Ein amerikanischer Thriller
sich
Schwesterchen mit einem siebenundvierzigjährigen
Säufer abgibt, ob der nun G-Man ist oder nicht.«
Ich halte dies für eine plausible Theorie.
B) Wir haben Littells FBI-Festnahmen bis zum Jahr
1950 im Hinblick auf kürzlich entlassene Kriminelle
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überprüft, die eventuell ein Rachebedürfnis haben
könnten. Wir haben zwölf Männer eruiert, und alle
zwölf hatten ein Alibi. Ich selbst konnte mich an die
1952 erfolgte Festnahme eines gewissen Pierre »Pete«
Bondurant erinnern und an die höhnischen Beleidi-
gungen, die der Mann während der Festnahme gegen
Littell ausgestoßen hat. Agenten haben den Aufenthalt
von Bondurant zu der Zeit des Überfalls überprüft und
bestätigt, daß er sich in Florida aufhielt.
Die prokommunistische Haltung Littells wird im-
mer deutlicher. Littell hält an seiner Freundschaft mit
dem einschlägig bekannten subversiven Element Mal
Chamales fest, und Transkripte der abgehörten Tele-
fongespräche weisen insgesamt neun Gespräche zwi-
schen Littell und Chamales nach, die alle ausführliche
Sympathiebekundungen Littells gegenüber den Linken
und verächtliche Bemerkungen über FBI-»Hexenjagden«
enthalten. Am 10. Mai rief ich Littell an und wies ihn
an, umgehend eine lückenlose Beschattung von Mal
Chamales einzuleiten. Fünf Minuten später rief Littell
Chamales an, um ihn zu warnen. Chamales hielt am
selben Nachmittag eine Rede vor einer Versammlung
der Sozialistischen Arbeiterpartei. Sowohl Littell als
auch zuverlässiger FBI-Informant nahmen, ohne ei-
nander zu erkennen, an der Versammlung teil. Der
Informant übergab mir eine wörtliche Mitschrift von
Chamales aufwieglerischen, virulent FBI-feindlichen,
Hoover-feindlichen Bemerkungen. In Littells Bericht
zu der Versammlung vom 10. Mai wurde der Rede
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»kein aufrührerischer Charakter« attestiert. Der Be-
richt steckte voller expliziter Lügen und verräterischer
Verzerrungen.
Sir, ich halte es nun für angebracht, Littell sowohl
wegen Verweigerung der Zusammenarbeit in bezug
auf den tätlichen Überfall wie wegen seiner jüngs-
ten aufwieglerischen Handlungen zur Rede zu stellen.
Darf ich Sie um Antwort bitten? Ich halte umgehendes
Eingreifen für geboten.
Mit vorzüglicher Hochachtung
Charles Leahy
DOKUMENTENEINSCHUB: 11. 6. 60. FBI-Aktennotiz.
Direktor J. Edgar Hoover an SAC Charles Leahy.
Mr. Leahy,
Ward Littell betreffend: Unternehmen Sie bis auf
weiteres nichts. Teilen Sie Littell wieder zur CPUSA-
Überwachung ein, heben Sie die Überwachung seiner
Person weitgehend auf und halten Sie mich bezüglich
der Untersuchungen des tätlichen Überfalls auf dem
laufenden.
JEH
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DOKUMENTENEINSCHUB: 9. 7. 60. Offizielles FBI-
Telefontranskript. »Aufgenommen auf Anweisung des
Direktors.« – »Vertraulichkeitsstufe 1-A: Nur für den
Direktor bestimmt.« Teilnehmer: Direktor Hoover, Spe-
cial Agent Kemper Boyd.
KB: Guten Tag, Sir.
JEH: Kemper, ich bin verärgert über Sie. Sie haben
mich eine ganze Weile gemieden.
KB: Ich würde das so nicht ausdrücken, Sir.
JEH: Selbstverständlich nicht. Sie würden das auf eine
Art und Weise ausdrücken, die meinen Ärger be-
schwichtigen soll. Doch hätten Sie mit mir Kontakt
aufgenommen, wenn ich mich nicht mit Ihnen in
Verbindung gesetzt hätte?
KB: Ja, Sir. Gewiß.
JEH: Vor oder nach der Krönung König Jacks des
Ersten?
KB: Ich halte die Krönung keineswegs für derart ge-
sichert, Sir.
JEH: Ist die Mehrheit der Delegierten auf seiner Seite?
KB: Fast. Ich nehme an, er wird im ersten Wahlgang
nominiert.
JEH: Und Sie glauben, er gewinnt.
KB: Ja, da bin ich mir ziemlich sicher.
JEH: Dem kann ich nicht widersprechen. Großer Bruder
und Amerika zeigen alle Anzeichen einer albernen
Liebesaffäre.
KB: Er wird Sie im Amt belassen, Sir.
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JEH: Selbstverständlich wird er das. Das hat jeder
Präsident seit Calvin Coolidge getan, und was Ihre
Ablösungstendenzen angeht, täten Sie gut daran,
zu bedenken, daß König Jack maximal acht Jah-
re im Amt bleibt, ich dagegen bis zum Ende des
Milleniums.
KB: Ich werde daran denken, Sir.
JEH: Das möchte ich Ihnen geraten haben. Sie soll-
ten auch bedenken, daß mein Interesse an Großem
Bruder sich keineswegs darauf beschränkt, daß ich
im Amt bleibe. Im Unterschied zu Ihnen denke ich
altruistisch, mir liegt die innere Sicherheit der Nation
am Herzen. Im Unterschied zu Ihnen gilt meine erste
Sorge nicht der Selbsterhaltung und dem
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