Ein amerikanischer Thriller
mit
meiner Arbeit beginne. Ich habe mich für die Gegend
um Anniston, Alabama, entschieden, von dort gehen
täglich acht Flüge nach Miami, so daß ich mit einem
neunzigminütigen Flug zwischen meinen Arbeitsstätten
hin und her pendeln kann. Wenn Sie mich brauchen,
rufen Sie einfach meinen Auftragsdienst in Washington
an, oder nehmen Sie direkt mit mir im Wigwam-Motel
bei Anniston Kontakt auf. (Ich weiß, was Sie denken;
eine Bleibe unter meinem Niveau.)
Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, daß
sämtliche Beziehungen zwischen CIA und Firma vor
Kleinem Bruder unbedingt geheimzuhalten sind. Daß
Großer Bruder ihn zum Justizminister ernannt hat, hat
mich ebenso verblüfft und enttäuscht wie unsere si-
zilianischen Kollegen. Sein verbissener Kampfeseifer
gegen die Firma hat sich, sofern dies möglich ist, noch
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gesteigert, und er darf keinesfalls erfahren, daß die
Herren C. M., S. G. und J. R. Geld gespendet haben
für die Sache, und von den Kadergeschäften darf er
schon gar nicht erfahren.
Damit möchte ich schließen. Wir sehen uns am 10.
2. in Blessington.
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DOKUMENTENEINSCHUB: 9. 2. 61. Aktennotiz: John
Stanton an Kemper Boyd. PERSÖNLICH/VERTRAU-
LICH IN VERSCHLOSSENER DOKUMENTENMAPPE
ZU ÜBERGEBEN.
Kemper,
Ihre Aktennotiz habe ich erhalten. Hört sich alles
ausgezeichnet an, obwohl Großer Bruder für meinen
Geschmack nicht weiß, was er will. Ich habe unseren
alten Blessington-Plan überarbeitet. Wir sehen uns bei
der Inspektion, und ich bin gespannt zu hören, was
Sie von meinen Vorschlägen halten.
1. Ich habe Pete Bondurant und Chuck Rogers beauf-
tragt, die Leitung von Blessington und die Kommunika-
tion zwischen Blessington und anderen Angriffsbasen in
Nicaragua und Guatemala zu koordinieren. Rogers kann
zwischen den Camps hin und her fliegen, und Pete wird
sich als mobiler Friedensstifter besonders bewähren.
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2. Teo Paez hat einen neuen Rekruten angeworben:
Néstor Javier Chasco, geboren am 12. 4. 23. Teo hat
ihn in Havanna kennengelernt, als er bei United Fruit
eine Gruppe von Informanten führte.
Chasco hat zahlreiche linke Gruppen infiltriert und
unter anderem ein Attentat auf einen United-Fruit-
Direktor verhindert.
Nach Castros Machtübernahme hat Chasco Raul
Castros Heroinoperationen auf der Insel unterwandert
und Rauschgift für castrofeindliche Rebellen abge-
zweigt, die den Stoff natürlich verkauft und mit dem
Erlös Waffen erworben haben. Chasco hat weitrei-
chende Erfahrungen als Rauschgifthändler, ist ein
erstklassiger Verhörspezialist und in der kubanischen
Armee zu einem Scharfschützen ausgebildet worden,
den Präsident Batista an diverse südamerikanische Re-
gierungschefs ausgeliehen hat. Teo zufolge hat Chasco
zwischen 1951 und 1958 mindestens vierzehn linke
Rebellen ausgeschaltet.
Chasco, der seinen Lebensunterhalt mit Marihu-
anahandel bestritt, ist vergangenen Monat in einem
Schnellboot von der Insel geflohen. Er hat mit Paez in
Miami Kontakt aufgenommen und ihn dringend gebe-
ten, ihn für die Sache tätig werden zu lassen. Teo hat
ihn Pete Bondurant vorgestellt und mir das Treffen
als »Liebe auf den ersten Blick« geschildert.
Ich habe Sie nicht erreichen können, daher hat sich
Pete mit mir in Verbindung gesetzt und Néstor Chasco
für Blessington und für den Kader empfohlen. Ich habe
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Chasco kennengelernt und war sehr beeindruckt. Ich
habe den Mann auf der Stelle unter Vertrag genom-
men und ihn von Pete den anderen Kaderangehörigen
vorstellen lassen. Paez zufolge sind die Begegnungen
freundschaftlich verlaufen. Chasco lernt das Kaderge-
schäft und ist außerdem Drillsergeant in Blessington.
Er pendelt zwischen Blessington, Miami und unseren
offiziellen Einrichtungen in Guatemala und Nicaragua
hin und her; einem Offizier, der zufällig Blessington
besuchte, sind seine Ausbilderfähigkeiten aufgefallen,
woraufhin er ihn umgehend bei Mr. Bissell als Mitar-
beiter anforderte.
Sie werden Chasco bei der Inspektion kennenlernen.
Ich bin sicher, daß er auch Sie beeindrucken wird.
3. Unmittelbar vor der Invasion sollen Sie gemeinsam
mit Chasco in unserem Geschäftsviertel in Miami auf
Patrouille gehen. Unsere Nachrichtenquellen auf der In-
sel halten es für wahrscheinlich, daß gewisse Informa-
tionen über die Invasionspläne nach Kuba durchsickern,
und ich will sicherstellen, daß die Castro-Anhänger
vor Ort nicht gerade dann losschlagen, wenn wir
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