Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein amerikanischer Thriller

Ein amerikanischer Thriller

Titel: Ein amerikanischer Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Ellroy
Vom Netzwerk:
Mr. Sam hat gesagt, dafür werde er einen mächtigen
    Mann zu Kreuze kriechen lassen, worauf ich ihn dringend
    bat, das bitte nicht zu tun –«
    »Lenny –«
    »– und Jules Schiffrin war bei ihm, und sie sprachen
    von einem Mann, der in den zwanziger Jahren ›Joe der Ire‹
    genannt wurde, und wie sie damals die Filmstatistinnen aufs
    Kreuz gelegt haben –«
    »Lenny, nun komm –«
    »– und das war alles so ekelhaft, daß ich noch ein paar
    Percs einwarf, und da stehe ich nun, und mit etwas Glück
    habe ich morgen früh beim Aufwachen alles vergessen.«
    Littel ging auf ihn zu. Lenny schlug um sich und kratzte
    und fuchtelte und trat ihn beiseite.
    Das Büchergestel fiel um. Lenny stolperte und schwankte
    zur Tür hinaus.
    Gesetzbücher polterten zu Boden. Ein gerahmtes Foto
    von Helen Agee zerbrach.
    Littell fuhr nach Lake Geneva. Er kam um Mitternacht an
    und buchte im Motel neben der Interstate ein Zimmer. Er
    zahlte bar und im voraus und trug sich unter einem falschen
    Namen ein.
    Im Telefonbuch war ein Jules Schiffrin mit Adresse
    470
    eingetragen. Littell schaute auf einem Plan nach und fand
    den Ort: ein Waldgebiet an einem See.
    Er fuhr hin und parkte abseits der Straße. Mit dem Fern-
    glas war er nahe genug dran.
    Das Grundstück war mindestens zehn Morgen groß. Der
    Besitz war von Bäumen umstanden. Mauern oder Zäune
    gab es keine.
    Keine Flutlichter. Knapp zweihundert Meter zwischen
    Tür und Straße. Alarmanlagen an den Vorderfenstern.
    Kein Wächterhaus und kein Tor. Wahrscheinlich sah die
    Polizei von Wisconsin zwischendurch nach dem Rechten.
    Lenny hatte von »Tresoren oder Schließfächern« gespro-
    chen. Lenny hatte von »Mr. Boyd«/»Informationen«/»darau
    s Profit schlagen« gesprochen.
    Lenny hatte unter Drogen gestanden, war aber geistig
    klar gewesen. Die Bemerkungen über Mr. Boyd ließen sich
    ohne weiteres entschlüsseln.
    Kemper war unabhängig von ihm hinter der Pensions-
    kasse her.
    Littell fuhr zum Hotel zurück. Er schaute in den Gelben
    Seiten nach und fand neun Banken aufgeführt.
    Der Mangel an offizieller Rückendeckung ließ sich durch
    besonders diskretes Auftreten wettmachen. Kemper Boyd
    legte stets Wert auf Kühnheit und Diskretion.
    Kemper nahm Lenny auf eigene Faust in die Zange. Eine
    Offenbarung, die ihn völlig ungerührt ließ.
    Er schlief bis zehn. Er schaute auf dem Plan nach und stel te
    fest, daß sämtliche Banken zu Fuß erreichbar waren.
    471
    Die ersten vier Direktoren waren kooperativ. Ihre Antwort
    war eindeutig: Mr. Schiffrin hat kein Schließfach bei uns.
    Die nächsten zwei Direktoren schüttelten den Kopf. Ihre
    Antwort war eindeutig: Unser Institut verfügt über keine
    Schließfächer.
    Direktor Nummer sieben wollte die gerichtliche Verfü-
    gung sehen.
    Machte nichts: Den Namen Schiffrin hatte er offensicht-
    lich noch nie gehört.
    Banken Nummer acht und neun: Keine Schließfächer.
    Es gab mehrere größere Städte in der Nähe. Es gab zwei
    Dutzend kleinere Städte in hundert Meilen Umkreis. Da an
    ein Schließfach herankommen zu wollen, konnte er vergessen.
    »Tresor« – das hieß im Haus. Alarmanlagenfirmen be-
    wahrten die Pläne auf – und gaben sie aus Haftungsgründen
    niemals ohne Gerichtsbeschluß frei.
    Lenny war im Haus aufgetreten. Nicht ausgeschlossen,
    daß er den Tresor oder die Tresore mit eigenen Augen ge-
    sehen hatte.
    Lenny war zu reizbar, als daß man hätte nachfragen
    können.
    Aber –
    Vielleicht war Jack Ruby mit Schiffrin bekannt. Jack Ruby
    war bestechlich und ansprechbar.
    Ruby nahm beim dritten Klingeln ab: Sie sprechen mit
    dem Carousel Club, wo Ihr Dollar für Unterhaltung am
    meisten –«
    »Ich bin’s, Jack. Dein Freund aus Chicago.«
    »Scheiße … das ist Kummer, den ich …«
    472
    Er wirkte verwirrt, fassungslos und völlig vor den Kopf
    geschlagen.
    »Wie gut kennst du Jules Schiffrin, Jack?«
    »Flüchtig. Ich kenne Jules bestenfalls flüchtig. Wieso?
    Wieso? Wieso?«
    »Ich will, daß du nach Wisconsin fliegst und unter ir-
    gendeinem Vorwand bei ihm daheim in Lake Geneva vor-
    beischaust. Ich muß wissen, wie das Haus innen ausschaut,
    und ich geb’ dir meine gesamten Ersparnisse, wenn du’s tust.«
    »Scheiße. Der Kummer hat mir –«
    »Viertausend Dollar, Jack.«
    »Scheiße. Der Kummer hat mir gerade –«
    Hundekläffen schnitt Ruby das Wort ab.
    473
    45

    (Blessington, 12. 5. 60)
    »Jetzt weiß ich, wie Jesus zumute war«, sagte Jimmy Hoffa,
    »als die Scheißpharaonen über seine

Weitere Kostenlose Bücher