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Ein amerikanischer Thriller

Ein amerikanischer Thriller

Titel: Ein amerikanischer Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Ellroy
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finanziellen
    Weiterkommen. Im Unterschied zu Ihnen halte ich
    mein Talent zur Verstellung nicht für meine einzige
    und wichtigste Eigenschaft.
    KB: Ja, Sir.
    JEH: Sie werden mir gestatten, Ihr Zögern, sich mit mir
    in Verbindung zu setzen, zu interpretieren. Haben
    Sie befürchtet, ich könne Sie auffordern, Großem
    Bruder FBI-freundliche Damen vorzustellen?
    KB: Ja und nein, Sir.
    JEH: Das heißt?
    KB: Das heißt, daß mir Kleiner Bruder nicht ganz traut.
    Das heißt, daß die Vorwahlen derart hektisch waren,
    daß ich nur die örtlichen Call-Girls besorgen konnte.
    Das heißt, daß ich zwar in der Lage gewesen wäre,
    Großen Bruder in Hotelzimmern mit festinstallierten
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    FBI-Abhöreinrichtungen unterzubringen, daß aber
    Kleiner Bruder seit Jahren mit polizeilichen Ermitt-
    lungen vertraut ist und vielleicht weiß, daß derartige
    ständige Abhöreinrichtungen existieren.
    JEH: Ich gelange bei Ihnen regelmäßig an einen be-
    stimmten Punkt.
    KB: Das heißt?
    JEH: Das heißt, daß ich nicht weiß, ob Sie lügen oder
    nicht und daß es mir bis zu einem gewissen Grad
    egal ist.
    KB: Danke, Sir.
    JEH: Bitte, bitte. Ein abscheuliches Kompliment, aber
    es kommt von Herzen. Nun, werden Sie zum Par-
    teikongreß nach Los Angeles fliegen?
    KB: Ich reise morgen ab. Ich wohne im Hotel Statler
    in der Innenstadt.
    JEH: Man wird Verbindung mit Ihnen aufnehmen. Sollte
    sich König Jack zwischen Applausrunden langwei-
    len, wird es ihm an weiblicher Zuwendung nicht
    mangeln.
    KB: Gefährtinnen mit Elektronik am Leib?
    JEH: Nein, einfach gute Zuhörerinnen. Wir werden uns
    über den anderen Teil während der Herbstkampagne
    unterhalten, wenn Kleiner Bruder Ihnen genügend
    traut, um Sie verreisen zu lassen.
    KB: Ja, Sir.
    JEH: Wer hat Ward Littell überfallen?
    KB: Das weiß ich nicht genau, Sir.
    JEH: Haben Sie sich mit Littell unterhalten?
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    KB: Helen Agee hat mich angerufen und mir von dem
    Anschlag erzählt. Ich habe Ward im Krankenhaus
    angerufen, aber er weigerte sich, mir zu sagen, wer
    es war.
    JEH: Das Ganze sieht nach Pete Bondurant aus. Er ist
    an Ihren kubanischen Eskapaden beteiligt, nicht
    wahr?
    KB: Ja.
    JEH: Ja, und?
    KB: Und wir pflegen uns gelegentlich über die anste-
    henden CIA-Aufgaben zu unterhalten.
    JEH: Das Chicagoer Büro hat Bondurant sein Alibi
    abgenommen. Das Alibi stammt von einem gerichts-
    notorischen Heroin-Händler, der in Kuba wiederholt
    wegen Vergewaltigung verurteilt wurde, aber wie
    sagte Al Capone: Ein Alibi ist ein Alibi.
    KB: Ja, Sir. Und wie Sie einmal sagten: Der Kampf gegen
    den Kommunismus schafft seltsame Bettgenossen.
    KB: Auf Wiedersehen, Kemper. Ich hoffe sehr, daß
    unsere nächste Unterhaltung auf Ihre Initiative hin
    erfolgt.
    KB: Auf Wiederhören, Sir.
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    (Los Angeles, 13. 7. 60)
    Der Portier überreichte ihm einen vergoldeten Schlüssel. »Es
    gab Probleme mit Ihrer Reservierung, Sir. Ihr Zimmer wurde
    versehentlich weggegeben, dafür stellen wir Ihnen eine Suite
    zum normalen Zimmerpreis zur Verfügung.«
    Ankommende Gäste drängten zur Rezeption. »Danke«,
    sagte Kemper. »Ein Versehen, mit dem ich leben kann.«
    Der Portier legte ein paar Papiere zusammen. »Darf ich
    Sie etwas fragen?«
    »Lassen Sie mich raten. Mein Zimmer geht zu Lasten der
    Kennedy-Kampagne. Wieso steige ich dann bei Ihnen ab
    und nicht wie die übrigen Mitarbeiter im Biltmore?«
    »Ja, Sir. Genau das wollte ich Sie fragen.«
    Kemper zwinkerte ihm zu. »Weil ich ein Spion bin.«
    Der Portier lachte. Einige Gäste, die wie Delegierte wirkten,
    versuchten, ihn auf sich aufmerksam zu machen.
    Kemper drängte sich durch die Menge und nahm den
    Lift in den zwölften Stock. Man hatte ihm die Präsiden-
    tensuite mit doppelten Türen, goldenem Siegel und antiken
    Möbeln gegeben.
    Zwei Schlafzimmer, drei Fernseher und drei Telefone. Eine
    Flasche Champagner zum Empfang, in einem mit dem Siegel
    des Präsidenten der Vereinigten Staaten verzierten Eiskübel.
    Ihm war gleich klar, wer hinter der »Panne« steckte: J.
    Edgar Hoover höchstpersönlich.
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    Er will dich einschüchtern. Er zeigt dir, daß du ihm ge-
    hörst. Er macht sich über deine Kennedy-Manie und deinen
    Hotelsuiten-Tick lustig.
    Er will potentiel es Abhörmaterial.
    Kemper drehte den Fernseher im Eßzimmer an.
    Kommentare über den Parteikongreß liefen.
    Er stellte die anderen Fernseher an – und drehte den
    Ton ganz laut auf.
    Er durchsuchte die Suite systematisch. Er fand Mikro-
    phone in fünf Tischlampen und

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