte er das …
    Halo hatte durch ihren Mann von seiner Übersiedelung nach New York gehört und Laura Lou ein freundliches Briefchen geschrieben, in dem sie sie beide zum Lunch einlud, und Laura Lou hatte nach einem heftigen Kampf zwischen ihrer nicht zu unterdrückenden Eifersucht und dem Entschluss, Vance zu beweisen, dass sie niemals eifersüchtig gewesen war (wie hatte ihr Liebling das nur glauben können?) – Laura Lou hatte befunden, sie sollten die Einladung annehmen.
    Das Ergebnis war eine reine Katastrophe. Vom ersten Augenblick an hatte alles Laura Lou verwirrt und ihren sprachlosen Unmut hervorgerufen. An Halo war sie gewöhnt – was die von jemandem oder etwas dachte, kümmerte sie keinen Pfifferling. Hatte sie sie nicht jahrelang in The Willows kommen und gehen sehen? Außerdem waren sie entfernte Cousinen, daran hätte Halo sie in ihrem Brief nicht zu erinnern brauchen! Aber sie hatte noch nie Mrs Tarrant in dieser Umgebung voller New Yorker Luxus und Eleganz gesehen; sie war noch nie Tarrant begegnet, der ihr sofort herzlos und sarkastisch vorkam; sie hatte nie Menschen wie diese anderen Gäste erlebt, junge und ältere Männer, die alle auf vertrautem Fuß mit ihren Gastgebern standen und unbekümmert, vieldeutig und mühelos über Leute und Dinge plauderten, von denen Laura Lou noch nie etwas gehört hatte … Vance gestand sie kein Wort davon, das war nicht nötig. Ihr Gesicht war wie ein klarer Teich, der jede Veränderung eines sich wandelnden Himmels widerspiegelte. Er konnte ermessen, teils aufgrund der eigenen Erinnerungen, teils weil er sie kannte, wie jede Anspielung, jede unerwartete Geste oder Redewendung auf sie wirkte. Schon wie der Lunch serviert wurde, war etwas, worüber man sich wundern und ärgern musste – wusste er das nicht? («Kaviar? So heißt das, dieses eklige graue Zeug? Das riecht ja wie Schmierfett! Nein, das hab ich nicht angerührt … Wie ich gesehen hab, dass du das isst, hab ich gedacht, dir wird schlecht, ganz sicher …», und so weiter.) Nach außen hin nahm sie das Abenteuer als etwas völlig Selbstverständliches, nicht der Rede wert, und blieb kühl befremdet, leicht ironisch und teilnahmslos. Ist das alles?, schien ihre Haltung zu besagen. Aber wie gut er wusste, was sich dahinter verbarg!
    Seither war er nie mehr bei Mrs

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