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Ein altes Haus am Hudson River

Ein altes Haus am Hudson River

Titel: Ein altes Haus am Hudson River Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edith Wharton
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Frenside«Herzblut»nannte. Nun kehrten seine Gedanken zu«Zaster»zurück, dem alten Thema, das ihn seit seinen ersten Tagen in New York verfolgte – das schien hundert Jahre her zu sein –, und seine Phantasie machte sich sofort an die Arbeit.
    « Sie gehen sicher viel aus zurzeit, treffen sich mit vielen Menschen? Das muss ein Romancier irgendwann tun», fuhr Frenside fort.«Die Verhaltensweisen der Menschen sind letztlich der einzig wahre Stoff.»
    Vance zögerte.«Ich gehe nicht viel aus.»Er konnte schlecht sagen, dass das wegen Laura Lou unmöglich war, aber ebenso traf zu, was er stattdessen sagte:«Die Sache ist die – ich kann es mir nicht leisten. Ich habe weder die Zeit noch das Geld …»
    « Das Geld?»Frenside machte ein erstauntes Gesicht.«Aber mittlerweile müssten Sie geradezu Tantiemen scheffeln! Vermutlich bekommen Sie für Ihre Kolumne in der ‹Neuen Stunde› nicht viel? Nein, das habe ich mir gedacht. Die anspruchsvollen Zeitungen können nicht zahlen. Aber das Buch ist doch schon vor drei oder vier Monaten erschienen, nicht wahr? Es wurde ziemlich oft besprochen, und Sie hätten einen hübschen Vorschuss bekommen müssen und nach drei Monaten einen weiteren Abschlag. Soviel ich weiß, sind das die üblichen Vereinbarungen bei Belletristik – ich wollte, sie gälten auch für Rezensionen», fügte er bekümmert hinzu.
    Vance war froh über diese Eröffnung; ohne Frensides Frage hätte er nie den Mut gehabt, seine materiellen Schwierigkeiten zu erwähnen, obwohl er zum Teil auch deshalb gekommen war. Doch unter den schroffen Fragen des alten Mannes spürte er dessen Freundlichkeit, und alle Angst fiel von ihm ab. Nein, sagte er, er habe keinerlei solche Vergünstigungen. Die Verleger Dreck und Saltzer, an die ihn Tarrant für drei Jahre mit allen Buchveröffentlichungen gebunden habe, seien von«Anstatt »merklich enttäuscht gewesen. Sie hätten nicht geglaubt, dass das Sujet Anklang fände, und selbst wenn, sei das Buch zu schmal für große Verkaufszahlen. Nichts verabscheue ein Verleger mehr als ein Buch, besonders einen Roman, der nicht ins normale Format passe.«Anstatt»habe nur einen Umfang von fünfundvierzigtausend Wörtern 86 , und Mr Dreck behaupte, ein kürzeres Buch habe er noch nie gesehen. Lieber schlage er sich mit einem Elefanten wie«Ulysses»oder«American Tragedy» 87 herum als mit einer solchen Mücke. Wenn der Leser zahle, wolle er auch ein anständiges Mahl serviert bekommen. Da reiche ein Austerncocktail nicht. Sie wollten etwas haben für ihr Geld, und das seien mindestens hunderttausend Wörter. Und wenn man es mit einem günstigen Preis versuche, heiße es:«Hoppla, stimmt was nicht mit dem Buch, weil es so billig ist? Wahrscheinlich hat man’s in einer Stunde ausgelesen!»Daher hätten Dreck und Salzer den im Voraus vereinbarten Prozentsatz halbiert, unter dem Vorwand, das Buch sei ja gar kein Roman – unter neunzigtausend Wörtern sei es kein Roman. Er habe keinen Vorschuss erhalten und werde vor Juni überhaupt kein Geld sehen. Wenn Vance den Pulsifer-Preis an Land gezogen hätte, sagten sie, wäre es natürlich etwas anderes. So aber sei hier für sie nichts zu holen, und sie hätten das Buch nur Tarrant zuliebe genommen.
    Frenside hörte aufmerksam zu. Als Vance geendet hatte, sagte er:«Vom geschäftlichen Standpunkt aus hatten sie wahrscheinlich recht – bevor das Buch herauskam. Aber jetzt? Es hat sich sehr gut verkauft, das behaupten sie zumindest in ihren Anzeigen, und sie würden nicht weiter inserieren, wenn dies nicht zuträfe. Können Sie nicht um einen Vorschuss bitten, selbst wenn der nicht im Vertrag steht?»
    Vance errötete. Er habe schon gefragt und sei abgewiesen worden. Der Verlag behaupte, er inseriere das Buch, weil es ein totaler Reinfall sei, die Verkaufszahlen seien kaum höher als erwartet, aber man«glaube»an Vance’ Zukunft und sei bereit, noch ein wenig zu investieren – das sei aber pure Spekulation. Mehr könne man wirklich nicht tun.
    Frenside wedelte verächtlich mit der Pfeife.«Das nennen die kleinen Verlage ‹Geschäftsgebaren›, und deshalb werden sie nie groß. Bedauerlich, dass Sie an die gebunden sind. Aber …»Er schwieg, und Vance spürte, dass er unter diesen Bürstenbrauen hervor forschend gemustert wurde.«Sie wären bestimmt froh über ein Darlehen. Haben Sie … Tarrant die Sache vorgetragen? »
    « Oh, nein – das könnte ich nicht», unterbrach ihn Vance mit belegter Stimme.
    Frenside nickte, als

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