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Ein altes Haus am Hudson River

Ein altes Haus am Hudson River

Titel: Ein altes Haus am Hudson River Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edith Wharton
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überrasche ihn das nicht weiter.«Hören Sie, junger Mann, ich glaube, in Ihnen steckt eine ganze Menge, und ich würde Ihnen gern helfen. Ich selbst bin nie besonders gut bei Kasse, das werden Ihnen mein Aussehen und meine Umgebung schon deutlich gemacht haben. Aber wenn Ihnen ein Hunderter hilft …»
    Er wollte sich aus seinem Stuhl wuchten, aber Vance hob die Hand und hielt ihn zurück. Hundert Dollar – ob ihm das helfen würde … Lieber Himmel … Ihm wurde der Mund wässrig. Aber irgendwie wollte er das Geld nicht annehmen, wollte dieses belebende Gespräch nicht mit einem peinlichen Scheck in seiner Tasche enden lassen, wollte vor allem nicht, dass mögliche künftige Gespräche von einer Verpflichtung überschattet wären, die er vielleicht nicht erfüllen konnte. Mit den Buden der Geldverleiher sollte dieses intellektuelle Heiligtum nichts gemein haben.
    « Danke», stammelte er.«Aber nein, ehrlich, ich könnte nie … Ich meine, ich komme schon zurecht …»Er stand auf und sah Frenside in die Augen.«Als ich mit Ihnen reden wollte, ging es mir vor allem um meine Arbeit. Alles andere ist letztlich unwichtig …»
    Auch Frenside erhob sich.«So, nun muss ich Sie fortschicken und mich in meine eigene Tretmühle begeben.»Er wies auf die Papiere auf seinem Schreibtisch.«Aber kommen Sie wieder, wenn Sie können», fügte er hinzu.«Ach, warten Sie einen Moment – nehmen Sie doch noch einen Cocktail … Sie können mit dem Shaker sicher besser umgehen als ich … Auf Ihr nächstes Buch!»

33
    Siegesgewiss schritt Vance von dannen. Frenside hatte ihn in Schwung gebracht.«Ich glaube, in Ihnen steckt eine ganze Menge» – wenn das ein Mann wie Frenside sagte, erfasste einen wilder Jubel.«‹Zaster› – ‹Zaster› – ‹Zaster› – ein großer amerikanischer Roman, und ich werde ihn schreiben», sang, ja jauchzte Vance beinahe, als er im Dunkeln heimwärts stapfte.
    Es war die reine Wahrheit gewesen, als er behauptet hatte, es zähle nichts außer seiner Arbeit. Wenn sie von ihm Besitz ergriff, fegte sie alles materielle Elend hinweg, Armut und Schulden, die ungewisse Zukunft, die dumpfe Unzufriedenheit mit der Gegenwart. Er käme bestimmt ohne Essen, Geld und Glück aus, ja sogar ohne Glück, solange diese innere Kraft ihn auf dem schöpferischen Weg vorantrieb …«Mit diesem Mann kann man reden», dachte er, noch ganz erfüllt vom Nachklang der feurig-ruppigen Aufrichtigkeit Frensides. Er hatte ja recht, dass so etwas wie«Anstatt»eine Randerscheinung war, dass er sich unbedingt mit der Realität auseinandersetzen musste, mit dem Leben ringsum. Vance verscheuchte den Traum von einem ostindischen Roman, Folge eines zufälligen Blicks in ein fesselndes Buch mit dem Titel«Die Franzosen in Indien» 88 , und sagte sich:«Er hat auch recht damit, dass ich in Gesellschaft gehen sollte, mehr Leute besuchen, ihre – welches Wort hat er benutzt? – Verhaltensweisen studieren müsste. Ich lese zu viel und komme zu wenig mit Menschen in Berührung. Wenn ich ‹Zaster› schreiben will, muss ich mir meinen Anzug vom Pfandleiher zurückholen.»Er lachte bei dieser Vorstellung …
    Sein Traum zerplatzte jählings bei dem Gedanken, dass Laura Lou in ihrem trostlosen Pensionszimmer auf ihn wartete. Sie hatten das Leben in New York in einem anständigen Fremdenheim begonnen, das ihnen Vance’ alter Freund, der Leiter des« Freundschaftshauses», empfohlen hatte. Es war sauber, hygienisch, nicht zu teuer und hätte wirklich genau zu ihnen gepasst, wenn Laura Lou mit Einbruch der kalten Jahreszeit nicht dauernd krank geworden wäre und deshalb zum Essen oft nicht hätte ausgehen können. Sie versuchte, auf einem Elektrokocher Mahlzeiten zuzubereiten, aber ihre Gerichte waren kaum genießbar und schwer verdaulich, und die Hauswirtin protestierte gegen den damit verbundenen Unrat. So waren sie in ihr jetziges Quartier umgezogen, weit drüben an der West Side, in ein lepröses Backsteinhaus, Überbleibsel einer vergangenen Welt. Als Vance die schmierige Eingangshalle betrat, verriet ihm der Geruch nach Dosensuppe und schalem Kaffee, dass man schon mit dem Abendessen begonnen hatte.«Wenn Laura Lou nur runterginge, ohne auf mich zu warten», dachte er ungeduldig, aber das tat sie nie, und an den Tagen, da er zu spät dran war und sie ihre Mahlzeit kalt essen musste, bekam sie immer grässliches Kopfweh. Während er die Treppe hinaufsprang, überlegte er grinsend, dass die Menschen, die er in«Zaster»beschreiben

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